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Abhandlungen

der

Königlichen Akademie der Wissenschaften

zu Berlin.

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Abhandlungen

der

Königlichen

Akademie der Wissenschaften

zu Berlin.

Aus dem Jahre

15260.

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Nebst der Geschichte der Akademie in diesem Zeitraum.

Berlin.

Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften.

1829.

In Commission bei F. Dümnler.

Inhalct.

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Historische Einleitung es ee aaneınelalsisıeiee srelenhelstefelersrebieherssekeaeieieei ee nisiers I DEITEN 1

Verzeichnifs der Mitglieder und Correspondenten der Akademie .szerrereeneereen mV

Abhandlungen ?

Physikalische Klasse.

Hermsstäor: Versuche und Beobachtungen über den Einflufs der Düngungsmittel auf die Erzeugung der nähern Bestandtheile der Getreidearten... Seite 1

Derselbe: Versuche und Beobachtungen über die chemische Zergliederung des Könonenmetallse es Aa ee eek,

Karsten über die Veränderungen, welche die Festigkeit des Eisens durch geringe Beimischungen erleidet us aueeccnoconeonsnesnn essen = 29

V Licurtenstein: Die Werke von Marcgrave und Piso über die Naturgeschichte Brasiliens, erläutert aus den Original- Abbildungen ........... - 49 V Link über die ältere Geschichte der Getreidearten 2222 seeseeeenseeeeeeenenr en = 07 Ruporeur über das Fehlen einzelner Theile in sonst ausgebildeten Organismen ... - 83 vV Weıss: Weiterer Verfolg des Lehrsatzes über die Theilung des Dreiecks ........ .- 9

V ALEXANDER v. Humsorpr: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Ilerren

Elhrenbereiund Hemprichween oe ae. dee aaeie area seinen ee sense ae a LL

Mathematische Klasse. VM Besser: Untersuchungen über die Länge des einfachen Sekundenpendels ........ Seite 1 VORNCKE uber die Bahn.der Vestacs.e.ccoemesecenomee ensenesnn nennen 2097

Y Dirksex über die Bedingungen des Gleichgewichts eines freien materiellen Punktes - 271

Philosophische Klasse.

SchrteiwrMmaczer über den Begriff des Erlaubten .....2220ocreenonennenennnenee Seite 1

Historisch-philologische Klasse.

Iperer über die von d’Anville in die alte Geographie eingeführten Stadien ..... Seite 1 Burrmanx über die Entstehung der Sternbilder auf der griechischen Sfäre........ - 19

Borr: Vergleichende Zergliederung des Sanskrits und der mit ilım verwandten

Sprachen ven. ee eneeeenen ee eeiee.se here are ernst, MOD Rırrer über geographische Stellung und horizontale Ausbreitung der Erdtheile .. - 103 Bexker: Der Roman vom Fierabras, Provenzalisch..... 2.22.22 ccesseeeesueeen - 129

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Jahr 1826.

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An 24. Januar hielt die Königliche Akademie der Wissenschaften eine öffentliche Sitzung zur Feier des Jahrstages Friedrich’s des Zweiten. Nachdem der Sekretar der philosophischen Klasse, Herr Schleiermacher, dieselbe eröffnet hatte, las Herr Uhden über ein in der hiesigen Königlichen Sammlung befindliches antikes Musiv-Gemälde, und Herr Schleiermacher über Platon’s Ansicht von der Ausübung der Heilkunst.

Die öffentliche Sitzung am 3. Julius, dem Leibnitzischen Jahrstage, eröffnete Herr Encke, der Sekretar der mathema- tischen Klasse. Er las eine Gedächtnifsrede auf den verstorbenen Sekretar seiner Klasse, Herrn Tralles, und machte bekannt, dafs seit einem Jahr zu Correspondenten der Akademie erwählt seien: die Herren Ehrenberg, von Olfers, Marcel de Serres zu Mont- pellier, und Savigny zu Paris in der physikalischen Klasse; die Herren Bohnenberger zu Tübingen, Carlini zu Mailand, Baron de Fourier zu Paris, Ivory zu Edinburgh und Schumacher zu Altona in der mathematischen Klasse, und die Herren Gesenius zu Halle und Grimm zu Cassel in der historisch -philologischen.

11

Hierauf las der Sekretar der historisch -philologischen Klasse, Herr Buttmann, den Bericht der Klasse über die Beantwortung der von ihr aufgegebenen Preisfrage:

„Das Wesen und die Bildung: des etrurischen Volks aus den Quellen kritisch zu erörtern und darzustellen.”

Die eingegangene einzige Beantwortung derselben ward des Preises würdig erkannt. Bei Eröffnung des Zettels fand sich als Verfasser angegeben: Herr C. ©. Müller, Correspondent der Aka- demie, Professor zu Göttingen.

Der Sekretar der physikalischen Klasse, Herr Erman, las den Bericht der Klasse über die eingegangenen Preisschriften mit Bezug auf die Aufgabe des Ellertschen Legats:

„„Giebt es eine Bastarderzeugung im Pflanzenreiche?”

Es waren drei Beantwortungen eingegangen. Zwei derselben erfüllten nicht die Erwartungen der Klasse. Die dritte ward des Preises für würdig erklärt. Bei Eröffnung des Zettels fand sich als Verfasser angegeben: Herr A. F. Wiegmann, privausirender Apo- theker in Braunschweig.

Die andern beiden Zeitel wurden uneröffnet verbrannt.

Herr Wilhelm von Humboldt las hierauf die zweite Ab- theilung seiner Abhandlung über die Phagavad-Gitä, wovon der erste Theil in der vorjährigen Leibnitzischen Sitzung vorgetragen war.

Als neue Preisaufgabe ward von der historisch-philologi- schen Klasse folgende aufgestellt:

„„ fine, neben der Benutzung der Geschichtschreiber und Geographen, besonders auf Sprach-, Kunst- und andere historische Denkmale gegründete Musterung der jetzt le- benden europdischen Gebirgsvölker, von der obern Wolga, Düna, Dnepr an, zwischen dem Schwarzen und dem Bal.

lischen Meere gegen Südwest bis zum Adrialischen, und

III

von diesem längs des nördlichen Po-Ufers zu den Ostufern der milllern Rhone, Saone und des mitilern Rheins, zum Behuf einer Grundlage der Eihnographie und Sprachen- karte von Europa.”

Der Einsendungstermin ist der 31. März 1830. Die Ertheilung des Preises von 50 Dukaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Jahrstage von Leibnitz, den 3. Julius desselben Jahres.

Am 3. August hielt die Königliche Akademie der Wissen- schaften zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Königs eine öffentliche Sitzung, welche von dem Sekretar der philosophi- schen Klasse, Herrn Schleiermacher, eröffnet wurde, und in welcher Herr Encke über die Bahn der Vesta, und Herr Rudolphi über das Fehlen einzelner Theile in sonst ausgebildeten Organis- men las.

Im April dieses Jahres kehrte Hr. Doctor Ehrenberg, nach einer sechsjährigen Abwesenheit von seiner, mit Unterstützung der Akademie nach dem Orient unternommenen Reise zurück; leider allein, da sein Gefährte, Hr. Doctor Hemprich, als Opfer des ruhm- würdigen Unternehmens fallend, zu Massaua in Abessinien den Tod gefunden hatte. Die wissenschaftlichen Resultate der Reise stellten sich als so bedeutend dar, dafs die Akademie beschloß, eine Com- mission zu ihrer genaueren Untersuchung zu beauftragen, in deren Namen Hr. A. von Humboldt am 16. November einen ausführlichen Bericht erstattete, der hinter den physikalischen Abhandlungen die- ses Bandes S. 111. eingeschaltet ist.

Die Akademie kaufte im Jahr 1826 von Herrn Mädler hie- selbst für den Preis von 100 Thalern dessen handschriftliche Zu-

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IV.

sammenstellung der seit 100 Jahren in Berlin gemachten meteoro-

logischen Beobachtungen.

Die von der Akademie genehmigte Herausgabe der Bessel- schen Himmelskarten (s. den vorigen Jahrgang) ist in diesem Jahre vollends eingeleitet worden, worüber, so bald sie zur Reife gediehen

ist, weitere Auskunft gegeben werden wird.

Zur Fortsetzung der auf Ausarbeitung eines Deutschen Wör- terbuches abzweckenden Reise des Herrn Professor Graff in Kö- nigsberg hat die Akademie eine Unterstützung von 500 Tbalern, und zu einer auf die Herausgabe des indischen Gedichts Maha- Bharata sich beziehenden Reise ihres Mitgliedes Herrn Bopp nach

London 300 Thaler bewilligt.

Herr Schleiermacher legte seine Stelle als Sekretar der phi- losophischen Klasse nieder, und später Herr Buttmann die seinige als Sekretar der historisch-philologischen. Dies hat in der Geschäfts- führung beider Klassen einen interimistischen Zustand zur Folge ge- habt, welcher noch am Ende des Jahres fortdauerte,

Die Akademie hat Herrn Dr. Poggendorff die Erlaubnifs er- theilt, seine auf ihre Kosten angestellten meteorologischen Beobach- tungen in seinen Annalen der Chemie und Physik bekannt zu machen.

Verzeichnifs der Mitglieder und Correspondenten der Akademie.

December 152%.

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I. Ordentliche Mitglieder.

Physikalische Klasse.

Herr Hufeland. Herr Lichtenstein. - Alexander v. Humboldt. - Weiß. - Hermbstädt. - Link, auch Mitglied der philosoph, Klasse - ©. Buch. - Seebeck. - Erman, Sckretar der Klassc - Mitscherlich. - Rudolphi. - Karsten.

Mathematische Klasse.

Herr Grüson. Herr Encke, Sekreiar der Klasse - Eytelwein. - Dirksen. = Fischer, auch Mitglied der physikal. Klasse. Poselger.

- Oltmanns.

Philosophische Klasse.

Herr Ancillon, auch Mitglied d. bist.-pbilolog. KL. Herr ©. Sayigny, auch Mitglied d. bist. -pbilolog. Ki.

- sSchleiermacher, interimist. Sekretar d. Kl., auch Mitglied d. hist. -philolog. Kl.

Historisch-philologische Rlasse.

Herr Hirt, Veleran. Herr Boeckh. - Buttniann. - Belker. - FHilhelm v. Humboldt. - Süvern. - Uhden. - FFilken. - Schleiermacher, provisorischer Schr. d.Rl. - Riüter. - Niebuhr, auch Mitglied der pbilosoph. Klasse. - bopp.

- Idcler.

VI

I. Auswärtige Mitglieder.

Physikalische Klasse.

Herr Zerzelius in Stockholm.

Blumenbach in Göttingen.

Cuvier in Paris.

Sir Humphry Dayy in London.

Herr Jussieu ın Paris. - Scarpa in Pavia. - ‚Süömmerring in Frankfurt am Main.

Volta in Como.

Mathematische Klasse.

Herr Bessel in Königsberg. - Gau/s in. Göttingen.

Herr Graf la Place in Paris.

Philosophische Klasse.

Herr v. Göthe in Weimar.

Herr Stewart in Edinburgh.

Historisch-philologische Klasse.

Herr Gottfried Hermann in Leipzig.

Silvestre de Sacy in Paris.

Herr 4. IV. v. Schlegel in Bonn.

II. Ehren-Mitglieder.

Herr €. F. $. Freih. Stein vom Altenstein Herr Zhuilier in Genf.

in Berlin. Graf Daru in Paris. Imbert Delonnes in Paris. Dodwell in London. Ferguson in Edinburgh.

‘Sir FVilliam Gell in London. Herr /Yilliam Hamilton in Neapel.

Graf v. Hoffmansegg in Dresden. Colonel Zeake in London.

». Loder in Moskau.

Gen. Lieut. Freih. v. Minutoli in. Neufchatel.

Gen. Lieut. Freih. ®. Müfling in Berlin.

Prevost in Genf.

Fr. Stromeyer in Göttingen.

Thaer in Mögelin.

v. Zach in Genua.

IV. Correspondenten.

Für die physikalische Klasse.

Herr Accum in Berlin. - Autenrieth in Tübingen. - Balbis in Lyon. - Biot in Parıs. - Brera in Padua. - Rob. Brown in London. - Caldani in Padua. - Chladni in Kemberg. - Configliacchi in Pavia. - Des Fontaines in Paris. - Ehrenberg in Berlin. - Florman in Lund. - Gay-Lussac in Paris.

- Hausmann in Göttingen.

- Hellwig in Braunschweig.

- Jameson in Edinburgh. - Kielmeyer in Stutigard. - Kunth in Paris.

- Larrey ın Paris.

- Latreille in Paris.

- Mohs ın Freiberg.

Herr vor Moll in München. - van Mons in Brüssel. - Nitzsch in Halle. - Oersted in Kopenhagen. - ». Olfers in Berlin. - Pfaff in Kiel. - J.C.Sayigny in Paris.

- Schrader in Göttingen.

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- Marcel de Serres in Montpellier.

- €. Sprengel in Halle.

- ©. Stephan in Vetersburg. - Tenore in Neapel.

- Thenard in Paris.

- Tiedemann in Heidelberg. - Tilesius in Mühlhausen.

- Treyiranus d. ält. in Bremen.

- Trommsdorf in Erfurt. - Fauquelin in Paris. - FWahlenberg in Upsala. - FWiedemann in Kiel.

Für die mathematische Rlasse.

Herr v. Bohnenberger in Tübingen.

- Dürg m Wien.

- Carlini in Mailand.

- de Fourier in Paris. - Ivory in Edinburgh. - Legendre in Paris.

Herr Olbers in Bremen. - Oriani in Mailand. - Poisson in Paris. - de Prony in Paris. - ‚Schumacher in Altona.

- FWoltmann ia Hamburg.

Für die philosophische Klasse.

Herr Zouterwek in Göttingen. - Degerando in Paris.

- Delbrück in Bonn.

Herr Fries in Jena. - ARidolfi in Padua.

Gedächtnifsrede

auf

JOHANN GEORG TRALLES.

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[In der öffentlichen Sitzung von 3. Julius 1826 von Hrn. Encke gelesen.]

Io Georg Tralles wurde am 15'* Oktober 1763 zu Hamburg ge- bohren. Weder der Stand noch die Vermögensumstände seiner Eltern, sie nährten sich von ihrer Händearbeit, liefsen die wichtigen und ehrenvollen Beförderungen, zu denen Tralles gelangt ist, hoffen. Was er der Welt und der Wissenschaft geworden, verdankt er allein der Schärfe seines Verstandes und dem innern festen Sinne für das Rechte und Wahre, dem er sein ganzes Leben hindurch, nicht ohne manches Opfer und dem schmerzlichen Gefühl hin und wieder sein Streben verkannt zu schen, unverbrüchlich treu geblie- ben ist.

In der öffentlichen Schule, die er zuerst besuchte, hatte er nicht das Glück einen Lehrer zu finden, der seine Talente zu würdigen verstand, Glücklicherweise zogen die scharfsinnigen und bestimmten Antworten des Knaben in den öffentlichen Prüfungen die Aufmerksamkeit eines der prüfen- den Vorsteher in so hohem Grade auf sich, dafs dieser würdige Mann, Predi- ger Schumacher, nicht eher ruhte als bis er durch seine wissenschaftlichen Freunde Mittel gefunden, den jungen Tralles in eine freiere und für seine Ausbildungen vortheilhaftere Lage zu versetzen. Die freie Reichsstadt Ham- burg erfreute sich damals eines Vereins von Männern, die theils durch eigene Arbeiten ihren Namen auf die Nachwelt gebracht, vielleicht indessen mehr noch der Wissenschaft wahre Dienste dadurch geleistet, dafs sie mit ächter Menschenkenntnifs, Talente, die unter dem Drucke der Umstände zu er- liegen drohten, hervorzuziehen verstanden, und die Opfer, die solche Bestre- bungen an Zeit und Kräften immer erfordern, ohne Prunk und Anspruch auf äufseren Schein brachten. Die dankbare Erinnerung an dieses Verdienst

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xu Gedächtnifsrede

um seine Entwickelung, hat Tralles bis an das Ende seines Lebens bestän- dig erhalten, und den Familien seiner Wohlthäter auch auf der letzten Reise durch seine Vaterstadt diese Anerkennung unverholen bewiesen.

Wie schnell das Talent von Tralles unter dieser Pflege aufgeblüht ist, zeigt sich am deutlichsten daraus, dafs nachdem er kaum ein Jahr in Göttingen sich ganz dem mathematischen Studium hingegeben, der damals so sehr berühmte Kästner aufeine Anfrage von Bern aus, keinen würdigeren zu der Stelle eines Professors der Mathematik vorzuschlagen wufste als eben ihn. Aber selbst die Aussicht, auf diese Weise schneller als zu erwarten war frei von Verbindlichkeiten zu werden, die für das höher strebende Gemüth des Jünglings immer etwas Beängstigendes haben, konnte Tralles nicht von dem Wege ablenken, den er als den wahren erkannt, und er nahm diesen so günstigen Ruf nur unter der Bedingung an, dafs es ihm erlaubt sei noch längere Zeit sich darauf vorzubereiten. Dann erst nach zwei Jahren als er die innere Überzeugung seiner Tüchtigkeit hatte, ging er im Jahre 1785 nach Bern.

Wie er in diesem neuen Wirkungskreise thätig gewesen, liegt aufser den Grenzen dieser Worte. Dals er seine Stellung, weniger seinem Genie zugesagt, mit kräftigem Geiste aufgefalst, beweist seine Herausgabe eines Lehrbuchs der Mathematik, im Jahre 1788, zu einer

wenn sie auch vielleicht

Zeit, wo in Deutschland besonders an solchen Lehrbüchern ein empfind- licher Mangel war. Aber wie er schon vorher in Göttingen durch die Her- ausgabe eines vortrefflichen physikalischen Taschenbuchs (1785) gezeigt, dafs er das Grofse der Wissenschaft zu umfassen vermöge, so fuhr er auch ier fort, nicht blofs auf die Pflichten seines Amtes sich zu beschränken. hier fort, ht blofs auf die Pflichte Amt t beschränk 1 . .. > .” Seine Bestimmung der Höhen der bekannteren Berge von Bern im Jahre 1790, trug zur Erweiterung der geodätischen Kenntnisse so beträchtlich bei, und beurkundete zugleich den denkenden Kopf und umsichtigen Beob- achter so ausgezeichnet, dafs er die Ehre hatte, zu der Versammlung der Naturforscher berufen zu werden, die in jener Zeit in Paris veranstaltet wurde, um durch alle Verfeinerungen der neueren Chemie, Physik und Mathematik, die Einheit des Längenmaafses und des Gewichtes so festzustel- len, dafs sie nie wieder verloren gehen könne. Die Resultate, die man hier- aus gefunden, sind zu bekannt, als dafs sie hier erwähnt zu werden brauchten; den Antheil, den jeder Anwesende daran gehabt, zu bestimmen, liegt viel- leicht aufser der Möglichkeit menschlicher Einsicht, dafs aber Tralles unter

auf Johann Georg Tralles. xıı

die gehörte, die auf Form und Genauigkeit hauptsächlichen Einflufs gehabt, kann dem wohl nicht entgehen, der den Gang der Entwickelung dieses Zwei- ges der Mathematik aufmerksam verfolgt.

Auch nach seiner Rückkehr zog diese Anwendung der Mathematik Tralles hauptsächlich an, und wir verdanken ihm die genaue Aufnahme eines Theiles der Schweiz, die, ohne seinen Namen zu nennen, bei den spe- cielleren Charten derselben benutzt ist. Eben diese Beschäftigungen in dem Fürstenthum Neufchatel, setzten ihn in unmittelbare Berührung mit dem Preufsischen Staate, und veranlafsten im Jahre 1804 seine Berufung in un- seren Akademischen Verein.

Von dieser Zeit an hat Tralles seine Kräfte einzig und ungetrennt dem Preufsischen Staate und der Wissenschaft gewidmet, und als Geschäfts- mann, Lehrer und Schriftsteller, seine Kenntnisse und Erfahrungen auf die mannigfachste Weise in Anwendung gebracht. Es dürfte hier nicht der Ort sein von dem zu reden, was er als Mitglied mehrerer der wichtigsten Behör- den unseres Staates gethan und geschaffen. Seine Verdienste müssen bei den Augenzeugen seiner Thätigkeit in zu frischem Andenken sein, als dafs es nicht überflüssig wäre ihrer weitläuftiger zu erwähnen, und überdem ist diese Thätigkeit nicht gerade die, welche in einzelnen hervorstechenden Merk- malen sich so äufsert, dafs sie in Jedem speciellen Falle sich in Worten dar- stellen liefse.

In wissenschaftlicher Hinsicht hat Tralles sowohl in der reinen Ma- thematik im weitesten Umfange des Wortes, als auch in der angewandten, besonders unsere Akademischen Denkschriften mit einer Reihe der trefilich- sten Abhandlungen bereichert.

Wenn es überhaupt schwer ist, und nur dem Meister gelingt, von so abstrakten Gegenständen wie die höhere Analyse darbietet, in wenigen Wor- ten den eigentlichen Geist herauszuheben, so kann man ohne dem Werth der Arbeiten von Tralles im mindesten zu nahe zu treten, wohl aussprechen, dafs die ihm eigenthümliche Behandlungsart diese Darstellung noch erschwert. Sein Genie führt ihn in diesem Theile der Wissenschaft mehr zu einer neuen Ansicht und Entwickelung der Begriffe hin, so dafs nicht der Gegenstand der meisten derselben den eigentlichen hohen Werth ausmacht, als vielmehr der durch das Ganze durchgeführte Gang, und man sich sehr irren würde, wenn man aus dem angegebenen Inhalte ihre Wichtigkeit beurtheilen wollte.

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XIV Gedächtnifsrede

Eben deshalb kann man sie recht eigentlich Akademische Abhandlungen nen- nen, wenn man unter diesem Begriffe solche Arbeiten versteht, die zum Selbstdenken auffordern, in denen für den wirklichen Forscher der Stoff zu neuen Ansichten und Entwickelungen liegt, durch das Beispiel, wie ein scharfsinniger Kopf auch bekanntere Gegenstände von einer neuen und bis- her unbeachteten Seite aufzufassen weils. Hieher gehören vorzüglich die Abhandlungen über die Winkelfunktionen aus rein analytischem Gesichts- punkte, so wie die analytische Betrachtung ebener und sphärischer Dreiecke und deren Analogie. In Verbindung mit der ersteren steht die Ableitung der Summen einiger Reihen in dem Bande für 1814 und 1815. So wie über- haupt die Lehre von den Reihen durch die Abhandlungen von den Werthen der Producte zw bestimmten Summen der Zeigezahlen ihrer Faktoren und von den Reihen, deren Coeffieient nach den Sinus und Cosinus vielfacher Winkel fortschreiten, mehrere wichtige Ansichten und Erweiterungen erhal- ten hat.

So wie alle den Vorzug der gründlichen und originellen Behandlung theilen, so hat die Abhandlung von den wiederholten Funktionen aufserdem noch das Verdienst, eine neue Classe von Funktionen in die Analysis einge- führt zu haben, die durch einige englische Analysten neuerdings wieder auf- genommen ist. Tralles Abhandlung geniefst des Vorzugs, den allgemein- sten Gesichtspunkt genommen zu haben, und eben deswegen eine sehr grofse Reichhaltigkeit in sich zu schliefsen.

Es kann hier nicht die Absicht sein, alle in dieses Fach einschlagende Untersuchungen aufzuführen. Das aber verdient wohl hervorgehoben zu werden, dafs in Allen ein gemeinsamer Zusammenhang herrscht, der, wenn er auch nicht immer in bestimmten Citaten nachgewiesen werden kann, doch, wenn man sie gemeinschaftlich übersieht, deutlich gefühlt wird. Und dieser Zusammenhang mufste statt finden bei einem Manne von Tralles hervor- stechender mathematischen Kraft, der in jedem Theile der Mathematik bekannt und zu Hause, nie ungewifs sein konnte, wo die eigentliche Stärke oder Schwäche des bisher vorhandenen liege, sondern vielleicht nur die Verlegenheit des Reichthums kannte, welches Einzelne er aus dem Ganzen seiner Ideen zu jeder bestimmten Zeit herauszuheben habe.

Eben dieser Zusammenhang spricht sich auch in den Arbeiten von Tralles aus, die der angewandten Mathematik angehören, und fast möchte

auf Johann Georg Tralles. XV

man bedauern, dafs seine Stellung ihm nicht erlaubte ungetheilt sich der- selben zu widmen. Die Verbindung der gründlichen Theorie mit diesem hervorragenden praktischen Talente, würde unstreitig die schönsten Früchte getragen haben, und die Geschicklichkeit mit der Tralles auch bei ungün- stigen örtlichen Verhältnissen mehr und vollkommneres mit seinen schwäche- ren Instrumenten leistete, als manche Andere besser versehene und unter- stützte, läfst aufserdem noch auf eine Vorliebe von seiner Seite zu diesem Zweige der Mathematik schliefsen, die bei einem Manne von Tralles Selbst- kenntnifs, von vorzüglichem inneren Beruf dazu zeugt.

Mehrere auf einander folgende Abhandlungen haben die Aräometrie zum Gegenstande. In der ersten, welche eine besondere Methode, die dus- dehnung der Körper durch die Wärme zu messen betrifft, verdient ganz vor- züglich herausgehoben zu werden, die einfache und den ächten Stempel des Genies tragende Methode, einen in der Physik höchst wichtigen Punkt, den Punkt der gröfsten Dichtigkeit des Wassers zu bestimmen. Die zweite über die Senkwage, oder auch die dreiarmige Wage, wie Tralles sie nennt, giebt der Physik ein neues Mittel, vermittelst hydrostatischer Grundsätze schnell und sicher Gewichtsbestimmungen zu machen. Vielleicht möchte auch die in derselben angedeutete Idee, vermittelst ihrer einen Aufhängungspunkt für feinere Drehungen zu bilden, noch für andere Theile der Physik zu hö- herer Genauigkeit führen.

Der fortgesetzten Beschäftigung mit diesem Gegenstande so lange bis er sich selbst darin genügt hatte, verdankt Tralles das Glück auch auf die bürgerliche Geschäfte dauernden Einflufs erlangt zu haben, und in dem Munde derer fortzuleben, welche seine übrigen Verdienste vermöge der ver- schiedenen Richtung ihrer Thätigkeit, nicht zu erkennen vermögen.

Mit noch mehr Liebe, und man möchte sagen mit einer durch das ganze Leben durchgehenden Anhänglichkeit, umfafste Tralles die geodä- tischen Messungen. Wenn man die rein analytischen und die aräometrischen Abhandlungen ausschliefst, so haben alle übrigen, deren Zahl nicht gering ist, entweder unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit diesem Theile der angewandten Mathematik, denn auch die thermometrischen Be- stimmungen über mitllere Wärme und Erwärmung der Erde von der Sonne greifen hier ein. Nicht lange vor Tralles Eintritt in die Schweiz war man auf die Anomalien in der terrestrischen Refraction aufmerksam geworden,

xVvI Gedächtnifsrede

die nicht wie bei einem regelmäfsigen Verhalten der Atmosphäre es sein sollte, der Gröfse des terrestrischen Bogens proportional gesetzt werden kann. Der günstige Standpunkt in einem gebirgigen, weite Aussicht darbietenden Lande, veranlafste Tralles schon im Jahre 1790, unter dem Titel einer Höhenbe- stimmung der Berge Berns, eine kleine aber höchst gehaltvolle Schrift heraus- zugeben, in der sich aufser einer mit geringen Mitteln genau und sorgfältig ausgeführten Basismessung und der theoretischen Entwickelung der nöthigen Correctionen, die Grundlage zu einer späteren ausgedehnteren Arbeit über terrestrische Refraction befindet. In dieser zweiten Abhandlung über atmo- sphärische tefraction der Lichtstrahlen irdischer Gegenstände, entwickelt Tralles näher die einzelnen Bedingungen, und löst das früher gemeinsam umfafste in seine einzelnen Elemente auf. Er zeigt und belegt alles mit Er- fahrungen, wie die Erhöhung des Standpunktes, die gröfsere oder geringere Nähe der Oberfläche der Erde längst der der Lichstrahl hingeht, die Tages- stunde, die barometrische thermo- und hygrometrische Beschaffenheit der Luft und die, man mögte sagen, Constitution des ganzen Tages eben so viele Änderungen hervorbringen, und indem sie von localen Umständen grolsen- theils abhängen, der reinen Theorie die gröfsten und kaum zu besiegenden Hindernisse in den Weg legen. Obgleich die am Ende ausgesprochene theo- retische Entwickelung nicht gegeben ist, vielleicht auch nach unserem jetzi- gen Standpunkte nicht gegeben werden kann, so kann man als die Frucht seines Nachdenkens darüber, die meteorologischen Abhandlungen ansehen, und auf ähnliche Weise setzte er in der Abhandlung über Aufgaben bei gröfsern trigonometrischen Messungen das fort, was er in'seiner Schrift von Bern aus zur Berechnung und Verbindung der Dreiecke angedeutet hatte. Es gebührt ihm hier das Verdienst, die Theorie zur Praxis frei von Künste- leien anwendbar gemacht, und den Fehler vermieden zu haben, in den andere Werke verfallen sind, welche aus Vorliebe für eine bestimmte Art der Ent- wickelung, diese bis zum Übermafs übertrieben. Besonders war Tralles, so viel mir bekannt, der erste, der auf den theoretischen, wenn auch in der Praxis nicht sehr merklichen Fehler aufmerksam gemacht hat, den man durch den Umweg der Meridian- und Perpendikelabstände begeht, und so wohl bier als in einer späteren Abhandlung über geodätische Bestimmungen, führte er das Problem auf die ursprünglich von der Erfahrung gegebenen Data zurück.

auf Johann Georg Tralles. XVIl

Endlich kann man auch seine letzte Reise, die ihn uns entrifs, als hervorgehend aus diesem, mit so inniger Liebe umfafsten Zweige, ansehen. Wie er schon früher in Auftrag der Akademie nach München wegen mehre- rer Instrumente und nach Cuxhaven wegen der merkwürdigen Sonnenfinster- nis gereifst war, über deren Eigenthümlichkeit er einen höchst belehrenden Aufsatz gegeben, so ging er auch im Jahre 18522 nach England zur Besorgung eines Pendelapparats. Die in dem vorigen Jahrhunderte so eifrig und beson- ders in Frankreich aufgefafste Idee durch Gradmessungen die Gestalt der Erde aus einzelnen gemessenen Bogen zu finden, hatte zu der Bemerkung geführt, dafs die vorkommenden Irregularitäten für diese Art der Bestim- mung zu grofs waren, um als ächte Grundlage eines festen Maafses dienen zu können. In neuern Zeiten hat man angefangen sich mehr zu den Pendel- versuchen hinzuneigen, die bei ihrer kleinen Basis indessen, die höchste Ge- nauigkeit, und bis jetzt meistens einen identischen an mehreren Orten in An- wendung gebrachten Apparat verlangen. Tralles kannte vollkommen die Schwierigkeiten, er glaubte deswegen nur dann den wahren wissenschaftlichen Zweck erreichen zu können, wenn er selbst mit seiner eigenen Kritik den nöthigen Apparat unter seinen Augen entstehen sähe. Im Juni 1822 reiste er ab, in der frohen Aussicht, seinen Wohnort in Verbindung mit dem bisher am sichersten bestimmten Punkte zu setzen. Es war ihm nicht vergönnt das Werk durchzuführen. Eine plötzliche Krankheit, die er nicht auf das ent- fernteste geahndet zu haben scheint, überraschte ihn in der vollen Thätigkeit. In der Nacht vom 18. und 19. Novbr. 1822 verschied er zu London fern von seinen nächsten Angehörigen, fern von Allen, mit denen er während acht- zehn Jahre durch die engsten Bande der Achtung, Freundschaft und des gemeinsamen Berufes verbunden war.

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Abhandlungen

der

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der

Königlichen

Akademie der Wissenschaften

zu Berlin.

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Aus dem Jahre

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Berlin.

Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften.

1829.

In Commission bei F. Dümmler.

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Verbesserung.

Die Titelzeile und Columnentitel der Abhandlung Seite 67 bis 82, sind zu lesen:

über die ältere Geschichte der Getreidearten.

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Versuche und Beobachtungen

über den Einflufs der Düngungsmittel, auf die Erzeugung der nähern

Bestandtheile der Getreidearten. Zweite Abtheilung.

Von

Hm- SIGISM. FRIEDR. HERMBSTÄDT.

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 20. April 1826.]

IF einer am 22. Julius 1824 vorgelesenen Abhandlung (*) habe ich die Resultate derjenigen Versuche mitgetheilt, welche über den Einflufs der ver- schiedenen Düngerarten auf die Erzeugung der näheren Bestandtheile des Weizens von mir angestellt worden sind.

Die gegenwärtige Vorlesung hat den Zweck, die Resultate meiner, auf völlig gleiche Weise und mit schen Düngerarten, mit Roggen, mit Gerste und mit Hafer angestellten Arbeiten zu erörtern. Sie sind soil kommen geeignet, es zu begr er dafs während die näheren Bestand- theile oder vielmehr Gemengtheile der Cerealien, in qualitativer Hinsicht, gleichsam durch sich selbst gegeben sind, solche in quantitati- ver Hinsicht sehr verschieden ausfallen können, wenn die Grundmischung der ihnen zur Ernährung und Ausbildung dargebotenen Düngungsmittel mehr in die vegetabilische oder in die animalische Natur übergeht: d.i. je mehr der Kohlenstoff oder der Stickstoff unter den bildenden chemischen Elementen derselben vorwaltet.

(*) Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, aus dem Jahre 1824. Berlin 1826. p.57 ff.

Phys. Klasse. 1826. A

2 Hermsstäort über den Einflufs der Düngungsmittel,

Versuche mit Roggen.

Von den mannigfaltigen Arten und Varietäten des Roggens, welche die Landwirthe zu unterscheiden pflegen (*), wurde der gemeine Win- terroggen, und zwar der sogenannte Staudenroggen, zu meinen Ver- suchen gewählt.

Die Aussaat der zu meinen Versuchen bestimmten Körner geschah im freien Felde, auf besonders dazu abgetheilten Beeten, jedes von 100 Qua- dratfufs Flächenraum. Jedes einzelne Beet war mit 25 Pfund der früher beim Weizen gebrauchten Düngungsmittel, im trocknen Zustande berech- net, vorbereitet worden.

Die Beete wurden im Frühjahr umgegraben, und der Dünger gleich- förmig untergebracht. Die Aussaat der Körner geschah im darauf folgen- den Herbst, im Anfange des Octobers, und zwar in Reihen, 5 Zoll tief. Jedes einzelne Beet erhielt 16 Loth Körner. Nach der im folgenden Som- mer darin gemachten Ernde, ergeben sich folgende Resultate.

Es wurden an ausgedroschnen Körnern gewonnen:

a) Von dem mit Schaafmist gedüngten Boden, 65 Pfund, also das Dreizehnte Kom.

b) Von dem mit Ziegenmist gedüngten Boden, 6-+- Pfund, also etwas weniger.

ec) Von dem mit Pferdemist gedüngten Boden 5;-Pfund, also das Eilfte Korn.

d) Von dem mit Kuhmist gedüngten Boden, 4-5Pfund, also das Neunte Korn.

e) Von dem mit Menschenkoth gedüngten Boden, 6--Pfund, also etwas mehr als das Dreizehnte Korn.

() Zu den oben gedachten verschiedenen Arten und Varietäten rechne ich 1) den Stau- denroggen (Secale cereale multicaule); 2) Den Astrachanschen Roggen; 3) den aus Archangel; 4) den aus der Wallachei; 5) den aus Taurien; 6) den aus Nor- wegen; 7) den Ä gyptischen; 8) das Sanct Peterskorn. Welche von jenen ver- schiedenen Sorten desRog gensals Arten, und welche als Varietäten anerkannt werden müssen ? auch ob ein wesentlicher Unterschied zwischen Winterro ggen und Sommer- roggen begründet werden kann? verdient von Botanikern näher bestimmt zu werden.

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 3

F) Von dem mit Taubenmist gedüngten Boden, 44-Pfund, also das Neunte Korn. g) Von dem mit Menschenharn gedüngten Boden, 6--Pfund, also das Dreizehnte Korn. h) Von dem mit trocknem Rindsblut gedüngten Boden, 7 Pfund, also das Vierzehnte Kor. :) Von dem mit Pflanzenerde gedüngten Boden, 3 Pfund, also das Sechste Kom. k) Von dem nichtgedüngten Boden, 2Pfund, also das Vierte Korn. Zur Ausmittlung der proportionalen Verhältnisse der nähern Be- stand- oder Gemengtheile des aus jenen zehn Versuchen hervorge- gangnen Roggens, wurde jede einzelne Sorte, nach der früher von mir angegebnen Methode (*) zergliedert. Jene Zergliederungen geben folgende Resultate. 1. 5000 Gewichtstheile des mit trocknem Rindsblut kultivirten Roggens haben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit . . . . .. . .504 Theile. Hulsensubstanz un ua Sau aaa Be

Kleber man 22 Ba ee rg 600. Amylonastets a a aa nee re On ie A eu Eirweilsstofte. u ra aa. le sl BZ

Schleimzucker . » 22.2 .....1890 Gummiartigen Schleim . ...... 310 Sauren phosphorsauren Kalk .... 40 Verlusis a eat teen A

5000

2. 5000 Gewichtstheile des mit Menschenkoth kultivirten Roggens haben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit . . . . » . . 500 Theile. Hülsensubstanz . su... „u... ‚980. 2

(*) Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften aus den Jahren 1816 und 1817. Berlin, 1819. S.39. u.s.w. A2

4 Herusstänr über den Einflufs der Düngungsmittel,

Kleber 02 2 an ERS MAR 598 u)

Amylon.. „ve... a a res 2620 DI SEE TEN 5 Biweilsstoff.n sea, . A600 Schleimzucker . vv... .% ae Gummiartigen Schleim . 2.2... Sul a Sauren phosphorsauren Kalk .... 45 Verlust 2.20% De De

5000 _

3. 5000 Gewichtstheile des mit Schaafmist kultivirten Roggens haben geliefert :: Natürliche Feuchtigkeit „. ..- «.... 500 Theile. Hülsensubstanz «sc. 00. 54 Kleber «u sw nah in 2a 2m 508 =

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500 4. 5000 Gewichtstheile des mit Ziegenmist kultivirten Roggens

haben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit Reno Dheiles

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auf die Bestandtheile der Pflanzen. 5

Sauren phosphorsauren Ralk .... 43. Verlust era oeees 6 5000 _ 5. 5000 Gewichtstheile des mit trocknem Menschenharn kul- tivirten Roggens haben geliefert : Natürliche Feuchtigkeit ....... 505 Theile.

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500

6. 5000 Gewichtstheile des mit Pferdemist kultivirten Roggens haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ....... 500 Theile. Hülsensubstanz ....... Fr re Per Nele ah 599. Amylon,saner eine ii EN 2560 ee ee 49 0 Brwealsstalle en rel Anne Schleimzucker . 2.2.2000... 20 Gummiartigen Schleim ..... . - 4230 Sauren phosphorsauren Kalk .... 179 RR re RER TER 500

7. 5000 Gewichtstheile des mit Taubenmist kultivirten Roggens haben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit... .... 504 Theile. Höülsensubstanz 2... 5: 525° Kleber Se rat DA =

6 Herumsstäort über den Einflufs der Düngungsmittel,

Amylon Us . 2.0.00. u ae 20 6] Vo ne A 48. Tıwellsstioft a... ca ea aa dee 1855 Schleimzucker . ..:.s:. 2.2000. AB o Gummiartigen Schleim ....... DIS Sauren phosphorsauren Kalk .... 118 Verlust, can. aan a a ca 4

5000 —..

8. 5000 Gewichtstheile des mit Kuhmist kultivirten Roggens haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ...... 500 Theile.

Hülsensubstanz ... „cc. o..« 520 '— - Kleber a 5 za. ae Sale 540. Amylon.ia one. er erteeeLldr OU 45: Jess Eiweilsstofll su 0.02 us 2 200 100 Sehleimzucker .... zus & = = ar. 196 °— Gummiartigen Schleim . 2... .. 285 Sauren phosphorsauren Kalk .... 91 Verst ee 8 5000 —_

9. 5000 Gewichtstheile des mit Pflanzenerde kultivirten Roggens haben geliefert :

Natürliche Feuchtigkeit ...... 499 Theile. Hülsensubstanz . ... .. lo = Kleber SE, .u aaa a ae AAO Amylon kn ae N runs 2756 Or 0 ee re An Biweilsstaotnn.-ee oma a can 130 Schleimzucker ; . . esess.ate ara DAB, Gummiartigen Schleim ....... DOOF

Sauren phosphorsauren Kalk . . . . Bone Verlut ...... ee De

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 7

10. 5000 Gewichtstheile des im nicht gedüngten Boden kulti- virten Roggens, haben geliefert : Natürliche Feuchtigkeit . ...... 500 Theile. 50

Holsenubstanz E75 „ein er bb Kleber El „a1 I ER RE EIS DEN Amylon.» ses esse een me. 2814 _

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Sauren phosphorsauren Kalkan! bee Merlustas m Al RAD ERe lhiNe (O

Aus den Resultaten dieser Untersuchungen gehet hervor, dafs die nähern Bestandtheile oder Gemengtheile im Roggen, zwar dieselben sind wie im Weizen; rücksichtlich der proportionalen Verhältnisse derselben differiren dieselben aber, je nachdem der zur Kultur gebrauchte Dünger mehr der animalischen oder der vegetabilischen Grundmischung sich näherte: d.i. je nachdem der Stickstoff oder Kohlenstoff unter seinen chemischen Elementen vorwaltete.

Was hingegen die Beschaffenheit jener Gemengtheile betrifft, so weichen sie von denen aus dem Weizen geschiedenen, mehr oder weniger ab. Das Amylon ist weniger weifs, seine Farbe ziehet sich mehr in die gelbe hin. Der Kleber ist weniger zähe; der Zucker ist gar nicht zum Erstarren geneigt. Der gummiartige Schleim nähert sich mehr der Pflanzengallerte als dem Gummi.

Bei meinen Analysen des Roggens sind, wie früher beim Weizen, die ganzen Körner, nicht das daraus bereitete Mehl, der Arbeit unter- worfen worden ; wie Letzteres Einhof und einige andere Chemiker gethan haben, die sich mit der Analyse des Roggens beschäftigten. Die Resultate ihrer Analysen müssen daher nothwendig von denen der meinigen bedeutend abweichen: weil in der Kleye, die nach der Absonderung des Mehls übrig bleibt, Materien zurück bleiben müssen, die der Analyse entgingen.

8 Hennsstänrt über den Einflufs der Düngungsmittel,

Scheidet man Kleber und Amylon aus dem Roggenmehl, selbst dem zartesten: so zeigt sich dennoch das Amylon stets verschieden von dem- jenigen, welches durch blofses Auskneten der im Wasser erweichten Kör- ner gewonnen worden ist. Das Letztere ist im siedenden Wasser voll- kommen lösbar; das Erstere läfst eine faserige, nicht im Wasser lösbare, Substanz zurück.

Bei dem jetzt so grofsen Hange, neue Stoffe zu entdecken, würde man jener im heifsen Wasser nicht lösbaren Materie den Namen Secaline beilegen können. Sie ist aber durchaus kein eigenthümliches Wesen, son- dern besteht blofs in Pflanzenfasern, die beim Mahlen des Roggens auf der Mühle, Seitens eines Theils der Hülse, mit in das Mehl übergegan- gen ist. Bei mehreren Analysen des Mehls habe ich sogar Kiesel darin gefunden, die ohnfehlbar von den Mühlsteinen abgerissen worden waren.

Versuche mit Gerste.

Die Gerste verdient wegen ihres vorzüglichen Gebrauches in der Bierbrauerei, so wie in der Brandtweinbrennerei, eine ganz beson- dere Beachtung. Ihr Genufs im enthülseten Zustande, in Form der Grau- pen, verdient nicht weniger beachtet zu werden.

Auch von dieser Getreideart werden mehrere Arten und Varietäten gebauet, wie z.B. 1. Die russische blaue Wintergerste (Hordeum vulgare nıgrum). 2. Die türkische Pfauengerste (Hordeum zeocriton) ; eine Sommerfrucht. 3. Die gemeine Gerste (Hordeum vulgare) , welche in die grofskörnige und in die kleinkörnige zerfällt. Beide Arten sind diejenigen welche am häufigsten kultivirt, und auch am häufigsten ver- arbeitet werden. 4. Die grofse zweizeiligenackte Himmelsgerste (Hordeum distichion nudum);, eine Sommer- und Winterfrucht. 5. Die kleine nackte Himmelsgerste (Hordeum nudum coeleste) ;, eine Som- merfrucht.

Zu meinen Untersuchungen wurde die gemeine kleinkörnige Gerste gewählt. Da es auch hier, wie bei dem Weizen und bei dem Roggen, der Zweck war, den Einflufs der verschiedenen Düngerarten auf die Produktion der nähern Bestandtheile kennen zu lernen: so wurde

auf die Bestandthele der Pflanzen. 9

der Anbau derselben mit den neun verschiedenen Düngerarten und in gleichen Massen derselben veranstaltet, die beim Weizen und beim Rog- gen gebraucht worden sind.

Von Sechzehn Loth Körner- Aussaat, welche jedes Beet erhal- ten hatte, wurde an Körnerertrag gewonnen:

a) Von der Düngung mit Schaafmist, 8Pfund, also das Sech- zehnte Kom.

b) Vom Ziegenmist, 74Pfund, also das Funfzehnte Kom.

c) Vom Pferdemist, 6--Pfund, also das Dreizehnte Korn.

d) Vom Kuhmist, 5Pfund, also das Eilfte Korn.

e) VomMenschenkoth, 65-Pfund, also das Dreizehnte Kom.

J/) Vom Taubenmist, 5 Pfund, also das Zehnte Korn.

g) Vom trocknen Menschenharn, 6--Pfund, also mehr als das Dreizehnte Korn.

h) Vom trocknenRindsblut, SPfund, also das Sechzehnte Korn.

!) Von der Pflanzenerde, 34 Pfund, also das Siebente Kor.

k) Von dem nicht gedüngten Boden, 2 Pfund, also das Vierte Korn.

Die mit jenen verschiedenen Düngerarten kultivirte Gerste hat bei der damit angestellten chemischen Zergliederung folgende Resultate dar- geboten.

1. 5000 Gewichtstheile der mit trocknem Rindsblut kultivirten Gerste hat an näheren Bestandtheilen oder Gemengtheilen geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit =. = u..." 520 Theile. Hülsensubstanz .... . Be en ee LOS Kleber sus, Fe RE 2356 Dry lonye As sea eek 299 LO) RSBER AREEnN ER ERIEPRERNAERNOE ee IEiweilsstoff so a erunere ea ae PO Schleimzucker ....... Sache DU mE Gummiartigen Schleim ..... RE > Sauren phosphorsauren Kalk... . . 19. 2= Verlust #9. 5%. ae 3 5000

Phys. Klasse. 1826. B

10 Hermsstior über den Einflufs der Düngungsmittel,

2. 5000 Gewichtstheile der mit trocknem Menschenkoth kulti- virten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 518 Theile. Hüulsensubstanz.. ernennen 679 ° Kleber. - . .. „.1 ana! Sa2 200 Ha Amylon 3». nano ra dee 2980 Maas eier > Biweilsstoft: m ae en kereee 23 Schleimzuckers in... . wa Ta 225° Gummiartigen Schleim ........ 218 = Sauren phosphorsauren Kalk... .. 30 = Verlust 1 - 5000 —_

3. 5000 Gewichtstheile der mit Schaafmist kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit .......- 518 Theile. Hülsensubstanz ». =. #2. Sen #932 6078 ° Kleber A 0 28 ee 23 Amylon an seta er 2998 Ol en ea ende DO Hiwwelsstoft u sone 22° Schleimzucker ........ x 232 7— Gummiartigen Schleim. ........ 222 Sauren phosphorsauren Kalk... .. 18 ° Verluste ee 6b 5000 _

4. 5000 Gewichtstheile der mit Ziegenmist kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 520 Theile. Hülkensubstanz . 34 vn... m. 2% 671° Kleber A 0.0. ds ee ln Dass Amylon u See we EEE 2996

ee er ee 2.

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 11

uiwellssioff u 4,4 8.4 el A Schleimzucker... 0 0% Zu ss 230 ° Gummiartigen Schleim. ........ 224 Sauren phosphorsauren Kalk ..... 17 NO nes 6

5000 —_

5. 5000 Gewichtstheile der mit trocknem Menschenharn kulti- virten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 518 Theile. Hülsensubstanz ... » ..2:3.3. mars BI EN ee 295 Ans on e Ae enle 2.2979 , 0) MEERE NO ER EEE WERE 22° Diwelsstofll or... re 2 Schlemmzucker: ; 0. wa u.0A10 aueh DOT Gummiartigen Schleim. ........ 220 ° Sauren phosphorsauren Kalk... ... ae RE ee ae 6, 5000 _

6. 5000 Gewichtstheile der mit Pferdemist kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit .. u... .. 520 Theile. Eiulsensubstanz . 2... ne sn un.c. 678 ° lebende. ae ee 2835 DIES ION ya ea een ein 2088: Mr (Ra EN N ERETUERE 22 —_ Biweil33iolt 22:2 au 2 23 Sehleimzuckern.c. Bere eu 250 Gummiartigen Schleim. ........ 226 Sauren phosphorsauren Kalk... ... Da Eee ee ee 6 500

12 Hennusstänor über den Einflufs der Düngungsmittel,

7. 5000 Gewichtstheille der mit Taubenmist kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 520 Theile. Hülsensubstanz . . ae oo: 678 me Kleber. 0.0.00 0 wue mung Das Anylonyrspn essen aan: 2990 \&) RE FE ES NE Ba Biweitsstot make kını. ces DO Schleimzucker 2.02 .2........% 232 m Gummiartigen Schleim ........ 220 Sauren phosphorsauren Kalk... . . A Verlust ae leer el rebeekene 1 5000 _

8. 5000 Gewichtstheile der mit Kuhmist kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 540 Theile. Hiülsensubstanz:- x... 2a 2 n 2% 680° Ileber Are zes Bernie 166 DIUSlOn ee a ee ara 3097 GEF ae Na er art ra Biweilsstoft. nern! I rn te 10 °— Schleimzucker .. 22... .:.... 210° Gummiartigen Schleim ........ 229 °— Sauren phosphorsauren Kalk... .. 5 Verst N De ae Du 5000 —_

9, 5000 Gewichtstheile der mit Pflanzenerde kultivirten Gerste haben geliefert:

Natürliche Keuchtigkeit + . ur... 540 Theile. Hülsensubstanz ... .. 02 ae amzın. bez Kleben... 8 a a sales fo

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auf die Bestandtheile der Pflanzen. 13

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Gummiartigen Schleim ........ 239

Sauren phosphorsauren Kalkar. Or Verlass Mer. ae, ee 5000 _

10. 5000 Gewichtstheile der im nicht gedüngten Boden kultivir- ten Gerste haben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit ........ 542 Theile.

Hülsensubstanz . 2. 2 u... 00. 680°

Kleber a 2a: ae Aa... 1MAe Bylon iss see 3124, Eiweißsstoff ....... ee Sehleimzucker 22 scan DAT I Gummiartigen Schleim. ........ 23 Sauren phosphorsauren Kalk... . . 5b es A

5000 _

Es bestätigt sich auch hier, dafs die Masse der rein vegetabilischen Gemengtheile, nämlich Amylon, Schleimzucker und Gummi, vorwal- tend erscheint, so wie die Düngungsmittel, mit denen die Gerste kultivirt wird, der vegetabilischen Grundmischung näher treten; dafs dagegen die Gemengtheile derselben von mehr animalischer Natur, der Kleber, das Eiweifs und der phosphorsaure Kalk, mit dem Gehalte an stick- stoffhaltigen Materien, in den zur Kultur gebrauchten Düngerarten, in einem entsprechenden Verhältnifs stehen.

Da aber aus allen Resultaten der mit der Gerste angestellten Analy- sen hervorgehet, dafs, mit denselben Düngerarten und in gleichen Massen kultivirt, wie solches beim Weizen und beim Roggen geschehen war, der Gehalt an Kleber bei dem Roggen, so wie bei der Gerste, bedeutend geringer ausfällt, wie bei dem Weizen: so scheint daraus hervorzugehen,

14 Henmsstäort über den Einflufs der Düngungsmittel,

dafs die beiden letzt genannten Getreidearten weniger dazu geeignet sind, . Stickstoff aus den Düngerarten aufzunehmen, dagegen sich mehr an den Kohlenstoff zu halten.

Selbst in der Grundmischung scheint der Kleber aus der Gerste, von dem aus dem Weizen und dem aus dem Roggen geschiedenen, bedeu- tend zu differiren, indem er weniger zähe, weniger gerinnbar in der Hitze, und leichter mengbar mit Wasser ist.

Die Hordeine oder Gevadine, welche Proust (*) bei seiner Zer- gliederung des Gerstenmehls in selbigem entdeckt hat, habe ich bei der von mir gewählten Methode der Zergliederung nicht wahrnehmen können; dagegen eine nach Proust’s Methode von mir angestellte Zergliederung des Gerstenmehls mir die Hordeine wirklich dargeboten hat.

Bei einer nähern Untersuchung dieser sogenannten Hordeine habe ich mich indessen überzeugt, dafs das, was Proust mit jenem Namen be- zeichnet, in der That nichts anders ist als Hülsensubstanz, die sich dem Mehl mitgetheilt hatte, also keinesweges als ein Stoff eigner Art anerkannt werden darf.

Da aber der Kleber, welchen der Weizen darbietet, von dem aus dem Roggen, und dieser wieder von dem aus der Gerste sich fast wesent- lich unterscheidet: so wage ich den Vorschlag zu machen, den Ersten mit dem Namen Triticine, den Zweiten mit dem Namen Secaline, und den Dritten mit dem Namen Hordeine zu bezeichnen.

Versuche mit Hafer.

Von dem Hafer (Avena) werden durch die Landwirthe sehr ver- schiedene Sorten kultivirt, von denen noch näher zu bestimmen sein dürfte, welche als Arten und welche als Varietäten zu betrachten sind.

Es gehören hieher, aufser dem gemeinen Hafer (Avena sativa); der Getreide- oder Sandhafer (Avena strigosa), der Orientalische Fahnenhafer (Avena orientalis) , der gelbliche Frühhafer (Avena Geor- giana);, der Amerikanische Hafer; der Engländische Hafer; der Po- dolische Hafer; der Norwegische Hafer; der Sibirische Frühha-

(*) Annales de Chimie et de Physique, Tom.V.p.339 suw.

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 15

fer; der Pensylvanische kleine Entenhafer, und der Orientalische nackte Grützhafer.

Zu meinen Untersuchungen wurde der am häufigsten gebauete ge- meine Hafer angewendet. Seine Kultur geschah ganz auf dieselbe Weise und mit denselben Düngerarten, wie solche bei dem Weizen, dem Rog- gen und der Gerste näher erörtert worden sind. Auch hier zeigte sich der Körnerertrag von einer sich gleich bleibenden Masse des ausgesäeten Hafers sehr verschieden, sowohl in der Quantität, als rücksichtlich des pro- portionalen Verhältnisses der Gemengtheile.

Der Anbau des Hafers geschahe mit denselben Düngerarten, welche zu den früher erörterten Getreidearten verwendet wurden, und in gleichen Gewichtsmassen. Zum Einsäen wurden für jede Fläche des Bo- dens 20 Loth Hafer verwendet. Die Resultate ergaben sich im Folgenden.

Von 20 Loth Haferkörnern, welche jedes Beet zur Aussaat erhal- ten hatte, wurde an Ertrag gewonnen:

a) Von der Düngung mit Schaafmist wurden gewonnen 8-- Pfund; also das Vierzehnte Korn.

b) Von der Düngung mit Ziegenmist wurden gewonnen 9- Pfund; also das Funfzehnte Korn.

c) Von der Düngung mit Pferdemist wurden gewonnen 8--Pfund; also das Vierzehnte Korn.

d) Von der Düngung mit Kuhmist wurden gewonnen 10 Pfund; also das Sechzehnte Korn.

e) Von der Düngung mit trocknem Menschenkoth wurden gewon- nen 9-Pfund; also Vierzehn und ein halbes Korn.

gewonnen 7-- Pfund;

J) Von der Düngung mit Taubenmist wurden g

also das Zwölfte Korn.

8) Von der Düngung mit trocknem Menschenharn wurden gewon- nen 8;- Pfund, also das Dreizehnte Korn.

h) Von der Düngung mit trocknem Rindsblut wurden gewonnen 77. Pfund; also Zwölf und ein halbes Korn.

!) Von der Düngung mit Pflanzenerde wurden gewonnen 8;- Pfund; also das Dreizehnte Korn.

k) Von dem nicht gedüngten Boden wurden gewonnen 3;- Pfund ; also das Fünfte Korn.

16 Hermestänpr über den Einflufs der Düngungsmittel,

Die chemische Zergliederung der gewonnenen Körner wurde nach derselben Weise veranstaltet, wie bei den früher genannten Getreidearten, und gab folgende Resultate:

1. 5000 Gewichtstheile des mit trocknem Rindsblut kultivirten Hafers lieferten an nähern Bestandtheilen oder Gemengtheilen.

Natürliche Feuchtigkeit ........ 600 Theile. Hülsensubstanz oe eco ao 0 00% 005; Kleber .. 7... BERERRER DH0,, = Amylon ........ ee 2055.11, lee u las“ IE REURIRTANNEENEEN 3. as 2 Eiweilsstoff na aaa en ee ea DO Schleimzucker .. 2. ..... OR Gummiartigen Schleim. ........ 275 Saure phosphorsaure Salze ...... Verluste. Bere ee ee 10 .— 5000 ren

2. 5000 Gewichtstheile des mit trocknem Menschenkoth kul- tivirten Hafers haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ........ 605 Theile. Hülsensubstanz»» 2 oc ss... 962 ° Kleber.s u. none fa 230° Amylon sc ®. su 2ncnener nen I (O1 RR Eee lege 18 _ Eiweilsstoff ©. oo ren oe0. 0. 2 Schleimzucker ..... a 1a Gummiartigen Schleim. . . . . u. 210 °— Saure phosphorsaure Salze ...... 25 Verlust. ....... ee A I 5000 _

3. 5000 Gewichtstheile des mit Schaafmist kultivirten Hafers ha- ben geliefert: Natürliche Feuchtigkeit ........ 630 Theile. Hülsensubstanz .... 2 ser. .0. 304 Kleberrzie.. 2 osekaaa, a, LORD

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 17

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Saure phosphorsaure Salze ..... 23. Verlustm en a ee her ae On

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4. 5000 Gewichtstheile des mit Ziegenmist kultivirten Hafers ha- ben geliefert :

Natürliche Feuchtigkeit . 2... .. 646 Theile. Hiulsensubstanzea een warst. n8h2 Kleber Na sr es ua arena 215 Amylon. ex sereeren0n.. 26600 N ee ee BE Tiweusstot ss -ewreaan 2 = Schleimzueker u wir 0a. u 2, Gummiartigen Schleim . „2.2... 25 Saure phosphorsaure Salze ..... 22. IVIEH TUST WER TeRL er etsfeher a a) ak Mo 500

5. 5000 Gewichtstheile des mit trocknem Menschenkoth kul- tivirten Hafers haben geliefert:

Natürliche Feuchtigkeit ....... 650 Theile. kliulsensubstanze ec. one ker ee SD Kleber 2.0 ee 220: Amslon. 22 “0.0 ec er 2088 (a Er Pu ra 22 .— liyvenlSstott ge Se: IH Schlemzueker. sure a nee 250 Gummiartigen Schleim ... 2... 234 Saure phosphorsaure Salze . 2. ..30.— el ee 1 500

Phys. Klasse 1826. G

18

6.

Hernmsstäor über den Einflufs der Düngungsmittel

ben geliefert:

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Natürliche Feuchtigkeit .......

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5000

ben geliefert:

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Natürliche Feuchtigkeit .. . . » ; Hülsensubstanz . . 2...» 2.2... 916 IStebern a a ee tee We 160 Ans lOn ee en 2659 Blende ern LESEN EEE EM 15 Eiweißstoff. . 2. 22.220200. 18 Schleimzucker ...... 0 250 Gummiartigen Schleim ....... 342 Saure phosphorsaure Salze ..... 145 Verlust Bewer act Er: 10 5000

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Hülsensubstanz . : 2... ER 750 Kleber 122.5 3%.2.4% er 155 Aylon. ie ee a . 2750 0) DE Beat e 14

5000 Gewichtstheile des mit Kuhmist kultivirten

5000 Gewichtstheile des mit Pferdemist kultivirten Hafers ha-

655 Theile.

5000 Gewichtstheile des mit Taubenmist kultivirten Hafers ha-

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580 Theile.

auf die Bestandtheile der Pflanzen. 19

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9. 5000 Gewichtstheile des mit Pflanzenerde kultivirten Hafers haben geliefert : Natürliche Feuchtigkeit . ...... 541 Theile. Hülsensabstanz =... 2 02 2.0..0 6507 3

Kleber Es Bote ; 10° Amylon. „cc cee000. R 2996 Ol: ae EEE TEE 13 _ Biweilsstoft zu 0 aa ee 12 °— Schleimzucker . «zo... ...%. 39 ° Gummiartigen Schleim ....... 349 °— Saure phosphorsaure Salze... . . 0 Verluste ee: ER U TE: ı

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10. 5000 Gewichtstheile des im nicht gedüngten Boden kulti- virten Hafers haben geliefert ::

Natürliche Feuchtigkeit ....... 540 Theile. Hiülsensubstanz ee sa ca arena 661 INTCDETS ee AN ee ee 97° Amylon. 2...» re 2 IE (31 RE ARE LER MEERE A EIoHsstoi. u. Seen aa 1 Schleimzucker .. 2. x... so... 320° Gummiartigen Schleim .....».-. 350 Saure phosphorsaure Salze ... . . 8 est ee te 10 5000

20 Hexrusstäpr über den Einflufs der Düngungsmittel u.s. w.

Die Resultate welche die Versuche mit dem Hafer, in den verschie- denen Düngerarten kultivirt, dargeboten haben, stimmen nicht ganz mit denen des Weizens, des Roggens und der Gerste überein. Ich habe die Resultate so mitgetheilt, wie sich solche mir dargeboten haben, und überlasse es der Zukunft, die Ursachen von der Nichtübereinstimmung zu ermitteln.

Die kleberartige Substanz aus dem Hafer ist noch dünner als die aus der Gerste; ich möchte sie als eine Materie eigner Art betrachten und mit dem Namen Avenaine bezeichnen.

Der gummiartige Schleim nähert sich mehr der Pflanzen- gallerte als dm Gummi. Das Amylon selbst zeigt einen süfslichen Geschmack und eine Lockerheit, wie sie beim Amylon aus den übrigen Getreidearten nicht vorkommt.

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Versuche und Beobachtungen -

über

die chemische Zergliederung des Kanonenmetalls.

Von

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H”- SIGISM. FRIEDR. HERMBSTÄDT.

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 16. August 1826.]

D. Zusammensetzung des Kanonenmetalls oder Stückguts ist nicht in allen Ländern dieselbe. In den meisten Fällen besteht solche blofs aus Kupfer und Zinn; in einzelnen Fällen wird auch eine verhältnilsmäfsige Portion Zink, ja selbst Blei zugegeben.

Das Kanonenmetall soll hart genug sein, um dem Eindrucke der Kugel, wenn solche, durch die explodirende Kraft des entzündeten Pul- vers getrieben, die Seele der Kanone verläfst und den Lauf derselben durch- streicht, hinreichenden Widerstand zu leisten; es soll aber auch zähe ge- nug sein, um nicht zerspringen zu können.

Das Zinn ertheilt dm Kupfer die Härte; die Zähigkeit der Legirung wird durch das bestimmte proportionale Verhältnifs begründet, unter welchem beide Metalle mit einander vereinigt werden.

Zinn und Zink zusammen legirt, ohne Zusatz von Kupfer, ge- ben eine Alliage von gröfserer Härte und gröfserer Zähigkeit, als die des gewöhnlichen Kanonenguts; sie würde vielleicht allein, für sich an- gewendet, ein brauchbares Kanonenmetall darbieten, aber diese Alliage ist zu sehr der oxydirenden Einwirkung des Wassers und der Luft unterworfen, als dafs man jemals einen Gebrauch davon, zu Kanonenmetall, wird machen können.

Dafs hingegen ein kleiner Zusatz von Zink dem Kanonenmetall stets sehr vortheilhaft sein kann, darf man um so mehr erwarten, weil die Alliage dadurch an Härte zunimmt, ohne an Zähigkeit etwas zu verlieren.

39 HermsstÄpr

Was den Gehalt des Bleis betrifft, wie dieses Metall bei der chemi- schen Zergliederung einiger Arten von Stückgut sich ergeben hat: so ist solches ohnfehlbar nur als ein Verunreinigungsmittel zu betrachten, welches dem dazu angewendeten Zinn inhärirte: weil kein Grund existirt, was solches im Kanonenmetall nützen soll.

Bleiben aber auch die oben genannten wesentlichen Bestandtheile des Kanonenmetalls, nämlich Kupfer und Zinn, qualitativ betrachtet, die- selben: so ist es doch keinem Zweifel unterworfen, dafs Härte, Zähig- keit, Festigkeit und specifische Dichtigkeit der aus jenen Ma- terien producirten Alliagen, durch die proportionalen Verhältnisse der Letz- tern begründet werden müssen.

Ob und welche Abänderungen aber, rücksichtlich der oben genannten Eigenschaften, durch den reineren oder weniger reinen Zustand, der zur Alliage gebrauchten einzelnen Metalle bewirkt werden können? solches würde nur allein durch eine Reihe mühsamer darüber angestellter Versuche ausgemittelt werden können.

Unter den mannigfaltigen Legirungen zu Kanonenmetall mufs ohnfehl- bar eine existiren, die als unübertreffbar angesehen werden kann. Ob solche durch das bestimmte proportionale Verhältnifs der dazu genommenen ein- fachen Metalle allein, oder auch durch den Zustand ihrer absoluten Reinheit bedingt wird? solches ist bisher noch nicht genügend ermittelt worden.

Dafs man den Zustand der absoluten Reinheit der zum Kanonenmetall erforderlichen Ingredienzen vielleicht niemals beobachtet hat; ja dafs man selbst über die passendsten proportionalen Verhältnisse derselben nicht einmal einverstanden ist: solches gehet sehr deutlich aus der Differenz der- selben hervor, die man in verschiedenen Ländern bei deren Legirung beobachtet. %

Die Herren Vauquelin, Klaproth, Kopp, Thenard, Dieze u.a.m. haben mehr Methoden zur chemischen Zergliederung der Legirungen von Kupfer, Zinn und Zink, auf dem nassen Wege, beschrieben; ich habe selbige einer wiederholten Prüfung unterworfen, dieselben auch voll- kommen richtig, aber zu complicirt befunden, als dafs ich nicht gewünscht hätte, sie vereinfachen zu können.

Um absolut reine Materialien zur Zusammensetzung des Kanonenme- talls zu erhalten, mufste ich mir solche erst zubereiten.

über die chemische Zergliederung des Kanonenmelalls. 23

Das absolut reine Kupfer wurde durch die für sich bewirkte Re- duktion des reinen krystallisirten essigsauren Kupfers, unter einer Decke von Boraxglase bewirkt.

Das absolut reine Zinn wurde bereitet, indem Malaccazinn durch anhaltendes Kochen mit Salpetersäure oxydirt, der nicht gelöste Rück- stand, um ihn von etwa beigemengtem Arsenik zu trennen, mit liquidem Ätzammoniak ausgekocht, und hierauf, nach vollkommenem Aussüfsen, durch Weinsteinsäure, unter einer Decke von Boraxglase, reducirt.

Zur Darstellung des absolut reinen Zinks wurde das Zink in ver- dünnter Schwefelsäure aufgelöst, aus der sauren filtrirten Auflösung des Kadmium durch hydrothionsaures Gas gefället,; die rückstän- dige Flüssigkeit, um sie vom etwa vorhandenen Eisengehalte zu befreien, durch Ätzammoniak gefället und bis zur Wiederauflösung des Nieder- schlags damit versetzt. Die klar filtrirte Flüssigkeit wurde zum Trocknen abgedünstet, der Rückstand ausgeglühet, und hierauf, unter einerDecke von Boraxglase, mit Weinsteinsäure reducirt. Die Reduktion geschah in einer Retorte von Porzellan.

Zur Darstellung des absolut reinen Bleies wurde reines krystallisirtes essigsaures Blei, unter einer Decke von Boraxglase, für sich redueirt.

Mit diesen absolut reinen Metallen wurden folgende Legirungen ver- anstaltet:

1. Hundert Theile Kupfer und Zehn Theile Zinn.

2. Neunzig Theile Kupfer und Zehn Theile Zinn.

3. Achtzig Theile Kupfer, Zehn Theile Zinn und Zehn Theile Zink.

4. Achtzig Theile Kupfer, Zehn Theile Zinn, Sechs Theile Zink und Vier Theile Blei.

Jene Metalle wurden unter einer Decke von Boraxweinstein und Pulver von reinem weifsen Glase in porzellanenen Tiegeln zusammen- geschmolzen, und diese nach dem Erkalten der Massen zerschlagen.

Die so erhaltenen Reguli zeigten einen Gewichtsverlust von andert- halb bis zwei Procent, welcher wahrscheinlich in die Schlacken getreten war.

Die so gebildeten Alliagen waren wenig in der Farbe unterschieden; am schönsten zeichnete sich hierin Nummer 3 aus. Die Alliage von der Vierten Nummer hatte ein mattes Ansehen.

24 HermsstÄior

Es würde interessant gewesen sein, die Festigkeit der erhaltenen Al- liagen unter sich und gegen gewöhnliches Kanonenmetall verglichen, prüfen zu können; hierzu mangelte es mir aber an Gelegenheit; ich werde diese Versuche aber zu einer andern Zeit nachholen.

Es kam nur jetzt darauf an, die erhaltenen Alliagen zu zergliedern, um zu ermitteln, wie die Resultate der Zergliederung mit den proportio- nalen Verhältnissen der zu ihrer Zusammensetzung verwendeten Bestand- theile, stimmen würden.

Unter denen von andern Chemikern hierzu vorgeschlagenen Schei- dungsarten, schienen mir die von Vauquelin und von Kopp die passend- sten zu sein.

Vauquelin, der sich vorzüglich mit der Zergliederung des Messings beschäftigt hat, bedient sich dazu der folgenden Methode. Er löset solches in Salpetersäure auf, fället die Auflösung durch Ätzkali, und löset das mit gefällete Zinkoxyd durch einen Ve. von Ätzkali wieder auf. Der Niederschlag wird ausgesüfst, das rückständige Kupfer- oxydhydrat ausgeglühet und der Kupfergehalt aus seinem Gewichte bestimmt.

Die alkalische Zinkauflösung wird mit Schwefelsäure über- setzt, dann durch kohlensaures Kali gefället. Der Niederschlag wird ausgesüfst, getrocknet, geglühet und aus seinem Gewichte das des metal- lischen Zinks berechnet.

Nach einer andern von Vauquelin angegebenen Methode, soll man das Messing, unter Mitwirkung der Wärme, in concentrirte Schwe- felsäure auflösen, die Auflösung mit Wasser verdünnen, das Kupfer mittelst einer gewogenen Zinkplatte daraus fällen, den Gewichtsabgang der Zinkplatie berechnen: dann das Zink durch kohlensaures Kali fällen. Der Niederschlag soll ausgesüfst, getrocknet, ausgeglühet und das Zinkoxyd welches das Messing dargeboten hatte, von dem abgezogen wer- den, welches bei der Fällung des Kupfers hinzugekommen war ; aus dem Überreste hingegen das metallische Zink durch Rechnung bestimmt werden.

Kopp ziehet über die Legirung von Kupfer und Zinn, zu ver- schiedenen Malen Salpetersäure ab und löset dann den Rückstand, mit Hülfe der Wärme, in Schwefelsäure auf. Hier soll das Zinn als Oxyd

über die chemische Zergliederung des Kanonenmetalls. 25

zurück bleiben, das Kupfer hingegen, so wie auch das Zink, wenn solches vorhanden war, sich auflösen.

Ich habe diese von Kopp angegebne Zergliederung wiederholt; sie hat mir aber keine genügende Resultate dargeboten. Das hiebei rückstän- dige Zinnoxyd enthält stets noch Kupfer, so wie basisches schwe- felsaures Zinn.

Eben so verliert man bei der von Kopp angegebnen Zergliederungs-

ö artan Zinn, weil ein Theil des Zinnoxyds, mit dem Kupfer zugleich, aufgelöst wird und aus der Auflösung, durch Hinwegnahme des Kupfer- oxyds mittelst Ätzammoniak, geschieden werden kann.

Jene Zergliederungsart kann also keinesweges als Beispiel aufgestellt werden, wenn die Scheidung solcher Metallgemische genaue Resultate darbieten soll. Folgende von mir ausgemittelte Scheidungsart habe ich,

als Resultat einer öftern Wiederholung derselben, sehr zweckmäfsig be-

funden.

a) Lergliederung einer künstlichen Alliage von Kupfer und Zinn.

Diese Legirung wird mit einer stählernen Feile zart zerfeilet. Hierauf wird das fünffache Gewicht der gefeilten Alliage eines sehr reinen, trock- nen Salpeters in einem Platintiegel zum glühenden Flufs gebracht. In diesen trage ich die gefeilte Legirung bei kleinen Portionen nach und nach ein, um sie zu verpuffen. Die verpuffte Masse wird noch eine Zeit lang im

Flufs erhalten, bis alle Metalleität verschwunden und eine grünblaue Salz-

5 masse gebildet worden ist; welche ausgegossen, nach dem Erkalten zerklei- nert, hierauf mit destillirtem Wasser ausgekocht und sodann mit Salpe- tersäure, bis zum Vorwalten derselben, versetzt wird.

Hiebei löset sich das gebildete Kupferoxyd in der Säure auf, das Zinnoxyd hingegen bleibt ungelöst zurück.

Die Auflösung des Kupfers wird durch Ätznatron gefället, der Niederschlag ausgesüfst, getrocknet und ausgeglühet. Aus seinem Gewicht wird der Gehalt des regulinischen Kupfers berechnet.

Jenes Kupferoxyd ist in Ätzammoniak lösbar, ohne eine Spur von Zinnoxyd übrig zu lassen.

Phys. Klasse 1826. D

26 HermsstäÄot

Das nicht aufgelöste Zinnoxyd wird ausgesüfst, getrocknet und aus- geglühet, und der regulinische Zinngehalt aus seinem Gewichte be- stimmt. Jenes Zinnoxyd ist vollkommen rein, ohne, selbst bei der ge- nauesten Prüfung, eine Spur von Kupfer wahrnehmen zu lassen.

Die Lauge, welche beim Aussüfsen der verpufften Masse gewonnen wird, giebt mit Schwefelsäure neutralisirt, noch einige Flocken von Zinnoxyd, welches dem Erstern zugerechnet werden mufs.

b) Zergliederung einer Alliage aus Kupfer, Zinn und Zink.

Sie wird auf gleiche Weise, wie die vorige, zart zerfeilet, das Zer- feilete mit dem fünffachen Gewichte Salpeter verpufft, die gut durch- geschmolzene Masse mit Wasser so vollkommen als möglich ausgesüfst.

Was ungelöst zurück bleibt, ist Zinnoxyd, das ausgeglühet und dessen Gehalt an regulinischem Zinn aus seinem Gewichte ermittelt wird.

Die Lauge wird mit Salpetersäure bis zum Vorwalten derselben versetzt und filtrirt, wobei wenige Flocken von Zin noxyd übrig bleiben, welches dem vorigen zugerechnet werden mufs.

Die vom Zinn befreite Flüssigkeit hält nun Kupferoxyd und Zi ke oxyd gelöst. Sie wird stark gesäuert, und nun so lange hydrothionsau- res Gas hindurch geleitet, bis keine Trübung mehr darin erfolgt. Hier fällt das Kupfer als Schwefelkupfer zu Boden, welches ausgesüfst, ge- trocknet, und aus seinem Gewichte der Gehalt des metallischen Kupfers bestimmt wird.

Die rückständige Flüssigkeit wird, bis zur Entfernung der noch damit gemengten Hydrothionsäure, gekocht, dann filtrirt, das Filtrirte durch kohlensaures Natron ge fället, der Niederschlag ausgesüfst, getrocknet und ausgeglühet. Er stellt nun das reine Zinkoxyd dar, dessen Metall- gehalt durch Rechnung bestimmt wird.

c) Lergliederung einer Legirung aus Kupfer, Zinn, Zink und Blei.

Sie wird durch Verpuffung mit dem fünffachen Gewicht Salpe- ter oxydirt, hierauf vollkommen ausgesüfst. Der Rückstand ist ein Ge- menge von Kupfer-, Zinn- und Bleioxyd.

über die chemische Zergliederung des Kanonenmetalls. 27

Die beim Aussüfsen erhaltene Lauge wird bis zum Vorwalten mit Salpetersäure versetzt, wobei sich wenige Flocken von Zinnoxyd aussondern, die gesammelt werden.

Die davon geirennte Flüssigkeit wird durch hydrothionsaures Gas zerlegt, wobei eine kleine Quantität Schwefelblei ausgesondert wird.

Die davon getrennte Flüssigkeit, durch kohlensaures Natron gefället, giebt kohlensaures Zinkoxyd, das ausgeglühet und sein Me- tallgehalt durch Rechnung bestimmt wird.

Das nach dem Auslaugen der verpufften Masse zurück gebliebene Gemenge von Zinnoxyd, Kupferoxyd und Blei-Superoxyd wird, mit dem Zwölften Theil Zucker versetzt, mit vorwaltender Salpeter- säure gekocht; was zurückbleibt, ist Zinnoxyd, das, mit den früher be- merkten Flocken verbunden, ausgesüfst und ausgeglühet wird. Aus dem Gewichte des Rückstandes wird der Metallgehalt durch Rechnung bestimmt.

Die Kupfer- und Bleihaltige Lösung wird genau neutralisirt und mit schwefelsaurem Natron versetzt, wobei schwefelsaures Blei zu Boden fällt, das ausgesüfst, getrocknet und ausgeglühet wird. Der darin befindliche Metallgehalt, + dem in dem früher genannten Schwe- felblei enthaltenen, wird durch Berechnung ermittelt.

Aus der übrigen Flüssigkeit wird noch das Kupferoxyd durch Ätz- natron gefället, ausgesüfst, getrocknet und ausgeglühet. Der darin be- findliche Metallgehalt ergiebt sich durch Berechnung.

Auf solche Weise ist es mir gelungen, aus den künstlich gemachten Alliagen die proportionalen Verhältnisse der dazu verwendeten reinen Me- talle, bis auf einen unbedeutenden Defieit, zu erhalten; ich glaube daher, dafs diese bisher noch nicht beobachtete Scheidungsmethode den Vorzug vor jeder früheren verdient.

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Über die Veränderungen welche die Festigkeit des Eisens durch geringe Beimischungen erleidet.

Von HD KARSTEN,

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 7. December 1826.]

D. Festigkeit, welche sich nach den Richtungen der Kräfte, die den Zu- sammenhang der Masse aufzuheben streben, bald als Dehnbarkeit, bald als Geschmeidigkeit, bald als Biegsamkeit (im Gegensatz der Zerbrechlichkeit) zu erkennen giebt, ist bei einem und demselben Metall sehr verschieden. Es hat noch nicht gelingen wollen, die Gröfse der Festigkeit der Metalle durch absolute Zahlen genau zu bestimmen. Die Gränzen der gröfsten und der geringsten Festigkeit, so weit sie bisher durch unmittelbare Versuche ausgemittelt worden sind, liegen bei den verschiedenen Metallen sehr un- gleich von einander entfernt. Bei dem Golde z.B. finden sie sich zwischen den Zahlen 25 und 34; bei dem Silber zwischen den Zahlen 38 und 66; bei dem Kupfer zwischen 30 und 65 und bei dem Eisen sogar zwischen den Zah- len 10 und 150.

So grofse Abweichungen können nicht in der Mangelhaftigkeit der Vorrichtungen, durch welche die Gröfse der Festigkeit ausgemittelt wird, ihren Grund haben. Sie müssen eine Folge der verschiedenartigen Beschaf- fenheit des Metalles selbst sein. Zwar lehrt die Erfahrung, dafs auch die verschiedenen Umstände, unter welchen ein und dasselbe Metall geschmol- zen, gegossen, abgekühlt, oder durch Schmieden und Zusammenpressen mehr verdichtet wird, einen sehr wesentlichen Einflufs auf die Festigkeit äufsere; allein die Differenzen werden doch nur alsdann bedeutend ausfal- len, wenn mit jener Behandlung des Metalles zugleich eine Veränderung des

30 Karsten über die Veränderungen

chemischen Mischungsverhältnisses verbunden ist, oder doch als höchst wahrscheinlich vorausgesetzt werden kann. Die grofsen Abweichungen in der Festigkeit eines und desselben Metalles, so wie sie sich aus den zeither angestellten Versuchen ergeben haben, dürften daher wohl vorzüglich darin zu suchen sein, dafs die angewendeten Metalle nicht rein, sondern dafs sie Legirungen mit anderen Metallen gewesen sind.

Das Eisen ist dasjenige Metall, von dessen Festigkeit man am häu- figsten Gebrauch zu machen veranlafst wird. Die Legirung dieses Metalles mit Kohle, besitzt, aufser vielen anderen, auch die merkwürdige Eigenschaft, dafs sie einen ungemein verschiedenen Grad der Festigkeit zeigt, je nach- dem die Menge und der Verbindungszustand der Kohle mit dem Eisen ver- schieden sind. Eisen, welches gar keine Kohle enthält, ist weniger fest, als dasjenige, welches mit etwa bis Procent Kohle verbunden ist. Mit dem zunehmenden Yerhältnifs der Kohle nimmt die Festigkeit aber wie- der bedeutend ab, und scheint am geringsten zu werden, wenn das Eisen das Maximum von Kohle, nämlich etwas mehr als 5 Procent Kohlenmetall, aufgenommen hat. Allein nicht blofs die Menge der Kohle, sondern auch der jedesmalige Verbindungszustand derselben mit dem Eisen, entscheiden über die Gröfse der Festigkeit. Der gehärtete und der nicht gehärtete Stahl, so wie das graue und weifse Roheisen, welche ganz gleiche Quantitäten Kohle, aber in, verschiedenen Verbindungszuständen, enthalten, äufsern sich in der Festigkeit sehr verschieden. Es fehlt noch an Versuchen, um bestimmen zu können, bei welcher Quantität, und bei welchem Verbindungs- zustande der Kohle mit dem Eisen, dieses Metall, oder vielmehr die Legi- rung des Eisens mit Kohle, das Maximum der Festigkeit erreicht hat.

Die Legirungen des Eisens mit anderen Metallen oder metallischen Grundlagen sind wenig bekannt. Die Legirungen mit Chlor, Boron, Fluor, Cyan, lassen sich immer nur in ganz bestimmten Mischungsverhältnissen darstellen und bilden eine eigenthümliche Klasse von Verbindungen, welche, nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, nicht mehr Legirungen genannt werden können, weil sie eine grössere Übereinstimmung mit den Verbin- dungen von oxydirten Körpern, als mit der Vereinigung von Metallen zu erkennen geben. Auch die Legirungen des Eisens mit Schwefel, Phosphor, Selen und Kohle, welche ebenfalls eine eigenthümliche Art von Verbindun- gen darzustellen scheinen, pflegt man nicht Legirungen zu nennen, obgleich

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 31

sich kein wissenschaftlicher Grund angeben läfst, aus welchem man berech- tigt wäre, diese Verbindungen von denen des Eisens mit anderen Metallen zu unterscheiden. Der Charakter des metallischen Zustandes wird nämlich durch die Vereinigung des Eisens mit den genannten Körpern nicht aufge- hoben, und eben so wenig läfst es sich erweisen, dafs die Festigkeit des Ei- sens, durch die Verbindung mit geringen QQuantitäten des einen oder des an- deren von jenen Körpern, in einem höheren Grade vermindert werde, als durch die Verbindung mit geringen Quantitäten von den eigentlich soge- nannten Metallen. Ein gewisses Verhältnifs von Kohle erhöhet sogar die Festigkeit des Eisens, und der Phosphor vermindert sie, wenigstens bis zu gewissen Verhältnissen, nicht in so hohem Grade, als eine dem Eisen beigemischte Quantität eines eigentlich sogenannten Metalles, auf die Festig- keit des Eisens nachtheilig einzuwirken scheint.

Dafs aufserordentlich geringe Quantitäten eines beigemischten frem- den Körpers, die Festigkeit eines Metalles ungemein vermindern können, zeigt sich auffallend beim Ansstrecken und beim Prägen des Silbers, des Goldes und des Kupfers, indem die Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit dieser Metalle zuweilen in einem hohen Grade vermindert sind, ohne dafs sich mit Zuverlässigkeit die Menge, ja oft sogar die Art des Körpers angeben läfst, durch dessen Beimischung die Abnahme der Festigkeit veranlafst wird. Bei dem Eisen zeigt sich eine fast noch gröfsere Verschiedenheit in der Festig- keit, eine Verschiedenheit, die schon längst Veranlassung gegeben hat, das rothbrüchige, das kaltbrüchige und das faulbrüchige Eisen, von dem un- tadelhaften und festen Eisen zu unterscheiden. Wenn. die fehlerhafte Be- schaffenheit des Eisens, nämlich die Verminderung seiner Festigkeit, nur durch Beimischung bedeutender Quantitäten von Metallen oder von metalli- schen Grundlagen bestimmt würde, so könnte ein solcher Erfolg nicht auf- fallend sein, und man würde sich dann schon längst einen vollständigen Aufschlufs über die Ursachen der fehlerhaften Beschaffenheit des Eisens und über die Mittel zur Verbesserung derselben verschafft haben. Es scheint aber, dafs schon aufserordentlich geringe Beimischungen von fremden Körpern, welche sich durch die Analyse nur schwer auffinden und be- stimmen lassen, eine schr bedeutende Verminderung der Festigkeit des Ei- tens hervorzubringen vermögen. Darin ist auch zugleich der Grund zu suchen, weshalb die Ursachen der fehlerhaften Beschaffenheit des Eisens

32 Karsten über die Veränderungen

noch wenig zuverlässig bekannt, und weshalb sogar sehr widersprechende Meinungen über den Einflufs der verschiedenen metallischen Grundlagen auf das Eisen entstanden sind.

Bei derjenigen Verbindung des Eisens mit Kohle, bei welcher die letztere entweder im Maximo vorhanden ist, oder sich diesem Verbindungs-

verhältnifs wenigstens nähert, also bei derjenigen Verbindung, welche unter

6 dem Namen des Roheisens bekannt ist, hat die Festigkeit des Eisens schon so sehr abgenommen, dafs der Einflufs, den die Beimischung von geringen Quantitäten anderer metallischer Grundlagen auf die Haltbarkeit des Eisens äufsert, weniger deutlich erkannt werden kann. Wenigstens läfst sich die- ser Einflufs von demjenigen den die Kohle für sich allein schon äufsert, nicht so deutlich unterscheiden und so bestimmt nachweisen, als bei dem Stabeisen, oder bei dem Eisen welches nur wenig Kohle enthält und dessen verminderte Festigkeit daher nicht der Beimischung von Kohle zugeschrie- ben werden kann. Dafs aber Beimischungen, welche dem Stabeisen eine fehlerhafte Beschaffenheit ertheilen, auch eben so nachtheilig auf das Roh- eisen wirken und die Festigkeit desselben vermindern müssen, bedarf keiner Erwähnung.

Zur näheren Kenntnifs des Eisens ist es durchaus nothwendig, die Art und die Quantität der Körper kennen zu lernen, durch deren Bei- mischung die Festigkeit des Eisens wesentlich modifieirt wird, und diese Kenntnifs ist dann auch vielleicht geeignet, mehr Licht über eine Art von Verbindungen zu verbreiten, welcher bis jetzt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, weil sie bei der chemischen Vereinigung von sehr vie- len Körpern gar nicht vorkommt, und weil sie, wo man sie antraf, mehr für zufällig als für wesentlich gehalten worden ist.

Die folgenden Untersuchungen werden sich nur auf eine kleine Anzahl von Körpern erstrecken, indem nur diejenigen ausgewählt worden sind, welche bei der technischen Bereitung und Bearbeitung des Eisens, mit die- sem Metall in Verbindung treten.

1. Eisen und Phosphor. Dafs der Phosphor die Festigkeit des Eisens vermindert, ist längst bekannt. Es war nur noch näher zu untersuchen, bei welchen Verhältnissen

die Wirkung des Phosphor so merklich wird, dafs sie sich bei den gewöhn-

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 35

lichen Proben des Stabeisens durch Biegen, Werfen und Schlagen der Stäbe, auffallend zu erkennen giebt.

Die Eisenhüttenwerke in der Mark Brandenburg, in Pommern, in der Lausitz und in Niederschlesien verarbeiten sämmtlich Wiesenerze. Es bot sich daher eine gute Gelegenheit dar, die Erze, Zuschläge, das Roh- eisen, die Hohenofenschlacken, das aus dem Roheisen bereitete Stabeisen und die dabei fallenden Roh- und Gaarschlacken zu untersuchen. Zu die- sen Untersuchungen sind die beiden Hüttenwerke Torgelow in Pommern und Peitz in der Neumark gewählt worden. Alle Erze, von 18 verschiede- nen Punkten, enthielten, aufser Eisenoxyd, Kieselerde und Wasser, auch noch veränderliche Mengen von Fisenoxydul, Manganoxyd und Bitumen. Bei einigen fand sich auch noch eine geringe Beimengung von kohlensaurer Kalkerde. Ein bestimmtes Mischungsverhältnifs war bei keinem Erz aufzu- finden. Der Gehalt an Phosphorsäure variirte von 0,8 bis 5,6 Procent, der Manganoxydgehalt von 0,1 bis 10,8 Procent. Dagegen stieg der Eisen- oxydgehalt von 23,24 bis 62,21 Procent, und der Wassergehalt von 16, 2 bis 24,4 Procent.

Der Phosphorgehalt im Torgelower Roheisen betrug 3, 107 Procent, und im Peitzer Roheisen 5,54 Procent. In den Hohenofenschlacken fand sich keine Spur von Phosphor oder von Phosphorsäure, zum Beweise, dafs der ganze Phosphorsäuregehalt der Erze beim Verschmelzen zu Phosphor reducirt und als Phosphoreisen im Roheisen ausgebracht wird. Das unter- suchte Roheisen war bei einem gaaren Gange des Ofens gefallen, woraus es einleuchtend wird, dafs der Phosphorsäuregehalt der Eisenerze, durch den Ho- henofenprozefs nicht abgeschieden, ja nicht einmal vermindert werden kann, indem die Schlacke keine Spur davon aufnimmt, sondern der ganze Phos- phorsäuregehalt des Erzes sich als Phosphor im Roheisen koncentrirt. Dies ist auch der Grund, weshalb sich vielleicht in jedem Roheisen noch Spuren von Phosphor auffinden lassen werden, wenigstens ist mir bis jetzt noch kein Roheisen vorgekommen, welches ganz davon frei gewesen wäre.

Bei dem Verfrischen eines solchen, Phosphor haltenden, Roheisens in gewöhnlichen Frischheerden, wird der Phosphor durch den Luftstrom des Gebläses in Phosphorsäure umgeändert und auf solche Weise mehr oder weniger vollkommen abgeschieden. Die Frischschlacken enthalten daher sehr bedeutende Quantitäten Phosphorsäure, welche mit dem gleichzeitig

Phys. Klasse 1826. E

34 Karsten über die Veränderungen

entstehenden Eisenoxydul in Verbindung tritt. Eine solche Verbindung wird aber in der Schmelzhitze, umgeben von glühenden Kohlen, sehr leicht wieder zu Phosphoreisen redueirt, welches sich mit dem gefrischten Eisen abermals verbinden würde. Man sucht diese Reduction zum Theil dadurch zu verhindern, dafs man der Phosphorsäure eine stärkere Basis, als das Ei- senoxydul ist, anbietet. Der Zuschlag von kohlensaurem Kalk nämlich, dessen man sich in der eigentlichen Frischperiode bedient, hat keinen ande- ren Zweck, als die entstehende Phosphorsäure zu binden und die Reduction zu Phosphor zu verhindern. Ungeachtet der Kalk aber in ungleich gröfserer Menge angewendet wird, als zur Verbindung mit der entstehenden Phosphor- säure erforderlich ist, so zeigt doch die Analyse der Frischschlacken, dafs ein schr bedeutender Theil des Phosphorsäuregehaltes derselben noch am Eisenoxydul, und nicht an der Kalkerde, gebunden ist. Der ganze Prozefs des Verfrischens des Phosphor haltenden Roheisens in den Frischheerden, ist daher auch vielen Zufälligkeiten unterworfen und ganz vorzüglich von der Übung und Geschicklichkeit der Arbeiter abhängig. Daher kommt es auch, dafs auf einigen Hüttenwerken der Phosphor im Roheisen ungleich vollkommener als auf anderen, beim Verfrischen desRoheisens zu Stabeisen, abgeschieden wird. Das Stabeisen aus dem Torgelower Roheisen hatte noch einen Rückhalt von 0,75 Procent Phosphor, und ein gröfserer Phosphor- gehalt zeigte sich auch nicht in dem Peitzer Roheisen, obgleich das Peitzer Roheisen fast noch einmal so viel Phosphor enthält als das Roheisen von Torgelow.

Stabeisen, welches Procent Phosphor enthält, zeigt zwar eine schon bedeutend verminderte Festigkeit, hält aber die gewöhnlichen Proben durch Biegen und Werfen noch recht gut aus. Schon bei einem Gehalt von 0,8 Procent Phosphor wird die Abnahme der Festigkeit schr merklich, und das Stabeisen, welches 1 Procent Phosphor enthält, läfst sich nicht mehr unter einem rechten Winkel biegen, ohne zu zerbrechen. Ein solches Ei- sen würde nur zu schr wenigen Zwecken noch anwendbar sein. Dagegen läfst sich bei einem Phosphorgehalt von 0,6 Procent noch keine Abnahme der Festigkeit des Stabeisens durch die gewöhnlichen Proben des Biegens und Werfens bemerken, sondern es werden schon stärkere Proben erfor- dert, um sich von der Verminderung der Festigkeit zu überzeugen. Ein Phosphorgehalt von 0,3 Procent scheint die Festigkeit des Stabeisens äufserst

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 35

wenig zu vermindern, wenigstens läfst sich die Verminderung durch die stärksten Proben nicht mehr bemerken; nur beim Zerreifsen eines solchen Stabeisens würde sich seine geringere Festigkeit im Vergleich mit dem rei- nen Stabeisen zu erkennen geben.

Der Phosphor scheint in oder mit den Eisenerzen ungleich häufiger vorzukommen, als man geglaubt hat. Weil sich jede Spur von Phosphor- säure in der ganzen zu verschmelzenden Erzbeschickung, als Phosphor im Roheisen, wieder findet, so läfst sich durch die Analyse des Roheisens ein Phosphorsäuregehalt ausmitteln, den die Untersuchung der Erze gar nicht erwarten läfst. Noch ist mir, weder unter den verschiedenen deutschen, noch unter den englischen und schwedischen Roheisenarten, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, ein einziges Stück vorgekommen, welches ganz frei von Phosphor gewesen wäre, obgleich der Phosphorgehalt zuweilen nur einige Hunderttheile eines Procents beträgt. Es ist wohl möglich, dafs ein so unbedeutender Phosphorgehalt durch die Asche des Brennmaterials, und nicht durch die Eisenerze in das Roheisen geführt wird. Die Ursache des Phosphorgehalts sei aber welche sie wolle, so ist es für einen sehr glück- lichen Umstand anzusehen, dafs der Phosphorgehalt des Eisens schon bis zu einem halben Procent steigen kann, ehe er der Festigkeit des Eisens auf eine bemerkbare Art nachtheilig wird. Wenn der Phosphor schou in so geringen Quantitäten, wie es bei einigen andern Körpern der Fall ist, die Festigkeit des Eisens verminderte; so würde es fast unmöglich sein, ein festes und

haltbares Eisen im Grofsen darzustellen.

2. Eisen und Schwefel.

Dafs das Eisen durch einen Schwefelgehalt rothbrüchig wird, ist eine ganz bekannte Erfahrung. FEisenerze die Schwefelkies enthalten, müssen daher durch Rösten, und häufig auch durch Auslaugen, zum Verschmelzen vorbereitet werden. Andere, welche mit Schwerspath oder mit Gips zu- sammenbrechen, werden zur Eisengewinnung ganz unbrauchbar, wenn die begleitenden schwefelsauren Salze in grofser Menge vorkommen, oder wenn sie durch Klaubearbeit nicht entfernt werden können. Beim Schmelzprozefs wird die Schwefelsäure reducirt und der Schwefel tritt mit dem Eisen in Ver- bindung. Bei einem gaaren Gange des Ofens läfst sich ein Theil des Schwe- fels entfernen, indem er, in Verbindung mit Erdbasen, von der Schlacke

E2

36 Karsten über die Veränderungen

aufgenommen wird. Der Schwefel zeigt sich also durch dieses Verhalten, welches der Phosphor nicht mit ihm gemein hat, dem praktischen Hütten- mann viel günstiger; allein eine vollständige Abscheidung des Schwefels ist, auch bei dem gaarsten Gange des Ofens, nicht möglich.

Weil auf den Landesherrlichen Eisenhütten keine Eisenerze ver- schmolzen werden, aus welchen rothbrüchiges Eisen erfolgt, so habe ich vor längerer Zeit auf der Eisenhütte zu Rybnick in Oberschlesien, der Erz- beschickung absichtlich etwas Gips zusetzen lassen, um Roheisen mit einem Schwefelgehalte darzustellen. Es bedurfte keines bedeutenden Zusatzes, um ein Roheisen zu erhalten, aus welchem ein so überaus rothbrüchiges Stab- eisen erfolgte, dafs es sich unter dem Hammer nicht bearbeiten liefs. Die einzelnen Stücken welche nothdürftig zu einem Stabe ausgeschmiedet wer- den konnten, erhielten eine Menge von Kantenbrüchen, die sich tief in die Eisenmasse erstreckten. Das Stabeisen war völlig unbrauchbar und hatte, die Schweifsbarkeit fast gänzlich verloren.

So genau sich auch der Schwefelgehalt eines Körpers, durch die Um- wandlung des Schwefels in Säure, und durch die Behandlung der sauren Flüs- sigkeit mit Baryterdesalzen bestimmen läfst; so reicht dies Verfahren doch nicht hin, den Schwefelgehalt des Eisens auszumitteln. Bei den mehrsten Roheisenarten läfst sich auf diese Art kaum eine Spur von Schwefel ent- decken. Das Eisen mufs, wenn der Schwefelgehalt ausgemittelt werden soll, in Salzsäure aufgelöfst und die entweichenden Gasarten müssen durch eine Auflösung von essigsaurem Blei geleitet werden, um aus dem sich nie- derschlagenden Schwefelblei die Menge des Schwefels berechnen zu können. Ich wende dazu gewöhnlich eine Quantität von 5 Grammen Eisen an, welche sich, nach Verlauf von 10 bis 14 Tagen, in der gewöhnlichen Temperatur vollständig aufgelöfst haben; wenigstens läfst sich in den Rückständen kein Schwefeleisen mehr auffinden, sobald die Gasentwickelung aufhört.

Das bei dem vorhin erwähnten Schmelzversuch erhaltene Roheisen enthielt 0,371 Procent Schwefel, und in dem daraus bereiteten Stabeisen liefsen sich nur 0, 03375 Procent, also in 100, 000 Theilen Eisen noch nicht 34 Theile Schwefel auffinden, und doch war das Stabeisen in einem so aus- gezeichneten Grade rothbrüchig geworden, dafs es seine Festigkeit und Schweifsbarkeit fast gänzlich eingebüfst hatte. Dies Verhalten des Schwe- fels zum Eisen zeigt auf eine sehr auffallende Weise, wie durch eine äufserst

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 37

geringe Beimischung eines fremden Körpers, die Festigkeit eines Metalles in einem hohen Grade vermindert werden kann. Ich habe Gelegenheit gehabt, Stabeisen von einer Schwedischen Eisenhütte zu untersuchen, welches wegen seiner Neigung zu Kantenbrüchen und wegen seiner verminderten Schweifs- barkeit für rothbrüchiges Eisen gehalten werden mufste. Dies Stabeisen enthielt in 100,000 Theilen nur 10 Theile Schwefel, und dieser geringe Ge- halt war schon hinreichend, dem Eisen den Fehler des Rothbruchs, wenn auch in einem geringen Grade, mitzutheilen.

3. Eisen und Arsenik.

Um den Einflufs des Arsenik auf das Eisen kennen zu lernen, habe ich beim Verfrischen von solchem Roheisen, aus welchem ohne Zusätze sehr festes und gutes Stabeisen erfolgte, einen Zusatz von 1 Procent Arse- nikglas anwenden lassen. Der Frischprozefs ward dadurch ungemein ver- zögert, und das erhaltene Stabeisen schien eine Neigung zum Kaltbruch erhalten zu haben, verhielt sich auch härter wie gewöhnlich. Zur Analyse dieses Eisens ward Königswasser genommen und sogleich Siedhitze angewen- det, um durch Anwendung von Salzsäure nicht einen möglichen Verlust von Arsenik, durch Entwickelung von Arsenik-Wasserstoffgas, zu erleiden. Der Niederschlag, welcher bei der Behandlung der sauren Auflösung mit Hy- drothiongas erfolgte, bestand aus reinem Schwefel, worin nicht eine Spur von Arsenik aufgefunden werden konnte. Wenn das Eisen also wirklich etwas Arsenik aufgenommen haben sollte, so war es so wenig, dafs es durch die Analyse nicht aufgefunden werden konnte. Bemerkenswerth ist es indefs, dafs dies Eisen, unter ganz gleichen Umständen, sich ungleich langsamer in Säuren auflöste, als das ohne Zusätze aus dem Roheisen gefrischte Stabei- sen, ein Verhalten, welches auf eine Mischungsveränderung des Eisens, wenn sie auch durch die Analyse nicht hat nachgewiesen werden können, hinzudeuten scheint.

4. Eisen und Wismuth.

Dem Roheisen ward im Frischheerde, zur Zeit der Frischperiode, 1 Procent Wismuth zugesetzt. Auch das Wismuth verzögerte den Frisch- prozefs, aber das erhaltene Stabeisen zeigte durchaus keine Abnahme der Festigkeit. Durch die Analyse des Eisens ward der Wismuthgehalt zu

38 Karsten über die Veränderungen

0,081 Procent gefunden. In 100,000 Theilen jenes Eisens befinden sich also 81 Theile Wismuth, welche auf die Festigkeit des Eisens keinen Ein- flufs gezeigt haben. Ob gröfsere Beimischungen der Festigkeit des Eisens nachtheilig werden, würde noch näher zu untersuchen sein.

5. Eisen und Blei.

Sowohl bei einem Zusatz von 1 Procent Blei, als auch bei der Wie- derholung des Versuches mit 1 Procent Glätte, statt des Bleies, zeigte sich das Eisen im Frischheerde sehr gutartig, und verhielt sich auch später, bei den mit demselben vorgenommenen Proben, eben so wie das gute und feste Stabeisen, welches beim Verfrischen ohne Zusätze aus dem Roheisen immer erhalten ward. Das Stabeisen zeigte bei der Analyse nicht eine Spur eines Bleigehaltes, und es scheint daher, dafs sich das Blei, wenigstens auf solche Weise angewendet, mit dem Eisen gar nicht zu verbinden vermag.

6. Eisen und Zink.

Auch dieser Versuch ward in doppelter Art angestellt, indem das eine mal ein Zusatz von 1 Procent Zink, und das zweite mal ein Zusatz von 1 Procent Zinkoxyd zum Roheisen gegeben ward. Das erhaltene Stabeisen zeigte sich von demjenigen, welches aus dem Roheisen ohne Zusätze erfolgt, gar nicht verschieden. Es hatte von seiner Festigkeit nichts eingebüfst. Ein Zinkgehalt liefs sich aber auch in diesem Eisen nicht auffinden, und es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dafs sich das Zink mit dem Eisen unter solchen Umständen, wie sie im Frischheerde statt finden, nicht verbindet.

7. Eisen und Kupfer.

Das Stabeisen, welches durch einen Zusatz von 1 Procent Kupfer zu dem zu verfrischenden Roheisen erhalten ward, zeigte eine etwas, wenn gleich nicht bedeutend, geringere Festigkeit, als das Stabeisen aus dem Roh- eisen ohne Zusätze gewöhnlich besafs; vorzüglich aber schien die Schweifs- barkeit durch den Kupferzusatz vermindert worden zu sein. Die Analyse zeigte, dafs das Stabeisen 0,286 Procent Kupfer aufgenommen hatte, so dafs dieses Metall auf die Festigkeit des Eisens nicht in dem hohen Grade, als es gewöhnlich behauptet wird, nachtheilig einwirkt; obgleich es die Festigkeit des Eisens in einem höheren Grade vermindert als der Phosphor.

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 39

Merkwürdig ist noch das Verhalten dieses Eisens gegen die Säuren, indem es, unter ganz gleichen Umständen, wenigstens 6 mal mehr Zeit zur Auflö- sung erforderte, als das reine Stabeisen aus jenem Roheisen. Dafs eine Beimischung von nur etwas mehr als Procent Kupfer, die Auflöslichkeit des Eisens in Säuren in einem so hohen Grade vermindert, ist eine interes- sante Erscheinung, von welcher in manchen Fällen auch eine praktische

Anwendung zu machen sein dürfte.

8. Eisen und Zinn.

Ein Zusatz von 1 Procent Zinn zum Roheisen, schien beim Frischpro- zefs selbst keine abweichenden Erscheinungen hervorzubringen. Bei der Bearbeitung des Eisens unter dem Hammer zeigte sich indefs sogleich, dafs das Stabeisen nicht allein rothbrüchig, sondern auch kaltbrüchig geworden war, und eine so grofse Verminderung seiner Festigkeit erlitten hatte, dafs es dadurch unbrauchbar ward. Die Analyse ergab, dafs das Eisen 0,19 Procent Zinn aufgenommen hatte, so dafs das Zinn die Festigkeit des Eisens in einem sehr hohen Grade vermindert. Bei einem Gehalt von nur 0,19 Procent Phosphor würde die Abnahme der Festigkeit des Eisens kaum merkbar geworden sein.

9. Eisen und Silber.

Zu 2 Centnern des zu verfrischenden Roheisens wurden in der Frisch- periode 4 Pfund 1;;- Loth oder 1- Procent chemisch reines Silber angewen- det. Das erhaltene Stabeisen verhielt sich durchaus so wie das in einem geringen Grade rothbrüchige Eisen; es erhielt Kantenbrüche und hatte an Schweifsbarkeit sehr verloren, so dafs von 10 Stäben nur 3 von Brüchen und Schiefern befreit und als brauchbar anerkannt werden konnten. Dennoch schien es in der gewöhnlichen Temperatur an der Festigkeit nichts verloren zu haben, indem es die Proben durch Schlagen und Werfen aushielt. Es scheint daher, dafs die Abnahme der Festigkeit dieses Eisens, nur eine Folge der in einem hohen Grade verminderten Schweifsbarkeit desselben sei, wie dies auch bei dem rothbrüchigen Eisen der Fall ist. Dies Eisen löst sich in Königswasser vollkommen und ohne allen Rückstand auf. Die mit vielem Wasser verdünnte Auflösung gab mit Schwefel-Wasserstoffgas einen ungefärbten Niederschlag von Schwefel, welcher nach dem Abrösten

40 Karsten über die Veränderungen

einen Rückstand hinterliefs, der mit Salpetersäure gekocht und dann mit etwas Kochsalzauflösung versetzt ward. Nur auf diese Weise liefs sich der geringe Silbergehalt des Eisens ausmitteln, welcher nach dem Gewicht des erhaltenen Hornsilbers berechnet ward. In 100 Theilen Eisen wurden auf diese Art 0,034 Theile Silber, oder in 100,000 Eisen nur 34 Silber gefun- den. Das Silber zeigte also dieselbe Wirkung auf das Eisen, wie der Schwe- fel, wenn gleich nicht in einem so ausgezeichneten Grade.

10. Eisen und Antimon.

Ein Zusatz von 1 Procent Antimon zu dem zu verfrischenden Roh- eisen schien, bei der Frischarbeit selbst, keine Veränderung hervorzubringen. Als aber zum Ausschmieden des Stabeisens geschritten werden sollte, zeigte sich das Eisen in einem so hohen Grade kaltbrüchig, dafs die Stäbe dem Arbeiter unter den Händen zersprangen. Das Eisen hatte seine Festigkeit also in einem weit höheren Grade verloren, als es durch den gröfsten Phos- phorgehalt des, schlecht bearbeiteten, Phosphor haltenden Roheisens nur möglich gewesen wäre. Die Analyse ergab einen Antimongehalt dieses Stab- eisens von 0,23 Procent, oder es befinden sich in 10,000 Theilen Eisen 23 Theile Antimor. Eisen, welches so viel Phosphor enthält, gehört noch zu den festeren Eisenarten.

Es ward mir vor einiger Zeit eine Probe Stabeisen von einer Eisen- hütte in der Grafschaft Glatz, welches sich durch einen hohen Grad von Kaltbruch unvortheilhaft auszeichnete, zugesendet. Man schrieb den Man- gel an Festigkeit bei diesem Eisen einem Gehalt an Arsenik zu. Die Ana- lyse ergab einen höchst geringen Schwefelgehalt, nämlich in 100, 000 Thei- len Eisen etwa 1 Theil Schwefel, welcher der Festigkeit des Eisens nicht nachtheilig sein und am wenigsten zum Kaltbruch des Eisens Veranlassung geben konnte. Der Phosphorgehalt betrug 0,38 Procent, und auch dieser Gehalt an Phosphor konnte den Kaltbruch in einem so hohen Grade nicht bewirkt haben, indem Untersuchungen von vielen Eisensorten gezeigt hat- ten, dafs ein so geringer Phosphorgehalt noch keine merkliche Verminde- derung der Festigkeit des Eisens hervorbrachte. Arsenik liefs sich nicht auffinden, wohl aber ein Gehalt von 0,114 Procent Antimon. Dieser An- timongehalt ist etwa halb so grofs als der des vorhin erwähnten, absichtlich mit Antimon legirten Stabeisens, und weil jener Gehalt von 0,23 Procent

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 4

das Eisen schon vollkommen unbrauchbar machte, so konnte es keinem Zwei- fel unterworfen sein, dafs die kaltbrüchige Beschaffenheit des Glatzer Stab- eisens von dem aufgefundenen geringen Antimongehalt herrühren müsse.

11. Eisen und Mangan.

Dafs geringe Quantitäten Mangan der Festigkeit des Eisens nicht nach- theilig sind, ist so allgemein bekannt, dafs man im Gegentheil die Behauptung aufgestellt hat, das Mangan vermehre die Festigkeit des Eisens und sei ein nothwendiger Bestandtheil des besten Stahls. Diese Meinung mag ohne Zwei- fel daher entstanden sein, weil gewisse Arten von Eisenerzen, welche einen grofsen Gehalt an Manganoxydul besitzen, sehr geneigt sind, Stahl oder stahl- artiges Eisen zu geben. Dieser Erfolg beruht indefs auf ganz anderen Grün- den, denn der Mangangehalt des Roheisens wird bei der Verarbeitung des- selben zu Stahl fast gänzlich abgeschieden. Ich habe häufig Stabeisen mit einem ungleich gröfseren Gehalt an Mangan gefunden, als in dem besten verarbeiteten Rohstahl vorhanden ist. Das Mangan trägt also zur stahlartigen Beschaffenheit des Eisens gewifs nichts bei; allein es scheint der Festigkeit des Eisens auch gar nicht nachtheilig zu sein, wenigstens nicht bis zu einem Gehalt von 1,35 Procent, welches der höchste Mangangehalt ist, den ich

„bisjetzt im Stabeisen gefunden habe.

42. Eisen und Silicium.

Wenn dem Roheisen beim Verfrischen reiner Quarzsand zugesetzt wird, so entsteht daraus zwar eine Verzögerung der Frischarbeit, wegen des in grofser Menge sich bildenden Eisenoxydul-Silikats; allein auf die Beschaf- fenheit des Stabeisens ist dieser Zusatz ohne alle Wirkung, sich keine Verminderung der Festigkeit des Eisens bemerken. Es scheint also, dafs die Kieselerde auf diese Weise nicht reducirt wird, auch liefsen sich bei der Analyse des Stabeisens nicht stärkere Spuren von Kieselerde auf- finden, als in dem festesten und besten Stabeisen fast beständig angetroffen werden.

wenigstens läfst

Ich habe indefs sehr häufig sogenanntes faulbrüchiges Stabeisen, näm- lich Eisen, welches nur einen geringen Grad von Festigkeit besitzt und sich dabei sehr weich verhält, zu untersuchen Gelegenheit gehabt und in diesem Eisen, aufser einem geringen Gehalt von Phosphor, welcher auf die Festig-

Phys. Klasse 1826. F

42 Kırsrten über die Veränderungen

keit des Eisens keinen Einflufs haben konnte, und aufser einigen Spuren von Thonerde, keine andere fremdartige Beimischung finden können, als Kiesel- erde, deren Gehalt zuweilen bis —- Procent stieg, welcher einem Silieium- gehalt von etwa 0,37 Procent entspricht. Ein so geringer Gehalt von Kiesel- erde löst sich in Säuren grofsentheils mit auf und es läfst sich daher auf die Abwesenheit der Kieselerde nicht schliefsen, wenn die Säuren keinen Rück- stand hinterlassen. Die saure Auflösung mufs vielmehr mit Weinsteinsäure versetzt, dann mit Ätzammoniak übersättigt und das Eisen, nebst dem Man- gan, durch Hydrothion- Ammoniak niedergeschlagen werden, worauf sich dann die Kieselerde in der Flüssigkeit findet, aus welcher sie durch Ab- dampfen, durch Verflüchtigen der ammoniakalischen Salze und durch Ein- äschern des kohligen Rückstandes dargestellt werden kann.

13. Eisen und Aluminium.

r Drei verschiedene Versuche mit Zusatz von Thon zum Roheisen, welche ich im Grofsen habe anstellen lassen, um den Einflufs auszumitteln, welchen die Thonerde beim Verfrischen des Roheisens auf das darzustellende Stabeisen äufsern würde, haben ganz dasselbe Resultat gegeben, welches bei einem Zusatz von reinem (Juarzsand erhalten wird. Auf die Festigkeit des Eisens ist dieser Zusatz nämlich ohne einen auffallend nachtheiligen Ein- flufs gewesen, auch haben sich bei der Analyse des Stabeisens kaum Spuren von Thonerde auffinden lassen wollen, obgleich der ganze Aluminiumgehalt durch dasselbe Verfahren, dessen so eben bei der Ausmittelung des Kiesel- erdengchaltes erwähnt worden, ohne allen Verlust hätte dargestellt werden können.

Eben so wenig habe ich in den bisher von mir untersuchten verschie- dene Arten von Roheisen, Stabeisen und Stahl, einen wägbaren Gehalt, son- dern immer nur Spuren von Thonerde, auffinden können, wodurch es mir zweifelhaft wird, ob sich die Thonerde bei den gewöhnlichen Eisenbereitungs- Prozessen überhaupt reducirt und als Metall mit dem Eisen in Verbindung tritt. Sollte dies aber der Fall sein, so mufs das Aluminium die Festigkeit des Eisens in einem hohen Grade vermindern, indem sich die stärksten Spu- ren von Thonerde bei dem faulbrüchigen Eisen zeigen. Die von dem Hrn. Faraday vor einigen Jahren bekannt gemachte Analyse des ostindischen Stahls oder des sogenannten Wootz, giebt Resultate, die von meinen Erfah-

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 43

rungen ungemein abweichen. Hr. Faraday hat in diesem Stahl 0,024 bis 1,3 Procent Thonerde gefunden und dem Thonerdenmetall die vortreflichen Eigenschaften des Wootz zugeschrieben, auf dem Grund dieser Analyse auch eine Vorschrift zur künstlichen Bereitung des Wootz mitgetheilt. Hiernach würde das Aluminium unter allen bisher genannten Körpern, das Mangan allein ausgenommen, das einzige Metall sein, durch dessen Beimischung die Festigkeit des Eisens wenigstens nicht vermindert wird. Hr. Fa raday be- merkt ausdrücklich, dafs der Körper, den er für Thonerde erkannt habe, in Ätzkali auflöslich und dafs durch einen Zusatz von Schwefelsäure Alaun ge- bildet worden sei. Dafs Hr. Faraday also wirklich Thonerde gefunden hat, kann nach diesen so bestimmten Angaben gar nicht bezweifelt werden, obgleich es ungemein auffallen mufs, dafs die Auflösung des Wootz in Königs- wasser nichts als Eisen enthielt und dafs der ganze Thonerdengehalt in dem Rückstande gefunden ward; ein Verhalten, welches den Eigenschaften der Thonerde keinesweges angemessen ist. Die Analyse eines Stückes Wootz, von dessen Ächtheit ich überzeugt war, hat mir ganz andere Resultate ge- geben. Dieser Stahl löste sich vollkommen in Königswasser auf, indem er nur einige Spuren von Kieselerde hinterliefs. Aus der sauren Auflösung wurden das Eisen und das Mangan von welchem letzteren kaum 0,1 Pro- cent vorhanden waren auf die oben angegebene Weise entfernt und die Auflösung ward alsdann näher untersucht. Nach dem Einäschern des ver- kohlten Rückstandes, erhielt ich 0,54 Procent weifse Asche, welche aus Phosphorsäure, Kieselerde, Titanoxyd und mit Sicherheit nicht erkennbaren Spuren von Thonerde bestand. Es ergiebt sich hieraus also, dafs in dem von mir untersuchten Wootz höchstens nur eine Spur von Aluminium vor- handen war und dafs ein geringer Gehalt an Aluminium, wenigstens nicht immer, die Ursache der vortreflichen Beschaffenheit des ostindischen Stahls nicht sein kann, so dafs der günstige Einflufs des Aluminium auf die Festigkeit des Eisens noch so sehr problematisch bleibt, dafs vielmehr ein entgegen- gesetztes Verhalten höchst wahrscheinlich wird.

14. Eisen und Calcium.

Frischversuche mit Zusätzen von dem reinsten carrarischen Marmor haben gezeigt, dafs die Festigkeit des dargestellten Stabeisens durch Kalk- zusätze nicht allein nicht vermindert, sondern, nach dem Ausfall der stärk-

F2

AL Karsten über die Veränderungen

sten Proben zu urtheilen, sogar erhöhet wird. Aber weit entfernt, aus die- sem Erfolge auf einen günstigen Einflufs des Calcium auf die Festigkeit des Eisens zu schliefsen, ergab sich vielmehr bei der Analyse, dafs das Eisen keine Spur von Calcium enthielt, und dafs die Wirkung des Marmors nur darin bestanden hatte, den geringen Phosphorgehalt des Eisens noch mehr zu vermindern.

Bei anderen Frischprozessen indefs, bei welchen der kohlensaure Kalk in grofser Menge angewendet und während der ganzen Dauer der ei- gentlichen Frischarbeit zugesetzt wird, zeigt sich wirklich eine Abnahme der Festigkeit des Eisens, welche sich durch die Verminderung der Schweifsbar- keit und durch das Aufspalten der Stäbe unter dem Hammer zu erkennen giebt. Das Eisen wird dabei weder roth- noch kaltbrüchig, aber der Zu- sammenhang der Theile wird durch den Mangel der Schweifsbarkeit theil- weise aufgehoben. Man pflegt ein solches Eisen gewöhnlich hadriges Eisen zu nennen. In einem solchen, durch zu starke Kalkzusätze hadrig gewor- denen Eisen, wurden durch die Analyse 0,245 Procent Kalkerde aufge- funden. Dieser Kalkerdengehalt entspricht einem Gehalt von 0, 1774 Pro- cent Calcium und diese geringe Beimischung von Calcium ist schon hin- reichend, den Zusammenhang der Theile des Eisens bedeutend zu ver- mindern.

In verschiedenen Roheisenarten, welche aus Eisenerzen dargestellt werden, die eines starken Kalkzuschlages beim Verschmelzen bedürfen, fin- den sich auch wohl Spuren von Kalkerde; indefs scheint sich das Calcium doch nur selten und nur in besonderen Fällen mit dem Eisen zu verbinden.

15. Eisen und Magnesium.

Nur in einigen Roheisenarten, aber niemals in dem von mir unter- suchten Stabeisen, habe ich Spuren von Magnesium gefunden, so dafs ich über den Einflufs des Magnesium auf die Festigkeit des Eisens nicht ur- theilen kann.

16. Eisen und Kalium und Natrium.

Die Alkalien verhalten sich, wenn sie beim Verfrischen des Roheisens angewendet werden, wie der kohlensaure Kalk. Die Festigkeit des Eisens

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. 45

scheint durch den Zusatz von 1 bis 2 Procent von den kohlensauren Alkalien erhöhet zu werden, jedoch nur aus demselben Grunde, der oben bei der Anwendung des kohlensauren Kalkes angeführt worden ist. Fährt man mit dem Zusatz während der ganzen Dauer der Frischperiode fort, so vermin- dert sich die Festigkeit des Stabeisens sehr bedeutend und es wird kalt- brüchig. In einem solchen Stabeisen liefsen sich jedoch nur so geringe Spu- ren von Alkali auffinden, dafs eine quantitative Bestimmung des Gehaltes unmöglich war. Dafs eine so äufserst unbedeutende Beimischung von Alkali- metallen das Eisen kaltbrüchig mache, kann daher nicht als erwiesen ange- sehen werden, obgleich das Verhalten des Schwefels und des Silbers darauf hinweiset, dafs es in manchen Fällen nur äufserst geringer Beimischungen bedarf, um die Festigkeit des Eisens zu vermindern.

Aus allen diesen Untersuchungen ergiebt sich das, für die Eisenberei- tung im Grofsen sehr unerfreuliche Resultat, dafs Minima von fremdartigen Beimischungen die Festigkeit des Stabeisens schon in einem sehr hohen Grade vermindern können. Dafs Mangan, Zink und Phosphor, welche vielleicht die häufigsten Begleiter der Eisenerze sind, am wenigsten nach- theilig auf die Festigkeit des Eisens wirken, ist ein höchst glücklicher Um- stand, ohne welchen es nicht möglich sein würde, dies unentbehrliche Me- tall mit geringen Kosten darzustellen. Zwar ist der Schwefel ein eben so häufiger Begleiter der Eisenerze, aber glücklicherweise wird man durch das chemische Verhalten dieses Körpers in den Stand gesetzt, ihn vor der Ver- arbeitung der Eisenerze zum grölsten Theil zu entfernen und einen anderen Theil in die Schlacke zu bringen. Dennoch werden aber diejenigen Eisen- erze, denen viel Schwefelsalze mechanisch beigemengt sind, zur Benutzung ganz unbrauchbar. Fast unmöglich würde es dagegen sein, ein untadelhaftes, festes Eisen im Grofsen darzustellen, wenn Silber, Kupfer, Arsenik, Zinn oder Antimon stets in Verbindung oder gemengt mit den Eisenerzen vor- kämen. Ein solches Vorkommen gehört glücklicherweise zu dem sehr selte- nen; wo es aber statt findet, da wird es schwerlich gelingen, jemals ein festes Stabeisen zu erzeugen. Kieselerde und Thonerde, diese steten Be- gleiter der Eisenerze, wirken zwar ebenfalls sehr nachtheilig auf die Festig- keit des Eisens; aber sie lassen sich doch bei einer sorgfältigen Arbeit, wenn gleich nicht ohne Verlust an Eisen, bei dem Frischprozefs abscheiden, so

46 Karsten über die Veränderungen

dafs sie noch die Möglichkeit der Darstellung eines festen Eisens, wenn gleich nur mit einem grölseren Kostenaufwande, gestatten.

Mit diesen Erfahrungen stehen die Resultate im Widerspruch, welche die Herren Faraday. und Stodart vor einigen Jahren aus ihren Versuchen gezogen haben. Sie fanden kein einziges Metall, welches, in kleinen Quan- litäten angewendet, der Beschaffenheit des Stahls nachtheilig gewesen wäre. Die mehrsten Legirungen trugen vielmehr dazu bei, die Güte des Stahls zu verbessern. Ganz vorzüglich gut sollen sich die mit Silber und Aluminium legirten Stahlarten verhalten haben. Dieser Widerspruch läfst sich nur da- durch heben, dafs man den Verbindungszustand der Metalle näher ins Auge fafst. Die von den Herren Stodart und Faraday dargestellten Legirungen, sind gewifs keine Legirungen, sondern nur Gemenge und in einzelnen Fällen vielleicht bestimmte Verbindungen des Legirungsmetalles mit Eisen, gemengt mit der übrigen Masse des Stahls. Die Damastzeichnungen, welche alle diese Stahlarten beim Beitzen mit Säuren gegeben haben, so wie die Erscheinun- gen, welche sich beim Auflösen dieser Stahlarten in Säuren darboten, setzen es aufser Zweifel, dafs sich das Eisen, die Kohle und das angewendete Le- girungsmetall, nicht in gleichartiger chemischer Verbindung durch die ganze Masse befinden konnten. Unbezweifelt hat die Kohle, die im Stahl schon mit dem Eisen vereinigt war, diese chemische Verbindung des Legirungs- metalles mit dem Stahl verhindert, so dafs nur Gemenge von Stahl mit dem Legirungsmetall, oder von Stahl mit einer wirklichen Verbindung des Legi- rungsmetalles mit einer kleinen (Quantität Eisen, entstehen konnten.

Wenn sich dagegen nicht blofs die Festigkeit und Härte des Eisens, sondern zum Theil auch sogar die Farbe desselben ändert und wenn die Auf- löslichkeit in den Säuren so bedeutend vermindert wird, wie es bei den mehrsten von den hier angeführten Legirungen der Fall ist; so darf wohl nicht daran gezweifelt werden, dafs beide Metalle sich in chemischer Ver- einigung mit einander befinden, obgleich es höchst merkwürdig bleibt, dafs nicht blofs das physikalische, sondern auch das chemische Verhalten eines Körpers, schon durch ein Minimum einer Beimischung sehr wesentlich ver- ändert werden kann. Weil sich aber der Cohäsionszustand eines Metalles, schon durch so überaus geringe Beimischungen eines fremden Körpers in einem hohen Grade verändert, so kann es nicht mehr befremden, wenn

der Festigkeit des Eisens durch Beimischungen. AT

Beimischungen von mehreren Procenten im Stande sind, Abänderungen in der ganzen äufseren Form des Körpers hervorzubringen, die sich in manchen Fällen durch veränderte Krystallgestalt zu erkennen geben kann.

Unter allen Körpern die hier genannt worden sind, ist kein einziger, von dem sich behaupten liefse, dafs er die Festigkeit des Eisens vergröfsere, selbst wenn er dem Eisen nur im Minimo beigemischt ist. Gröfsere Bei- mischungen müfsten daher noch einen nachtheiligeren Einflufs auf die Festig- keit des Eisens hervorbringen. Es ergiebt sich daraus, was von den vielen, in neueren Zeiten in Vorschlag gebrachten Legirungen des Eisens und des Stahls, zu halten ist. Die sogenannten Legirungen des Stahls mit Alumi- nium, Silber, Platin, Chrom, Nickel u. s. f. sind nur mechanische Ge- menge, welche nicht dazu beitragen, die Festigkeit des Stahls zu vermehren ; obgleich sie, unter besonderen Umständen, gestatten, dafs dem Stahl, auf Unkosten seiner Festigkeit, eine gröfsere Härtung gegeben werden kann, als sonst der Natur desselben angemessen sein würde.

Merkwürdig bleibt es aber, dafs die Kohle welche, im Maximo ihrer Verbindung mit dem Eisen, die Festigkeit desselben wenigstens um -, vermindert dem Eisen wirklich eine gröfsere Festigkeit zu ertheilen scheint, wenn der Kohlegehalt des Eisens nicht viel über 4 Procent beträgt. Viel- leicht ist dieser Erfolg nur der durch den Kohlegehalt verminderten Dehn- barkeit und Geschmeidigkeit des Eisens zuzuschreiben, indem alle Versuche zur Ausmittelung der Festigkeit der Körper nur auf solche Weise angestellt werden können, dafs der Körper dabei ausgedehnt oder zusammengedrückt wird. Diesem Umstande ist es auch zuzuschreiben, dafs die relative Festig- keit des weilsen Roheisens in einem sehr hohen Grade gröfser ist, als die relative Festigkeit des Stahls, des grauen Roheısens und des Stabeisens, ob- gleich das weifse Roheisen, von allen Eisenarten die geringste absolute und respektive Festigkeit besitzt. R

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Die Werke von Marcgrave und Piso

über

die Naturgeschichte Brasiliens,

erläutert aus den Original-Abbildungen BR von Ä HM” LICHTENSTEIN.*)

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IV. Fische.

Fortsetzung der am 27. Juni 1521 gelesenen Abhandlung

Cap. VII. p: 158. 177 SRH Das Original des hier gegebenen Holzschnitts (L.P. 1, 355.) ist von Bloch unter dem Namen Sparus chrysurus auf seiner 262°“ Taf. in doppelter Vergröfserung ziemlich gut copirt, nur zeigt dasselbe den Mittel- und Bauchstreif mit Gold aufgehöht und den übrigen Leib mit jenen schönen glänzenden Punkten bedeckt, von welchen im Text die Rede ist. Am we- nigsten gelungen ist die Nachbildung des Kopfs, dessen Kiemendeckel in den beiden letzten Lamellen deutlich zugespitzt erscheinen, da sie in der Copie, so wie selbst in dem nach dieser Zeichnung gemachten Holzschnitt

) Marcgrave’s nicht nur stumpf, sondern zugerundet und aufgetrieben vor-

8 gestellt sind. Immer wird die Annahme, es sei dieser Fisch eine Art der Gattung Sparus willkürlich erscheinen müssen, da zu Vieles, worauf ich hier nicht ausdrücklich aufmerksam zu machen brauche, indem Bloch’s übrigens und besonders den Umrissen nach gut nachgeahmter Kupferstich vorliegt, von den allgemeinen Kennzeichen abweicht, mit welchen man die Gattung Sparus zu charakterisiren pflegt.

Zu welcher andern Gattung der neuern Systeme aber dieser Fisch zu zählen sein dürfe, wird fürerst schwer zu entscheiden sein, da bis jetzt mei-

nes Wissens noch kein Exemplar desselben in die Europäischen Sammlungen

*) Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 10. August 1826. Phys. Klasse 1826. G

50 LicuaTtenstein

gekommen ist. Vielleicht möchte er entweder der Gattung Sciaena oder der der Gattung Otolithes zuzuzählen sein, denn dafs die Kiemendeckel nackt seien, läfst sich aus der Abbildung keinesvreges abnehmen, vielmehr sind sie ganz mit derselben feingestrichelten Zeichnung dargestellt, die auf dem Leib die feine Schuppenbildung versinnlichen soll. Überhaupt hat Bloch in der Beschreibung dieses seines Sparus chrysurus, die ganz allein auf dieser Ab- bildung beruht, abermals die grofse Flüchtigkeit gezeigt, der man ihn leider so oft beschuldigen mufs, und so z.B. von den Augen etwas gesagt das nicht nur gegen Marcgrave’s Worte und jene Originalabbildung, sondern sogar gegen seine eigene Abbildung streitet. Richtig giebt er den Namen Acara- pitangiaba als den, mit welchem die Abbildung des Prinzen bezeichnet ist. Piso dagegen (p. 51.) nennt diesen Fisch Scarapitamba unter Wiederholung des Marcgraveschen Holzschnitts; mit diesem Namen aber ist in der Sammlung der Ölgemälde I.M. p. 187. ein ganz anderer Fisch bezeichnet, in welchem wir wohl ziemlich unverkennbar eine Art der Gattung Seiaena erblicken, die an Gröfse und Gestalt noch die mehrste Ähnlichkeit mit einer uns aus Brasilien zugekommenen neuen Art: Sciaena aurata N. hat. Piso’s Beschreibung, indem sie von der Marcgraveschen in so vieler Hinsicht abweicht, und den Fisch einem Karpfen vergleicht, scheint sich in der That auch, zum Theil wenigstens, auf ihn zu beziehen. Von dem hier bei dem Holzschnitt hinzugefügten Schmarotzer findet sich nirgends eine Original- abbildung, es mufs also unentschieden bleiben, ob man eine Cymothoa oder irgend eine andere Form von Onisciden darin erkennen soll. Jaguacaguare. Linne bezieht diesen Namen (S. N. XII, p. 466.) auf den von ihm in seinen andern Werken aufgestellten Chaetodon saxatılis, welchen Bloch Tab. 206. Fig.2. abgebildet und II, p. 96. beschrieben hat, wo, wie es scheint, unbegreifliche Verwechselungen dieses Fisches mit dem Gasterostes ductor vorgehn. Die Exemplare der Blochschen Samm- lung, die mit der Abbildung übereinstimmen, gehören unläugbar der Gat- tung Glyphisodon an, zu welcher Cuvier mit Recht auch die verwandten Species Ch. maculatus, Ch. bengalensis, Ch. marginatus u.s.w. zählt, und dabei die Vermuthung aufstellt, dafs sie theilweise wohl in einander über- gehen dürften. Der Holzschnitt, den Piso wiederholt, ist nicht von einer Originalabbildung entlehnt, die noch vorhanden wäre, stimmt aber so ge- nau mit der Beschreibung, dafs man an keine Verwechselung denken kann.

über die Naturgeschichte Brasiliens. 51

Dagegen ist eine Zeichnung unter dem Namen Jaguacaguare (L.P.1, p. 345.) vorhanden, die Bloch als eigne Species mit dem Namen Chaetodon Mau- ritü (Tab. 213. Fig. 1.) vorgestellt hat, die aber hauptsächlich nur darin ab- weicht, dafs statt der 5 schwarzen Querstreifen 6 und zwar schmälere vor- handen sind. Auch hier hat sich Bloch mancherlei Willkürlichkeit er- laubt, z.B. 11 harte Strahlen in der Rückenflosse angegeben, da doch nur 10 vorhanden sind, die Haut zwischen denselben verlängert, den weichen Flossentheil vergröfsert, und nun vollends die Afterflosse mit einer bestimm- ten Zahl von Strahlen in ein angemesseneres Verhältnifs zur Rückenflosse gesetzt und ahgerundet, da sie doch in der Zeichnung nur in Gestalt eines kleinen Dreiecks und wie ganz ohne Strahlen angedeutet ist. Indem nun die Zahl der farbigen Rückenstreifen wohl schwerlich als ein ganz constantes Merkmal zu betrachten sein dürfte, und da überdiefs die Abbildung des Prinzen den Marcgraveschen Namen führt, so möchte sich das Urtheil wohl rechtfertigen, dafs der C’haetodon Mauriti' nicht eine vom Ch. saxa- tulis wesentlich verschiedene Art sei. Neben dem Bilde steht von des Prin- zen eigner Hand geschrieben: 1 Fufs grofs. Bloch’s Angabe, dafs er 2 Fufs lang werde, ist also ganz unbegründet.

Curimata. Diese Stelle wird von Bloch VII, p. 105. zu seinem Tab. 381.F.3. abgebildeten Salmo unimaculatus gezogen ; in dem Syst. Ichthyol. erscheint der Fisch dann als eigne Species unter dem Namen Salmo Curimata, und der Charax Gronov’s, der von Bloch beim S. unimaculatus eitirt ist, wird nun als hierhergehörig angeführt. Die Diagnose spricht wahrschein- lich deshalb abermals von einem runden schwarzen Fleck auf der Seite, der aber weder in den Abbildungen, noch im Marcgraveschen Text erwähnt wird. Das Original zu dem hier beigefügten Holzschnitt findet sich in der Menzelschen Sammlung p. 205. und heifst hier Curemata;, es ist eine der schlechtesten Abbildungen, die nur vorläufig angelegt und unvollendet zu sein scheint; letzteres trifft besonders den Kopf, dessen abentheuerliche Gestalt in dem Holzschnitt einigermafsen verbessert hat wiedergegeben wer- den sollen. Aus beiden wird nun so viel ersichtlich, dafs dieser Fisch eben- sowenig Bloch’s S. unimaculatus als der Charax Gronov’s sein könne, und dafs, wenn man eine Species darauf gründen wollte, hier eine durchaus an- dere Diagnose gegeben werden müfste, die aber jedenfalls nur unvollständig ausfallen könnte, weil hier ebensowenig etwas von einer Seitenlinie als von

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52 LicHTsnsTeın

einem Seitenfleck zu sehen ist. Ich glaube noch bemerken zu müssen, dafs an den Exemplaren der Blochschen Sammlung, von welchen Bloch seine Abbildung des S. unimac. nehmen liefs, ein heller Silberstreif, fast von der Breite des Augendurchmessers die Seitenlinie begleitet, der ebensowenig in der Abbildung als im Text eine Andeutung erfährt. Das gröfste der Bloch- schen Exemplare hat nur 4 Zoll. Die Abbildung des Curimata mifst 9 Zoll.

Pirametara. Dieser Fisch ist von Gmelin als blofse Varietät von Mullus surmuletus betrachtet, von Bloch mit Recht zu einer eigenen Spe- cies unter dem Namen M. maculatus erhoben, und von Marcgrave so aus- führlich beschrieben, dafs, da er überdiefs auch von Klein gekannt ist, kein Zweifel über ihn Statt finden kann. Die Bloch’sche Abbildung Tab. 348. ist nach der Originalabbildung des Prinzen (11. 364.) gemacht worden, und weicht nur darin von ihr ab, dafs 4) die Flossen nach Bloch’s gewohnter Weise vollständig und mit einer bestimmten Zahl von Strahlen ausgemalt sind, die sich schwerlich aus dem Original wird rechtfertigen lassen, 2) dafs die 3 grofsen schwarzen Flecken weiter auseinander, und der letzte der hin- tern Rückenflosse näher, stehen; endlich dafs der im Text angegebene und auch in der Abbildung sehr deutlich ausgedrückte Goldsaum des Schwanz- endes ganz übersehen worden ist; auch ist dieses Original um —- kleiner als Bloch’s Copie. Der dem Original treuer nachgebildete Holzschnitt dieses Fisches ist am Ende des 18. Cap. im Marcgr. hinzugefügt.

Cap. X. p. 157.

Tareirad’Alto. Es ist noch von Niemand versucht, diese Stelle zu deuten, obgleich ein Holzschnitt hinzugefügt ist, in welchem man eine Art der Gattung Sphyraena ohne grofses Bedenken vermuthen darf, und ohne dafs im Text etwas gesagt wäre, was gegen diese Vermuthung stritte. Allein leider ist gar keine Originalabbildung zu diesem Holzschnitt zu finden, und der Gedanke, dafs die Sphyraena vulgaris (Esox sphyraena Lin.) damit ge- meint sein könne, läfst sich nur aus den Umstand rechtfertigen, dafs dieser an den Brasilischen Küsten sehr gemeine Fisch, der unserm Marcgrave gewifs nicht unbekannt geblieben sein kann, von ihm an keiner andern Stelle erwähnt wird; jedoch läfst sich dagegen sagen, dafs die Kopfform, die Um- risse des Leibes und die Verhältnisse der Flossen nicht vollkommen getroffen sind, und dafs uns wenigstens von keinem andern Reisenden bis jetzt etwas

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von den schönen Farben berichtet worden ist, deren Maregrave erwähnt. Unter solchen Zweifeln mufs die Entscheidung späterer Forschung anheim gestellt bleiben.

Tareira de Rio. Dieser Fisch dagegen ist schon aus der Beschrei- bung sehr leicht und deutlich für den Synodus Tareira des Syst. Ichthyol. oder Erythrinus TareiraGron.Cuvier zu erkennen; wiewohl der Holzschuitt manches Abweichende in Gröfse und Stellung der Flossen zeig. Das Ori- ginal desselben steht aber unter demselben Namen L.P.1,373, und giebt die Flossen in ihrer richtigen Stellung und Gröfse zu erkennen. Man lernt auch aus diesem Beispiel, wie wenig genau die Künstler welchen de Laet die Anfertigung der Holzschnitte übertrug beim Nachahmen ihrer Vorbilder verfahren sind. Eine andere Abbildung findet sich I.M. I, p. 213.

Piratiapia. Die Originalabbildung dieses Fisches ist von Bloch auf seiner 229“ Tafel, der er den Namen Bodianus Apoa hinzufügt, ziemlich gut wiedergegeben worden, nur sind die schwarzen Rückenflecken zu klein und zu regelmäfsig in 2 Reihen gestellt worden; auch ist an der vorderen Kiemendeckelplatte ein ausspringender Winkel, der in dem Original ver- mifst wird, und der wenn er wirklich so vorhanden wäre, es bedenklich machen könnte, diese Art unter die Gattung Bodianus zu stellen, von welcher der Pirati apoa, denn so heifst er im Original (Piso schreibt aber Piratiapua) noch in so manchen andern Punkten abweicht, dafs wohl schwerlich sein rechter Platz im System eher auszumitteln sein wird, als bis man ihn selbst genauer kennt.

Ceixupira. Nachdem diese Stelle von Willughby, Ray und Johnston abgeschrieben war, und der Brasilische Namen dadurch schon einige Celebrität gewonnen hatte, ist er zuerst von Klein unter den Scom- ber-Arten aufgeführt, dann von Bloch mit dem Namen Scomber niger be- legt, unter Beziehung auf Barbot, der einen ähnlichen Fisch an der Afrika- nischen Küste entdeckt hatte. Bloch’s Abbildung (Tab. 337.) hat die Originalzeichnung (L.P.1,331.) nicht ganz treu wiedergegeben. Sie zeigt nehmlich 6 freie Stacheln vor der Rückenflosse, Bloch giebt dem Fisch deren 8 nach Anleitung des Marcgraveschen Textes. Ihr fehlen ferner die Bauchflossen gänzlich, wiewohl sie auch durch die herabgezogenen Brust- flossen versteckt sein können, Bloch läfst diese letztern von seinem Zeich- ner an dem Leib des Fisches gehörig zurecht legen, und die Bauchflossen

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wie sie Marcgrave beschreibt, weifs mit schwarzer Einfassung hinzumalen. Es verdient jedoch bemerkt zu werden, dafs uns aus Brasilien ein ächter Scomber, dem die Bauchflossen fehlen und der in unserm Museum Se. apus heifst, zugekommen, der aber übrigens mit diesem Se. niger gar keine Ähn- lichkeit hat.

Cap. X. p.158.

Guamajacu guara. Mit dem Namen Guamajacu oder, wie es bei den Originalabbildungen geschrieben wird (was aber gleichbedeutend ist, vergl. Marcgr. p. 275, II.), Guambajacu, wird in dem Brasilianischen Dia- lekt der Tupis, den Marcgrave gebraucht, die Gattung der Stachelfische, Diodon, belegt, und Marcgrave beschreibt davon hier 2 Arten, nemlich den Guamajacu guara und den Guamajacu ati, weiterhin (p.168.) kommt noch ein Guamajacu atinga vor. Linne hat diese Namen und die hier ge- gebenen Beschreibungen, als er die Gattung Diodon in seiner 10 Ausgabe aufstellte, unberücksichtigt gelassen, und sich begnügt zu wiederholen, was Seba, Artedi, besonders aber Gronovius darüber angenommen hatten. Diesen ist nun der erstgenannte von diesen dreien der ächte D. hystrix, den zweiten, weil er hier ohne Abbildung, und selbst ohne Namen erscheint, übergehen sie ganz; aus dem dritten machen sie die Species D. Atinga. Bloch führt nun beide diese Species unter den hier angegebenen Namen ohne Berücksichtigung der von Marcgrave_gegebenen Notizen, in seinem Fisch-Werke auf, und bildet sie nach den Exemplaren seiner Sammlung ab, fügt auch eine dritte Art unter dem Namen D. orbieularıs hinzu ; diese letz- tere will Schneider ($. Zchthyol. p. 512.) wieder mit D. hystrix vereinigen, giebt aber dagegen wieder eine neue Art, unter dem Namen D. geometricus, mit einer Abbildung nach einem Exemplar der Blochschen Sammlung, fügt auch kritische Notizen von einigen zweifelhaften Species in den Nach- trägen hinzu. Dies alles berechtigt Cuvier wohl hinreichend zu dem (R. An. II. p.147.) gemachten Ausspruch, dafs die Arten dieser Gattung bis jetzt keinesweges hinreichend unterschieden worden seien. In der That bedürfen sie einer wiederholten recht genauen Bearbeitung, die aber nur mit Hülfe einer sehr reichen Sammlung von ihnen mit einigem Erfolg zu unterneh- men sein dürfte, und zu welcher auch ohnehin hier der Ort nicht wäre. Nur so viel will ich bemerken, dafs Bloch’s D. Atnga und D. hystrix schwerlich einige wesentliche Verschiedenheit haben dürften, indem sein

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D. hystrix nur der mehr aufgeblasene D. Atinga zu sein scheint; weshalb denn auch Schneider um so mehr irrt, wenn er den in der That ganz we- sentlich unterschiedenen D. orbiewlarıs (einen nach meiner Vermuthung den ostindischen Gewässern angehörigen Fisch) mit demselben vereinigen will.

Der Guamajacu guara nun, dessen Abbildung in den Büchern des Prinzen II, p.304. unter dem wahrscheinlich irrigen Namen Guambajacu atı gegeben wird, scheint nach dieser und der Marcgraveschen Beschreibung dazu, in der That nichts anders als was Linne und seine Vorgänger D. hy- stris genannt haben, insofern diese Alle darunter die langstreckige Art mit besonders an den Seiten langen rundlichen Stacheln verstehen, und die ku- geligere Form mit kürzeren dreiseitigen Stacheln Ztinga nennen, indessen Bloch diese Namen grade im entgegengesetzten Sinne anwendet. Ich darf nicht mit Stillschweigen übergehen, dafs, wiewohl der Marcgravesche Holzschnitt, den Piso p.300. wiederholt, unläugbar nach der oben ange- führten Originalabbildung verfertigt worden ist, er dennoch sie nur un- vollkommen wiedergiebt, indem er die Mundöffnung kaum andeutet, und statt der dicht gedrängten, besonders an der Seite längern Stacheln sie alle von gleicher Länge, viel dicker und zerstreuter stehend darstellt. Die Di- mensionen sind vom Prinzen Moritz auf 14 Fufs Länge und 1 Fufs Umfang angegeben.

Indessen nun noch eine zu erwartende kritische Bearbeitung bei die- sem Fisch manche Schwierigkeit zu überwinden haben wird, lösen sich die Zweifel wegen der folgenden desto leichter und befriedigender. Zu den ohne Namen und Abbildung hier gegebenen Worten: Habw alium u.s.w. findet sich nehmlich eine Abbildung L. P. If, 382. mit dem Namen Guumbajacu ati, de- ven Kennzeichen sehr gut mit denen des D. geometricus Schneid. überein- stimmen, wenn man annimmt, dafs die grünliche Farbe, von der Marcgrave spricht, an dem noch jetzt in unserer Sammlung befindlichen Exemplar, das auf der 96*" Tafel des Syst. /chthyol. in viel zu lebhaften Farben abge- bildet ist, durch Ausbleichen verloren gegangen sei. Die beiden häutigen Fortsätze über den Augen, deren Marcgrave erwähnt, sind noch jetzt deutlich an unserm Exemplar zu erkennen. Schneider dagegen, ohne das Zutreffen dieser Stelle auf seinen D. geometrieus zu bemerken, spricht von röhrenförmigen Nasenlöchern, die allerdings da sind, aber wohl eben nicht länger als bei den andern Arten dieser Gattung auch, und die er deshalb

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auf der Zeichnung nicht so auffallend hätte hervorheben sollen. Was Marc- grave meint, sind dagegen ein Paar zugespitzte Hautfäden, die neben dem vordern Stachel über dem Augenrande stehen, und ganz ähnliche finden sich demnächst auch noch neben einigen Stacheln an den Seiten des Hinter- leibes. Die Originalabbildung gehört übrigens zu den unvollkommneren, wiewohl die schwarzen Flecken nach ihrer Stellung und ihrem Umfang rich- tig angedeutet sind. Der Prinz giebt dem Fisch einen Umfang von 1 Fufs.

Es scheint zweckmäfsig hier gleich auch von der dritten Art zu reden, wiewohl diese erst im 14. Cap. p. 168. unter dem Namen Guamajacu atınga von Marcgrave abgehandelt wird. Der merkwürdige Umstand, dafs nach den sehr bestimmten Worten Marcgrave’s die Bauchseite ohne Stacheln und weich wie die Haut eines Frosches sein soll, wie es auch der Holzschnitt und das Original desselben L.P.I,p. 303. und unter dem Namen Guamayacu alinga andeuten, macht es sehr zweifelhaft, ob der Name 4tinga nicht von allen bisherigen Schriftstellern sehr mifsbräuchlicher Weise auf eine der oben erwähnten ganz mit Stacheln umgebenen Arten angewendet worden sei. Diese Nacktheit, die meines Wissens an keiner bis jetzt bekannten Art dieser Gattung bemerkt worden ist, einem jugeudlichen Zustand zuzuschreiben, "verbieten sowohl die von Marcgrave als dem Prinzen angegebenen Dimen- sionen, die nach Letzterem bis zu einer Länge von 1-Fufs sollen betragen können. Die ganze Stelle bleibt also durch etwanige spätere Entdeckung einer solchen Art noch zu erläutern, und es wird genug sein, zu diesem Be- huf hier noch zu bemerken, dafs die Originalzeichnung die Farbe des Fisches auf der Oberseite blau-grau marmorirt, auf der untern röthlich darstellt, indessen sämmtliche Flossen gelblich colorirt sind. Die drei auf dem Holz- schnitt so schr scharf vorspringenden runden schwarzen Flecken darf man ja nicht für charakteristisch nehmen, denn sie treten in der Originalzeich- nung nur undeutlich und unregelmäfsig hervor. Die Stacheln werden aber auch von ihr, zerstreut und kurz dargestellt.

Piquitinga. Schon Linne hat diese Stelle gedeutet, indem er sie zu seinem Esox Hepsetus citirt, obgleich sie seiner in den AJmoenıit. academ. gegebenen Beschreibung desselben nach der Stellung der Flossen offenbar widerspricht. Die Originalabbildung der Menzelschen Sammlung I, p.161. zeigt noch mehr als der Holzschnitt selbst, Ähnlichkeit in der Form des Kopfes mit der, der Gattung Atherina eigenthümlichen. Die einfache Rücken-

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flosse läfst es jedoch nicht zu, den Piquitinga zu Atherina zu rechnen. Ich mufs daher Cuvier’s Meinung annehmen, es sei dieser Fisch unter Clupea und zwar der Untergattung Zingraulis einzuschalten, und mit der Atherina Brownü und vielen andern Synonymen zu vereinigen.

Araguaga, ein Sägefisch, von Gmelin und Bloch zum Squalus Pristis eitirt, von den späteren Ichthyologen meines Wissens nicht weiter beachtet. Der Holzschnitt, so wie die ihm zum Grunde liegende Original- abbildung, an welcher die Zähne der Säge sehr kurz erscheinen, könnte auf die Vermuthung führen, man hätte es hier mit einer der kurzzähnigen Arten, z.B. mit Zatham’s Pr.microdon, oder Schneider’s Pr. granulosa zu thun, weil die von Marcgrave angegebene Zahl der Zähne mit der der letztern übereinstimmt. Doch ist bekannt, wie sehr die Zahl der Zähne bei den Individuen, vielleicht nach dem Alter, variirt, und überberhaupt dürfte Pr.granulosa, die ganz allein auf einer Abbildung bei Parra beruht, der

körnigen Kieferzähne wegen wohl schwerlich auf eine Unterscheidung als

8 eigne Art Anspruch machen. Darum scheint es mir am natürlichsten, in die- sem Araguaga auf die an den Südamerikanischen Küsten gemeinste Art, die Pr. canalieulata Lath. nemlich, zu muthmafsen. Zur Erläuterung dessen was Marcgrave weiterhin so ausführlich zur Beschreibung dieser Art beibringt, verdient wohl noch bemerkt zu werden, dafs der Panapana, mit dem er sie dort vergleicht, und der wenigstens als Fischname von ihm selbst weiter nicht gebraucht wird, sondern der nur als Name für einen grofsen Schmetterling p- 249. vorkommt, in der Originalabbildung L.P. II, p. 218. einen Squalus Zygaena darstellt.

Camuri. Ein Fisch, auf dessen Ähnlichkeit mit dem Hecht sowohl von Marcgrave als von Piso am mehrsten Gewicht gelegt wird, den aber noch Niemand zu deuten versucht hat, obgleich Piso p.74. eine Abbildung davon giebt, und in vielen Worten, freilich ohne erheblichen Inhalt, davon handelt.

Unsre Hülfsmittel verlassen uns auch hier nicht, die Originalabbil- dung in der Menzel’schen Sammlung p. 163. vollendet in ihrer sorgfältigen Ausführung das durch Marcgrave’s Beschreibung entstehende Bild zu einer solchen Klarheit, dafs ich mit voller Gewifsheit diesen Punkt dahin auf- klären kann, der Camuri sei nichts anders als der von Bloch Tab. 303. unter dem Namen sSciaena undecimalis abgebildete Fisch, welchen Schneider

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der Gattung Platycephalus beigesellt, aus welcher ihn Cuvier mit Recht wieder verbannt, ohne ihm indessen eine andere Stelle anzuweisen. Die Exemplare unsers Museums, von welchen das eine das von Bloch abge- bildete aus Jamaica, das andere uns aus Brasilien zugekommen ist, fügen sich am leichtesten dem Gattungsbegriff von Perca, wiewohl sie in der sehr merkwürdigen Ähnlichkeit ihrer Schnauze mit der des Hechtes, in der ent- fernt von der Afteröffnung anfangenden Afterflosse und in der sehr breiten und markirten Seitenlinie von den gewöhnlichen Formen dieser Gattung so sehr abweichen, dafs man vielleicht eine eigne Gattung daraus bilden könnte. Alles Übrige wird sich leicht aus der Beschreibung von Marcgrave, ver- glichen mit den ganz unabhängig von dieser gemachten Bloch’schen und Schneiderschen entnehmen lassen. Ich habe nur zu bemerken, dafs Bloch’s Abbildung den Hinterkopf dieses Fisches viel gewölbter vorstellt als er ist, da er im Gegentheil bis zum Anfang der ersten Rückenflosse fast gradlinig verläuft, und zweitens, dafs der Holzschnitt bei Piso eine ganz verfehlte Nachbildung des Originals ist, bei welcher die Absicht ihr eine Ähnlichkeit mit der Gestalt des Hechtes zu geben, nicht ohne Einflufs gewesen zu sein scheint.

Cap. XI. p. 160.

Guaracapema. Fast sämmtliche Naturforscher seit Linne’s Zeit beziehen diese Stelle auf Coryphaena Equiselis, welche wiederum von den Neuern als nicht hinreichend verschieden von €. Hippuris mit dieser verei- nigt zu werden pflegt, welcher Meinung ich zur Zeit auch nichts entgegen- zusetzen habe. Zu bemerken ist nur, dafs der hier gegebene Holzschnitt, bei einer dereinstigen genauern Prüfung dieses Punktes, nicht mit in Anschlag gebracht werden darf, indem er keineswegs eine Nachbildung der recht. hüb- schen Zeichnung L.P.1, 335., sondern der Bequemlichkeit halber aus de Laet’s Descriptio Indiae occidentalis p.57. entlehnt ist. Der Fisch Pe- tumbo, der die Nahrung des Guaracapema ausmachen soll, findet sich nir- gends weiter erwähnt, soll aber wahrscheinlich der Petimboaba (Fistularia tabacaria) sein.

Mucu. Alle Schriftsteller eitiren diesen Fisch zum Trichiurus leptn- rus;, wie es scheint, einzig nach der Abbildung urtheilend, und ohne die Marcgravesche Beschreibung genau durchgelesen zu haben, die in allen

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ihren Theilen dem Bilde gradezu widerspricht. Dies fühlt selbst de Laet, der in einer eignen Anmerkung gesteht, dafs er diese Abbildung aus seiner Descriptio dmericae (p.573.) entlehnt habe, weil ihm von jemand die Ver- sicherung gegeben sei, dieser Fisch, den er zwar dort Ubirre nennt, heifse auch Mucu. Diese Abbildung ist also ganz von der Beschreibung zu tren- nen; die Beschreibung aber bezieht sich auf einen Synbranchus, wie auch aus der Abbildung L. P. I, p.388. deutlich genug erhellt, an welcher frei- lich nur die schlaffen Hautflossen eben so wenig angedeutet werden, als Marcgrave ihrer im Text erwähnt hat. Soll nun die Species angegeben werden, so pafst, was von der Farbe gesagt ist, unter den bekannten Arten am besten auf den S. immaculatus, noch besser jedoch wegen der leber- braunen Unterseite und der in stumpfen Winkeln zusammenstofsenden durch- scheinenden Muskellagen, welche Marcgrave Querlinien nennt, auf eine neue Art, die Hr. v. Olfers unserm Museum aus Brasilien übersandte, und die wir in der Überzeugung, es sei der Marcgravesche Fisch, mit dem Na- men 5. Mucu belegt haben. Das charakteristische Merkmal, durch welches diese Art von den andern abweicht, besteht darin, dafs die Rückenflosse schon so hoch anfängt, dafs sie drei Viertel der Leibeslänge beträgt, indes- sen sie bei den übrigen Arten, mit Ausnahme des Schneiderschen S$. trans- versalis (wo sie ohngefähr in der Mitte der Oberseite ihren Anfang nehmen soll), nur ein Viertel der Leibeslänge mifst; an diesem S. transversalis aber soll die Kiemenöffnung eine Querspalte sein, hier ist sie rund.

Nicht unerheblich scheint mir Marcegrave’s Bemerkung, dieser Fisch könne die Kehle aufblasen (wahrscheinlich mit Wasser), und in der That haben alle Arten dieser Gattung die Kehlhaut so auffallend der Länge nach gefaltet, dafs dies Vermögen sehr wahrscheinlich wird. Vom S. immaculatus mufs ich noch bemerken, dafs er keineswegs, wie im Syst. Ichthyol. ange- geben wird, allein in Tranquebar zu Hause ist, denn Bloch XI, p. 28. sagt ausdrücklich, er habe ein Exemplar aus Surinam, das andere aus Tran- quebar erhalten, beide besitzen wir noch, sie sind sich so ähnlich, dafs mir die letztere Angabe um so mehr verdächtig wird, als auch wir den $. immacu- latus, nur gröfser und dunkler gefärbt, aus Süd- Amerika erhalten haben.

Abacatuaja. Ganz auf dieselbe Weise wie bei dem Mueu ist durch Hinzufügung eines Holzschnittes, der, wie de Laet selbst gesteht, abermals aus der Deseriptio Americae entlehnt ist, grofse Verwirrung angerichtet wor-

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den, denn die Beschreibung giebt, wie Cuvier sehr richtig gemuthmafst hat, zu erkennen, dafs hier der an den Amerikanischen Küsten, und wahr- scheinlich nur dort häufig vorkommende Zeus Fomer gemeint sei, und die- sen stellen auch die Originalabbildungen L. P.1, 399. und I.M. I, p.31. fig. 2. ganz unverkennbar dar, indessen man in dem Holzschnitt nur den in Östindien anzutreffenden Z.Gallus erkennen kann, zu welchem ihn auch Linne und die übrigen Systematiker zu beziehen pflegen. Bloch hat die Verwirrung vermehrt, indem er die in seinem Werk Tab. 192. gegebene Ab- bildung eines aus Ostindien erhaltenen Exemplars vom Z.Gallus nach der Originalabbildung in der Sammlung des Prinzen hat coloriren lassen, in der Meinung, er habe es hier wirklich mit demselben Fisch zu thun; die Stelle im Text, wo er dies gesteht, kann denn leicht so verstanden werden, als sei die hier gegebene Abbildung wirklich nach der Zeichnung des Prinzen ent- worfen. Die Abbildung, welche hierher gehören würde, ist aber an einer ganz andern Stelle des Maregraveschen Werks benutzt, nehmlich p. 145., neben der Beschreibung des Guaperva (Chaetodon arcuatus) aber auch sie ist, wie ich bereits zu jener Stelle bemerkt habe, nicht aus den Originalab- bildungen des Prinzen, sondern aus jenem ältern Werke de Laet’s entnom- men. Der Zweifel, ob Z.Gallus auch an den Amerikanischen Küsten vor- komme, wird also durch diese Auseinandersetzung verneinend gehoben. Be- merkenswerth ist vielleicht nur noch die Übereinstimmung des von de Laet für den Z. Gallus angegebenen Malayischen Namens Awah-Kattu oder Jahwe mit dem Brasilischen Abacatuaja für den Z. Fomer.

A4carapeba oder Acaratinga. Mit dem letztern Namen ist die Originalzeichnung L.P.347. bezeichnet, von der wohl deswegen kein Holz- schnitt zu dieser Stelle angefertigt wurde, weil sie nur mit Bleistift angelegt und nicht ausgemalt ist, der Prinz hat aber dazu geschrieben: „,Dieser Fisch ist ganz wie Silber.’’ Indessen die Gestalt sogleich einen Fisch aus der zahlreichen Familie der Perciden verräth, leitet Marcgrave’s Angabe der Mund könne sich ausdehnen und zusammenziehen, verglichen mit allen den übrigen Punkten der Beschreibung sogleich auf die Vermuthung es sei eine Art der Gattung Smaris hier gemeint, zu welcher Cuvier mit Recht auch den Sparus erythrurus Bl. Tab. 261. rechnet. Bloch’s Exemplar dieser Art ist von Japan, allein auch von den Brasilischen Küsten erhielten wir Exem- plare derselben, die sich wenigstens durch kein irgend constantes Merkmal

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davon unterscheiden lassen. Nichts desto weniger fällt die Vermuthung der Übereinstimmung bei weitem mehr auf eine damit verwandte neue Art, die durch minder hohen Rücken, durch eine dem Rücken parallel laufende, mithin gerader gezogene Seitenlinie, so wie durch die Lage und Gröfse der Nasenlöcher und durch andere minder in die Augen fallende Kennzeichen eben so sehr von Sm. erythrura abweicht, als sie sich dem Bilde des Zcara- tinga nähert *). Wir haben daher diesen mit dem Namen Sm. Acarapeba bezeichnet.

Mijuipira oder Pirabebe ist, wie ein Jeder leicht gewahr wird, Trıgla volitans Lin., Dactylophorus vol. Lac. Der Holzschnitt ist eine Copie der recht sorgfältigen Zeichnung L.P.I, 390. Nur sind die Bauchflossen am Holzschnitt unbehülflich genug hinzugesetzt, die der Zeichnung fehlen. Eine noch bessere Abbildung ist in der Menzelschen Sammlung I, p. 103. unter dem Namen Pirameiu.

Cap. XI. p. 163.

Guaibi Coara. Aus der Beschreibung und Abbildung dieses Fisches läfst sich freilich auf mancherlei schliefsen, aber nichts zur Gewilsheit brin- gen. Da sich überdiefs nun unter den vorhandenen Originalabbildungen keine findet, auf welche man möglicher Weise den Holzschnitt beziehen könnte, so mufs ich die Deutung dieser Stelle glücklichern Forschern über- lassen.

4caramucu wird von Bloch und nach ihm von Gmelin zum Ba- listes monoceros eitirt, hat aufserdem Verwandschaft mit B. /aevis Bl., mag aber wohl wie Cuvier vermuthet, von beiden verschieden sein, wie er un- läugbar durch die Abwesenheit der Schwanzstacheln von 3. monoceros Lin. abweicht. In-dem aus der Originalabbildung L.P. I, p.317, (wo er Acara- camucu heifst) besser wie aus dem Holzschnitt hervorgehenden Verhältnifs der Rücken- und Afterflosse hat er unläugbar die mehrste Ähnlichkeit mit

*) Bloch’s Abbildung des Sparus erythrurus ist in den mehrsten dieser Punkte seinem Exemplar wenig getreu nachgebildet. Die Seitenlinie verläuft sich an demselben in gröfserem Bogen, die Nasenlöcher sitzen dem Auge näher, die Bauchflosse weiter nach hinten, als dies Alles auf der Abbildung angegeben ist. Auch sieht man so we- nig Spur von einer rolhen Färbung der Flossen, dafs man nicht begreift, wie Bloch zu dem Namen Sp. erythrurus gekommen ist.

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dem B.laevis, wiewohl sich daraus kein hinreichender Beweis für die Iden- tität beider ableiten läfst, was auch um so schwieriger sein dürfte, da der B.laevis ostindisch ist. Nur darf freilich die bunte Zeichnung dieses Fisches auf der Blochschen Tafel (414) ebensowenig für einen Gegenbeweis ange- sehen werden, als die zugerundete Form der Schwanzflosse, denn in beiden scheint Bloch nur von Muthmafsungen sich haben leiten zu lassen, weil an dem Exemplar wonach die Zeichnung gemacht ist, nichts deutliches zu ent- nehmen ist. Auch über diese Art haben wir daher den Aufschlufs erst von spätern Beobachtern zu erwarten.

Desto deutlicher erkennt man in dem folgenden, der abermals Gua- perva heifst, den B. vetula Lin., für welchen ihn auch alle Schriftsteller ge- nommen haben. Bliebe noch ein Zweifel, so würden ihn die beiden sehr guten Abbildungen I.M.I, p. 125. und L.P. I, p.311. hinwegnehmen. Nach der letztern ist der Holzschnitt gemacht, und weicht nur darin von ihr ab, dafs die beiden dunklen Streifen über der Schnauze bis an die Bauchflosse fortgeführt sind, statt dafs sie im Original ganz richtig vor der Brustflosse endigen.

Cucuri. Obgleich keine Originalabbildung zu dem Holzschnitt vor- handen ist, so läfst sich doch in dem hier beschriebenen Fische wohl nicht leicht etwas anderes als Squalus mustelus vermuthen, der auch von der süd- amerikanischen Küste unserm Museum zugekommen ist.

Piraya oder Piranha. Cuvier ist der erste, der darin den ‚$Salmo rhombeus oder Serrasalmo Lacep. erkennt. Dafs dies nicht früher gesche- hen, rührt wohl hauptsächlich daher, dafs der Holzschnitt ein erwachsenes Exemplar von mehr als Fufslänge darstellt, Pallas und Bloch dagegen nur jüngere Exemplare dieses Fisches vor sich hatten, an welchen (man vergl. Bloch’s Tafel 383.) der Kopf bei weitem die abschüssige Gestalt noch nicht hat, die er bei groisen Exemplaren bekommt, sondern vom Hinterkopf an mehr flach gegen den Rand des Oberkiefers hin verläuft.

Auf dieser sich aus einer Reihe von fünf allmählig gröfsern Exem- plaren unsers Museums sehr deutlich ergebenden Altersverschiedenheit be- beruhen denn auch die heiden Abarten, die Marcgrave hier anführt und beschreibt, und welche beide in der Menzelschen Sammlung I, p.223, die erste unter dem Namen Piraya; die zweite unter dem Namen Pirayatinga abgebildet sind. Die jüngern Exemplare haben am deutlichsten den dunklen

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Saum der Schwanzflosse, den Linne unter den diagnostischen Merkmalen anführt. An ihnen zeigen sich auch die dunklen Flecken des Rückens deut- licher, dagegen verschwinden an den grofsen (ich habe eins von 20 Zoll Länge vor mir) die Zähne der Bauchsäge unter den sie überragenden Schuppen, woraus es sich erklärt, dafs Marcgrave sie ganz übersieht.

Cap. XIH. p. 165.

Punaru. Es werden hier zwei Species der Gattung ‚Blennius beschrie- ben, wobei zunächst zu bemerken, dafs die zweite Abbildung zu der ersten Beschreibung gehört und umgekehrt. Die Beschreibung des ersten pafst sehr wohl auf einen kleinen Fisch dieser Gattung, den wir bereits seit mehreren Jahren unter dem Namen Dlennius brasıiliensis in unserm Museum bewahren. Die andere trifft ebenso zu auf einen kleinen Fisch, der dem Bl. fasciatus im jugendlichen Alter verwandt, aber durch die Lage des Afters und die Zahlen der Flossenstrahlen verschieden ist, und den wir mit dem Namen Bl. Punaru bezeichnet haben. Eine rohe Abbildung unter dem Namen Pu- naru in der Menzelschen Sammlung I, p. 15. ist für die Entscheidung ohne Werth, da sie ein Exemplar mit ganz zerrissenen Flossen darstellt.

Amore Guacu, Amore Pixuma und 4more Tinga. Gronov hat in seinem Museum Ichthyolog. (p.16 und 17.) aus den beiden ersten die- ser Fische zwei Arten seiner Gattung Zleotris, nemlich die erste und dritte gemacht, wiewohl in der That schwer zu beweisen sein möchte, dafs sie wirklich der Gattung angehören, denn von der Form der Bauchflossen ist bei Marcgrave nirgends die Rede. Wenn nun Gmelin sogar auf eine derselben (den more Pixumu) seinen Gobius Pisonis gründet, so mufs man Schneider’s Zweifel gerecht finden, ob ein Fisch mit so fadenförmig ge- theilten Bauchflossen, wie hier die Abbildung zeigt, wohl wirklich ein Go- bius oder eine Kleotris sein könne. Was aber sonst, ist nun wirklich schwer zu sagen. Für den zuerst genannten (J/more guacu) haben wir freilich Cuviers’s Autorität, der darin wirklich einen Gobius erkennen will. Es läfst sich aber weder für noch wider diese Meinung etwas vorbringen, da es ganz an einer Originalabbildung fehlt und also über die obige Hauptfrage keine Auskunft gegeben werden kann. Von dem zweiten, nemlich dem Amore Pixuma ist zwar (I.M.I, p.59.) eine Abbildung vorhanden, nach welcher ganz unverkennbar der schlechte Holzschnitt verfertigt worden ist,

64 LICHTENSTEIN

aber so fleifsig diese Zeichnung auch gemacht ist, so möchte sich doch auch aus ihr schwerlich über das Genus etwas sicheres ermitteln lassen. Sie stellt nemlich einen Fisch von etwa 8 Zoll Länge vor, mit plattgedrücktem vorn zugerundetem Kopf, weit auseinander liegenden glänzenden Augen, mit dop- pelter, überall gleich hoher Rückenflosse und diese so wie alle übrigen Flos- sen ohngefähr in dem Verhältnifs wie es der Holzschnitt ergiebt; unter der Kiemenöffnung sind zwei fadenförmige Bauchflossen angedeutet, ob die zer- schlitzten Strahlen einer gröfsern oder ursprünglich so gestaltet, wage ich nicht zu entscheiden, denn auf einen Blennius zu schliefsen, verbietet schon die doppelte Rückenflosse. Die Oberseite des Fisches ist schwarz, die sehr bauchige Unterseite mit Ausnahme der Flossen weifs. Der dabei geschriebene Name ist Amorecima. Der Tamoata, mit welchem Marcgrave hier seinen Fisch an Gröfse und Gestalt vergleicht, ist der Cataphractus callichthys, zu dem auch die allgemeine Gestalt dieses, wie es freilich scheint schuppenlosen oder kleinbeschuppten Fisches recht gut pafst. Ob also nicht die ganze Ab- bildung für eine verfehlte Darstellung eines Pimelodus, jene Fäden für schief angesetzte Bartfäden zu nehmen, ist eine Vermuthung, die ich auf gut Glück wage, da eine bessere nicht zu finden ist. Vom Amore Tinga ist vollends gar nichts zu sagen, indem alle Hülfsmittel uns hier verlassen.

Die folgende Art ist ohne Brasilische Benennung und statt deren der für die Mugilarten in allen Nordeuropäischen Dialekten gebräuchliche Name Harder (lateinisch wahrscheinlich unrichtig durch Pastor wiedergegeben) an die Stelle gesetzt. Klein ist der einzige, der diesen Fisch einer Berücksich- tigung gewürdigt und ihn unter dem Namen Cestreus argenteus in seiner Hist. Piscium Missus V, p.24. No.3. aufgeführt hat. Cuvier vermuthet darin einen wahren Gobius, indessen scheint mir die Lage der Flossen und was von der Zusammenstellung der Schuppen gesagt ist, doch in der That für einen Fisch aus der Gattung Mugil zu sprechen, namentlich für den M. Tang, der auch häufig an den Brasilischen Küsten vorkommt, und dessen sonst bei Marcgrave nirgends Erwähnung geschieht. Was von der mangelnden Kie- menspalte gesagt wird, kann unläugbar nur auf einem Irrthum beruhen, und läfst sich vielleicht daraus erklären, dafs bei den Mugilarten die Kiemendeckel sehr fest schliefsen. Eine Originalabbildung ist nicht vorhanden.

Guacari ist unverkennbar Zoricaria plecostomus, zu welchen ihn auch Bloch ganz richtig citirt. Die Originalabbildung steht L.P. I, p.392. und

über die Naturgeschichte Brasiliens. 65

ist frei von den Fehlern in der Flossenzeichnung, die den Holzschnitt ent- stellen. Die zweite Art Guacari, deren Marcgrave am Schlusse dieses Ka- pitels erwähnt, ist von dieser gewifs nicht verschieden; denn abgesehen da- von, dafs dort die Zeichnung des Fisches mit eben den Worten beschrie- ben wird, wie bei der ersten, so kann man schon defswegen hier nicht etwa auf Z. macılata schliefsen, weil die Abbildung unter dem Namen Guacari secunda species (1. M. I, p.300.) zwar einen langstreckigen punktirten Fisch, aber dabei auch die kleine Rückenflosse darstellt, die sowohl der Z. macu- lata als der 2. cirrhosa fehlt.

Schlufs-Bemerkung beim Abdruck dieser Abhandlung

im November 1828.

Die Erläuterungen der Marcgraveschen Nachrichten von den brasilischen Fischen fortzusetzen, wurde ich durch Hrn. Baron G. Cuvier’s schmeichelhafte Aufforderung ver- anlafst, welcher davon für die von ihm in Gemeinschaft mit Hrn. Valenciennes heraus- zugebende Ichthyologie Gebrauch zu machen beabsichtete. Im Verfolg eines weiteren Brief- wechsels stellte sich jedoch den würdigen Unternehmern eines so grofsartigen Vorhabens diese Angelegenheit als so belangreich dar, dafs Hr. Valenciennes selbst gegen Ende des Jahrs 1826 nach Berlin kanı, um die Fischsammlung des hiesigen zoologischen Museums zu mustern und die Originalabbildungen, auf welchen die obigen Erläuterungen beruhn, selbst zu vergleichen. Die fernere Fortsetzung der hier abgebrochenen Abhandlung wird sich daher in veränderter Gestalt an das nunmehr erscheinende wichtige Werk ergänzend an- schliefsen und nur eine Nachlese zu den dort gewährten Resultaten geben können.

Lichtenstein.

—— III

Phys. Klasse 1826. 1

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Über die altern Geschichten der Getreidearten.

Zweite Abhandlung. Von

BT. SE TLALEN :K.

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 9. November 1826.]

Nene Untersuchungen, Widersprüche gelehrter Männer, deren Urtheil mir schätzbar ist, haben diese Nachträge und Zusätze hervorgebracht.

Es ist allerdings merkwürdig, dafs beim Homer der Weizen als Pferde- futter vorkommt, da man ihn doch nirgends dazu anwendet, und von den Alten sowohl als den Neuern einstimmig behauptet wird, dafs er den Pfer- den schade. Ich glaubte, es sei eine dichterische Freiheit, weil Andromache Hektors Pferden auch Wein gegeben habe. Aber ich finde in Wolfs Aus- gabe den Vers, wo von Wein die Rede ist (Il. S. 188.) als verdächtig in Klammern eingeschlossen, und er scheint nicht hieher zu gehören. In der andern Stelle (Il.». 569.) wo gesagt wird dafs die Pferde des Diomedes Weizen frafsen, wird auch nichts von Wein hinzugesetzt. Ich mufs also der Meinung der Alten beitreten, dafs in den ältesten Zeiten mugds ein allgemeiner Name für eine nährende Grasart war, welche später auf Weizen allein be- schränkt wurde. So ist es dem Worte Korn bei uns, Grano bei den Italie- nern, ergangen, und noch übereinstimmender ist das Beispiel des Wortes Hirse im deutschen, welches gar viele sehr verschiedene aber immer kleine und rundkche zur Nahrung dienende Körner der Grasarten bezeichnet. Die- ses zeigt auch die häufige Zusammensetzung des Wortes ugs mit andern, welche den allgemeinen Begriff näher bestimmen. Die Bedeutung der Wör- ter ändern sich. IIvgös zuerst ein allgemeiner Ausdruck wurde näher be- stimmt und bezeichnet nur Weizen, aber in dieser Bedeutung verlor er sich

zuletzt aus dem gemeinen Gebrauche und ein anderes allgemeines Wort 12

68 Urne

oircs nahm die besondere Bedeutung Weizen an. In den Geoponica steht gewöhnlich oirss statt muges. Die Gelehrten, die Grammatiker behielten das Wort ugos, die Praktiker gebrauchten rirss welches in dieser Bedeutung beim Dioskorides und Theophrast nie vorkommt.

Die neuern Untersuchungen über die Arten und Abarten der Getreide von Lagasca, der hier zuerst die Bahn brach, Seringe, Schübler, Metzger und andere haben diesen Gegenstand sehr aufgeklärt, und es ist nöthig bei der Untersuchung der Nachrichten von Getreidearten in den alten Schriftstellern darauf Rücksicht zu nehmen. Als ich meine erste Abhand- lung schrieb waren diese Bemühungen der Neueren noch nicht bekannt ge- worden. Sprengel hat in seiner Übersetzung von Theophrasts Naturge- schichte der Gewächse, besonders im zweiten Theile, welcher die Erläuterun- gen enthält (Altona 1822.) auf manche schon Rücksicht genommen. Ich will also hier noch einige Untersuchungen beifügen, wenn sie auch keinen grofsen Erfolg haben sollten.

Asazcvrıas wird von Theophrast (de caus. L.30, 21.8.2.) ohne wei- tere Beziehung angeführt. Sprengel (Erläut. 305.) meint, er könne sei- nen Namen nur von der bunten Beschaffenheit der Körner haben, wie das Arum. Das wäre denn setzt er hinzu, eine Abart von Tritieum turgidum mit schwärzlichen Grannen, röthlichen Körnern und weifslich beharten Bälgen (Sering. Melang.103.). Allerdings eine sinnreiche Vermuthung.

Irpayyıas (Theophr. d. caus. !.c.) nach Sprengel von areayyös mit zusammengedrückten Ahren und T’ritie. Gaertnerianum, welches noch häufig in der Levante gebaut werde (Erläut. daselbst). Es sei die ygunevird@ der neueren Griechen. Aber T’r. Gaertnerianum ist eine Abänderung von Tr. durum und hat einen zusammengedrückten Kelch, keine zusammengedrückte Ähren. Das Wort arodyyos als zusammengedrückt ist mir unbekannt, wohl aber heifst es Hexruosus, tortus, es wäre also mehr auf eine Abart spica flexuosa zu rathen. Srgeyyis (Theophr. Mist. pl. 8. 4.3.) in den Handschriften orAeyyös ist vielleicht dasselbe Wort. Sprengel sagt orgeyyis bedeute eine breite Platte oder Kamm (eigentlich eine Striegel) und räth auf Tr. platystachyum Lag.

Serweuriss (Theophr. caus. pl. 1.c.) hat nach Sprengel seinen Na- men wahrscheinlich von seryv« einer mondähnlichen Kuchenart, wozu dieses Mehl genommen wurde (Hesych. 2. 1167.).

über die altern Geschichten der Getreidearten. 69

Kayygidies (Theophr. Hist. pl. 8.4.5.) nach Sprengel so genannt, weil die langen Grannen ihm Ähnlichkeit mit der Gerste geben. Er hat einen dicken Halm, und eine schlaffe lockere Ähre (d.caus.3. 21.2.) und bedurfte viele Nahrung. Es sei wahrscheinlich Z’r.durum hordeiforme Sering. Zuerst erinnere ich, dafs die Ausdrücke %avvos zal wavos locker und leicht mehr von dem Korn als von der Ähre zu verstehen sein möchten. Ferner ist za%,gus oder z«zgus oder auch z&yxgus geröstete Gerste, ein Wort welches häufig vorkommt, so wie die davon abgeleiteten Wörter. Die gerösteten Körner wurden im Alterthum so häufig gegessen, dafs der Name zayygvdı«s vermuthlich daher kommt.

Den libyschen Weizen von Cyrene hält Sprengel nicht unwahr- scheinlich für Zr. durum, wenigstens mag er zu den Abarten dieser Art ge- hören. Vom ägyptischen Weizen führen die Alten nichts an, als dafs er von Lolch frei sei. Es läfst sich also nichts weiter darüber bestimmen ; sonder- bar ist es, dafs man jetzt den Weizen, welcher bei uns häufig gebaut wird, in Italien, wo man ihn selten baut, ägyptischen Weizen nennt. Der alexan- drische Weizen sagt Sprengel, hat seinen Namen von Alexandrien. Aber dies ist eben zweifelhaft, denn Theophrast führt ihn nicht unter den Weizen- arten an, welche von einem Orte den Namen haben, sondern mit erAeyyes u.s.w. wie Schneider schon bemerkt hat. Die Geoponica sagen von ihm, er habe ein langes Korn. Den thrazischen Weizen habe ich für Zr. polonı- cum gehalten, Sprengel bezieht dieses auf eine Abart welche er sirctum nennt, und welche sich durch das Festhängen der Korollenbälge an dem Korne unterscheiden soll. Aber eine solche Abart wäre ja vielmehr ein Spelz. Den Weizen aus Böotien bezeichnen die Alten als den schwersten, noch schwerer als den sicilischen mit Ausnahme des Weizens der Pissargen, welcher sogar plazzen machen. Diese Pissargen nennt Theophrast in den Büchern d.causis Pyssoten ; sonst kommt der Name nirgends vor. Sprengel ver- muthet sonach, Theophrast rede von den Pyssuen welche nach Strabo an dem Ausflusse des Oxus wohnten.

Die Alten haben ferner Winter- und Sommerweizen, xaızegwös und zgı- vös, weil er im Frühling gesäet wird. Sie haben ferner diunves und rgtunves, weil er in zwei oder drei Monaten seine Vegetation beendigte, sogar eine Abart, welche dieses in 40 Tagen that. Sie hatten die Bemerkung an ihrem Sommer- korn gemacht, welche noch immer gilt, dafs Sommerweizen leichter ist,

70 Lınmk

sich nicht so gut bestaudet und weniger schüttet als Winterweizen. Sie füh- ren indessen einige Ausnahmen an, den vierzigtägigen Weizen von Euboea, und eine Weizenart von Lemnos, oder Aivcs, vermuthlich ein Schreibfehler für Lemnos, wie man aus der Vergleichung von Theophr. Mist. 8.4.4. et5. d.caus. 4.96. und 4. 11.3. sehen kann. Auch ist von weichem und hartem Weizen die Rede, letzterer ohne Zweifel Zr. durum oder eine Abart.

Ilvges sıravıos Theophr. Hist.pl.8.2.3. hält Sprengel für den Sommer- weizen und allerdings kommt er so auch in den Geoponica und Dioskorides vor. Das Wort heifst eigentlich eyraveiss oder ayraviss. Aber Theophrast sagt: "ArapalAarrcı Ö8 euro, mAnv El Ti Yevos mugav FOLÜTE, OUS KaAcuTı FIravias za ngıSavias. Hier glaubt Schneider müsse man wohl Fıravıos Von INTaVIS unterscheiden. Denn der Sommerweizen bestaude sich weniger als der Win- terweizen, und sıravıcs ist keinesweges einerlei mit syravıcs welches man von ev m erei ableitet. Das Wort ngIanıas kommt auch nicht weiter vor. Ich finde keine Ursache zu glauben, dafs swravıss Tr. Gaertnerianum und Tr. zgı- Savıos Tr. platystachyum sei.

Columella führt nur drei Weizenarten an (L.206.). Ex his mature serendum est quod Robus dieitur, quoniam et nitore et pondere praestat. Se- cunda conditio est habenda Siliginis, cuius species in pane praecipue pondere defieitur. Tertium est trimestre, cuius usus gralissimus, nam ubi propter aquas aliamve causam matura satio est omissa praesidium ab hoc petitur. Reliquae Trı- lici species, nisi, si quos multiplex varietas frugum et inanis delectat gloria su- pervacanea. Das letzte Urtheil möchte vielen unsern Landleuten sehr gefal- len. Man hat viel herum gerathen, welcher Weizen Robus, welcher Siligo oder irimestre sei, aber alle Vermuthungen sind nichts als dieses.

Die Geoponica bezeichnen nur Sommerweizen, einen weifsen aıravıos und einen mit schwarzen Grannen, welchen Sprengel für 7r. atratum Host. hält. Aber Tr. atratum ist ein Emmer (T’r.amyleum) und hat schwärz- liche Körner oder vielmehr Spelzen. Hier ist nur von Grannen die Rede. Vielleicht eine Abart von Tr.durum oder turgidum mit schwarzen Grannen.

Die Nachrichten von dem wildeu Weizen in Indien, welche Banks geliefert hat, scheinen mir jetzt sehr zweifelhaft. Mstrs. Barrington gab die Samen unter der Aufschrift Hillwheat Herrn Lambert, dieser Banks, und ungeachtet sie schr klein waren, so war doch die Gestalt völlig die des Weizens. Banks liefs sie säen, und es wuchs daraus wahrer Sommerweizen

über die ältern Geschichten der Getreidearten. 71

auf. Mstrs. Barrington erinnerte sich nur, dafs der Same aus Indien ge- kommen sei. Roxburgh und Wallich haben nichts darüber in der Flora indica. Sie führen den gegrannten Weizen an, mit dem Zusatze: Zwei Va- rietäten werden gewöhnlich gebaut in den innern und nördlichen Theilen von Hindostan während der kühlen Jahreszeit; und eben dieses wiederholen sie bei dem gegrannten Weizen. Es läfst sich also auf jene Nachricht gar keinen Werth legen. Dafür ist mir aber eine andere bisher übersehene Nach- richt zu Gesicht gekommen, welche von gröfserem Werthe scheint. Olivier sagt nämlich in seiner Reisebeschreibung 3. 460., er habe in Mesopota- mien am Euphrat nicht weit von Ana, auch sonst, Weizen, Gerste und Spelz wild gefunden. Diese Nachricht erhält um so mehr Glaubwürdigkeit, da früher ein ausgezeichneter Botaniker, der altere Michaux, den Spelz bei Hamadan in Persien wild fand, also fast unter demselben Grade der Breite (34-35°) und nur mit einem Unterschiede von 8-9 Graden der Länge, wie ich in der ersten Abhandlung angeführt habe. Eine Nachricht erhält durch die andere Zutrauen und Glaubwürdigkeit. Alles stimmt darin überein, dafs diese Gegenden das Mutterland aller Kultur, sowohl der Kultur des Bodens als der Cultur des Geistes sind.

Man könnte gegen diese Angaben, wie gegen viele andere einwenden, dafs die Getreidearten erst an jenen Orten wild geworden wären. Aber sie verwildern nicht leicht, sie finden sich nirgends im wärmern Europa wild, nirgends in Nord-Afrika, wo sie doch seit langer Zeit gebaut werden und wo das Klima ihnen sehr günstig scheint. Auch ist dieses nicht in Süd-Ame- rika der Fall gewesen, wo doch Rindvieh und Pferde sich sehr vermehrt haben; daher scheinen jene Angaben alle Aufmerksamkeit zu verdienen. Das Land, aus welchem die Getreidearten abstammen, ist unstreitig von grofser Wichtigkeit für die Geschichte des Menschen.

Die schwierige Stelle in Theophr. ZZist. pl. 8. 4. 1. habe ich von der Gröfse der Hüllen erklärt, nicht wie gewöhnlich von der Verschiedenheit, welche man im Umschliefsen der Körner bemerkt, indem nämlich oft die Körner von den Spelzen dicht umschlossen werden, wie der gewöhnliche Hafer, die gemeine Gerste, alle Spelz- und Emmerarten, oft aber die Kör- ner nackt ausfallen, wie Weizen, nackter Hafer, nackte Gerste. Die Stelle ist: "Ana Ölxul 5 ud (nämlich mUD0s) &v yırwsı moAAcis. ü de (nämlich 2) Yun, WarıTra yap 2) YUMVOTTEgWATOV Y LS Horvrcrev Öl zal 4 ripn warn

72 Lr.w';x

erden, zul Tavra Ta rolddra Hal MAAITTa Favrav, Ws Eimeiv, 6 Boouss. Die Aus- leger nehmen nun an, die Alten hätten blofs die nackte Gerste gekannt, und darum werde diese Yuuvormeguary genannt. Aber wie der Weizen, der sich grade vom Spelz durch den nackten Samen unterscheidet, mit dem Spelz in die Klasse der Getreidearten kommt, welche viel yırwvas haben, erklären sie nicht. Nimmt man aber mit mir an, dafs die Alten nur auf. die Gröfse der Hülle sahen, so erklärt sich leicht, warum sie Gerste für nacktsamig hielten. Die ersten Kelchhüllen sind sehr schmal und von den Corollen- hüllen oder Spelzen entfernt, so dafs sie also übersehen wurden, und nun hiefs die Gerste nacktsamig. Alle andere Getreidearten, wo die Kelchhüllen nicht allein gröfser, sondern auch näher stehen und die Blüte umfafsten wer- den zu vielhülligen, roAUXsra, gerechnet. Ja Linn& selbst'nannte die Kelch- hülle von Hordeum nur ein involucerum, und es fehlt ihr also der Kelch, der yırav wie die Alten treffend sagten. Nirgends haben sie auch ein anderes Getreide zu den nacktsamigen gerechnet, als Gerste. Schneider hat die- ser Erklärung seinen Beifall gegeben (s. Register). Sprengel sagt bei dieser Stelle: „dafs der Hafer am meisten vielschalig ist wird auch. d.caus. 462. wie- derholt: 78 d’aö eruyirwva evaı nal ra Rocuw waı 77 Leite auußeßnuev. Diese Zusammenstellung mit dem Spelz und kurz zuvor mit dem Aegilops und der Zusatz, dafs die Schalen das Korn lange unverdorben in der Erde erhalten, erlauben nicht roAvVAorss von der Gröfse und Länge des Kelches zu ver- stehen. Es mufs:hier nothwendig eine Art gemeint sein, welche ihre eigen- thümlichen Hüllen behält, und dieses ist nur der morgenländische Hafer oder Fahnenhafer (Avena orientalis Schreb.) der aufser seinen Kelchen noch besondere Corollenbälge hat, welche die Körner einschliefsen, so dafs man diese nicht davon trennen kann. Daher, weil sich diese Art so schwer ab- dreschen läfst, bauen sie unsere Landleute nicht gern, obwohl sie reichlicher trägt und mehr Stroh giebt, als der gemeine Hafer.” Ich weifs nicht was der Verfasser hier meint. Alle Haferarten, ja alle Getreidearten haben Kelche und Corollen, nach Linn&’scher Bezeichnung, und wenn der Fahnenhafer allein nur besondere Corollenbälge hätte, so verdiente er wahrlich eine be- sondere Gattung zu bilden. Auch schliefst.ja bei dem gemeinen Hafer:die Corolle den Samen dicht ein, wie allgemein bekannt ist. Nur beim nackten Hafer sondert sich das Korn von der Corolle. Es ist richtig, dafs der Fah- nenhafer schwerer zu dreschen ist, als der gemeine, aber nicht, weil sich

über die altern Geschichten der Getreidearten. 73

die Corolle schwer vom Korn sondert, denn diese Sonderung findet auch beim gemeinen Hafer nicht Statt sondern weil die Corollenbälge mit dem Samen zugleich sich schwerer von dem Kelche trennen, als beim gemei- nen Hafer.

Sprengel sagt von derselben Stelle: ‚‚Wenn Theophrast hier zuerst die Gerste mit dem Weizen vergleicht, so hat er wahrscheinlich die Him- melsgerste (Hordeum vulgare coeleste) gemeint; denn diese hat ein breite- res Blatt als der Sommerweizen, einen sehr dicken Halm, und die Blätter sitzen bis dicht unter der Ähre. Sie bestaudet sich stark und verliert, wenn sie reift, die einzige Schale, welche das Korn enthält. Diefs erscheint dem Weizen ähnlich, daher man sie an einigen Orten Gerstweizen nennt; der Halm ist steif und brüchig, welches alles man nur bei dieser Abart findet. Wie sie aus der gemeinen Gerste entstanden ist, so geht sie in gutem Boden in die sechszeilige über. Es mufs dieselbe Art sein die man zu Columella’s Zeit baute, weil er (2.9.) nach der Ärnte zu eilen räth, da die nackten Kör- ner sonst ausfallen. Auch Palladius wiederholt diesen Rath mit dem Zusatz: arefactis spicis, womit das Verlieren der in der Reife vertrockneten Gram- men gemeint ist: eine Erscheinung die allein auf diese Abart pafst. Dies ist das yuuvozgıSı der Bewohner von Zante, von denen Sibthorp sagt, es sei destitute of beards (Walpole p.290.) hiemit ist sowohl meine frühere Meinung, dafs die nackte Gerste, eine Abart der zweizeiligen, verstanden werde, wi- derlegt, als auch Links Idee beseitigt, der keine besondere Art Gerste in dieser Stelle angedeutet findet und (S. 125,) die Himmelsgerste für einerlei mit der nackten hält.” Mir ist nicht bekannt, dais diese Abart allein ein breiteres Blatt, als der Sommerweizen, einen sehr dicken, steifen und brüchigen Halm habe, dafs bei ihr allein die Blätter bis dicht unter der Ähre sitzen. Es ist wahr, dafs sie solche Eigenschaften besitzt, aber Hordeum distichum nicht blofs nudum, sondern auch das gemeine, wird eben so hoch und grofs als Hordeum coeleste. Man vergleicht diese Gerste auch mit dem Roggen und der Name ägyptischer Roggen ist bei uns der gemeinste. Dafs sie in gutem Boden in die sechszeilige Gerste übergehen sollte, ist mir ganz unbekannt, doch das gehört nicht hieher. Mit Recht räth Columella mit der Ämnte zu eilen, weil die Körner wie bei allen Gerstenarten sich leicht vom Kelch sondern und abfallen, indem der Kelch oder involuerum Linn. sitzen bleibt. Es ist richtig, dafs an der Himmelsgerste die Grannen

Phys. Klasse 1826. K

74 Lınx

zuweilen abfallen und die Ähre vollkommen wehrlos erscheint, aber wie die- ses in dem arefactis spicis liegen soll, sehe ich nicht ein. Palladius sagt: Nunec prima ordei messts inceipitur quae consummanda est antequam grana are- Jactıs spicts lapsa decurrant, qıwa nullis sieut triticum, Jollieulis vestiuntur. Die Vergleichung mit dem nach unserm Sprachgebrauche bestimmt nacktsamigen Weizen zeigt offenbar, dafs hier von keiner nackten Gerste die Rede sei. Columella sagt: /dque (nämlich ordeum) ubi paullum maturuerit festinantius, quam ullum aliud frumentum (also auch Weizeen), demetendum erit, nam et Jragli culmo, et nulla vestitum palea granum ejus celeriter decidit, üsdemque de causis facilius teritur quam cetera. Den Vorwurf, dafs ich die nackte Gerste mit der Himmelsgerste für einerlei gehalten hätte, mufs ich mir schon gefallen lassen, da ich das Wort oder zweideutig gebraucht habe: nur die Himmelsgerste oder nackte Gerste (Hordeum nudum) und der nackte Hafer machen eine Ausnahme. Aber auf der folgenden Seite heifst es: so dafs also Theophrast und die Römer z.B. Palladius, nur nackte Gestenarten, ge- rade die seltenern Arten oder Abarten gekannt hätten, wo deutlich von mehr als einer Gerstenart die Rede ist.

Ich gehe zu der Abtheilung der Gattung Weizen über, welche da- durch bestimmt wird, dafs die Körner innerhalb der Spelzen eingeschlossen bleiben. Wir nennen sie im Deutschen allgemein Spelz. Auch hierüber sind in neuern Zeiten schätzbare Untersuchungen zur Unterscheidung der Arten und Abarten angestellt worden. T’riieum Zea Host nennen die neuern Schriftsteller 7’r. Spelta, und Z’r. Spelta Host nennen sie Zr. amyleum, und zwar insofern richtig, weil der allgemeine Sprachgebrauch dafür ist, Zr. Zea Host Spelz zu nennen. Tr. Spelta hat entferntstehende, Tr. amyleum dicht- stehende Ährchen. Schübler unterscheidet noch Tr. amyleum in zwei ver- schiedene Arten, in Tr. dicoceum und in Tr. tricoecum nach der Zahl der Körner, welche zur Reife gelangen. Zu diesen kommt noch Tr. monococ- cum Linn., eine Spelzart, welche schlechteres Mehl und geringen Ertrag liefert, aber in sehr schlechtem Boden gedeihet.

In der ersten Abhandlung habe ich gezeigt, dafs die drei Wörter £eı«, oAupa, ripn Spelz bedeuten, dafs zu verschiedenen Zeiten bald dieses, bald jenes von den drei Wörtern das gebräuchlichere war, und dafs nur bei eini- gen Schriftstellern verschiedene Arten dadurch bezeichnet werden. Hierzu einige Bemerkungen.

über die ältern Geschichten der Getreidearten. 75

Das Wort d&@ kommt in der Iliade nicht vor, nur Zeidügss, welches einige daher nicht von jenem Worte besonders, sondern von dem Stamm- worte Leben überhaupt abgeleitet haben, dagegen findet man &rug« an meh- reren Stellen mit Gerste zusammengestellt. Umgekehrt kommt in der Odys- see das Wort eAupa nicht vor, wohl aber Zc@ mit Weizen und Gersten zu- gleich genannt (s, 604.). Man sieht also, dafs schon im frühern Alterthum beide Wörter gleichbedeutend waren, denn dafs in beiden Gedichten Spelz im Allgemeinen verstanden wurde, ist wohl ohne Zweifel. Bekanntlich sind beide Gedichte von verschiedenen Verfassern und zu verschiedenen Zeiten geschrieben, so dafs dieser verschiedene Sprachgebrauch nicht auffallen kann. Herodot sagt bestimmt (L. 2, c. 36., nicht 34., wie in der ersten Abtheilung, mit einem Druck - oder Schreibfehler gesagt wird): Die Ägypter leben von &ruge, welche andere <e&« nennen. Also Ausdrücke verschiedener Provin- zen, wie man noch jetzt in einigen Gegenden Dinkel, in andern Spelz sagt.

In den Hippokratischen Schriften kommt nur Zeı« vor, nicht &Auge, und zwar in dem zweiten Buche über die Weiberkrankheiten, worin über- haupt viele Arzneimittel genannt sind. Spelz wird unter den Getreidearten angeführt, wovon man Krankensuppen (öopnuare) kocht. In dem Buche de diaeta L.2, p. 676. ed. Kühn kommt eine Stelle vor, wo es heifst: # rgu- yıs neuborsga Ugww. Die Wiener Ausgabe von Mack nach einem Wiener Codex hat: ripn nal Zeiw neuborsga rugewv. Foesius übersetzt Z’ragus sive olyra. Unstreitig ist die Wiener Leseart die richtige, denn rguyıs ist kein Wort und rg«yos bedeutet eine Art von Graupen aus Spelz gemacht, wovon hier nicht die Rede sein kann. Kühn hätte in seiner neuen Ausgabe die die Lesart aufnehmen sollen, da sie das Ansehn eines Codex für sich hat.

Theophrast giebt über den Unterschied dieser Pflanzen wenig Aus- kunft. Er nennt alle drei: Zea, Olyra, Tipha, und redet besonders oft von den Verwandlungen dieser Getreidearten in Hafer oder Weizen, und nennt dann gewöhnlich Ze@ und ripn zugleich. Die Hauptstelle findet sich L.8,c.9.5. 2. nach Schneider’s Ausgabe. Es wird dort gesagt, dafs &eı« die meisten und tiefsten Wurzeln, auch die meisten (nach einer andern Lese- art die dicksten) Halme habe. Die Frucht sei am leichtesten und allen Thie- ren angenehm; eAuga sei am weichsten und schwächsten, rip am leichtesten, auch habe sie nur einen Halm (nach einer andern Leseart dünne Halme),

verlange daher auch leichten Boden, nicht wie £e« fetten und guten Bo- K2

76 Lısk

den. Dafs ripn Einkorn (Tritieum monococeum) bedeute, wird aus dieser Stelle wahrscheinlich. "Oorvpa mag in der Mitte zwischen beiden stehen. Man mufs immer bedenken, dafs Theophrast nur ein gelehrter Schriftsteller war, der, ohne die Natur selbst zu beobachten, nur gelehrt zusammenstellte. Dioscorides nennt ribn nicht, wohl aber bezeichnet er das Einkorn mit dee, denn er sagt, einige seien @?4, andere ölxoxzes, also hatte der Name dei« schon eine ungewisse Bedeutung, denn Theophrast versteht darunter eine ganz andere Getreideart, eine Getreideart nämlich, welche einen schweren Boden verlangt, wie Einkorn nicht.

Galen hat eine gelehrte Abhandlung über die verschiedenen Namen dieser Kornart (de alimentor. facultat. L.1, c.13, p.510. ed. Kühn, wor- aus der Druckfehler in der ersten Abhandlung zu verbessern ist). Er führt alle oben erwähnte Stellen der Schriftsteller an, ausgenommen die Iliade; ferner die nicht mehr vorhandenen Werke des Mnesitheus und Diocles. Er sagt, nie habe er ein Land gesehen, worin man £e« oder £eı@ (beides werde gesagt) baue, wohl aber in Thracien und Macedonien eine Kornart, welche ein schlechtes und schwarzes Brodt gebe, Briza genannt. Neuere haben dieses für Roggen gehalten, aber Galen sagt, diese Getreideart sei der Tiphe, einer Spelzart, sehr ähnlich, und das Einkorn giebt ebenfalls ein schwarzes Brodt. In Bithynien baue man eine Kornart, Zeopyrum, gleichsam in der Mitte stehend zwischen Weizen und jener Driza, denn das Brodt übertreffe um so viel das Brodt von Driza, als es dem Weizenbrodte nachstehe. Mne- sitheus, fährt er fort, halte ripn und £Avga für einerlei, aber die erste gebe ein schlechteres Brodt und Mehl als die zweite. Wir schen daraus, dafs die Alten gar nicht mehr recht wufsten, was deı@ war, dafs einige wie Dioscorides Einkorn so benannten, aber das Volk selbst kannte dieses unter dem Namen Baiga. Wie die beiden Arten &ug« und rip verschieden sind, ist schwer zu sagen, aber letztere kann man mit Sprengel für Einkorn annehmen, wie aus der ganzen Untersuchung erhellt. Das Brodt von &Auga ist im Gan- zen besser nach Galen, als von ripr. Der Spelz (7r. Spelta) giebt besseres Brodt als Emmer (Tr. amyleum), das letzte aber weifseres Mehl. Es giebt manche Abarten dieser beiden Spelzarten, so dafs der Versuch einer ge- naueren Bestimmung nur ein Rathen sein würde.

Die Geoponica zeigen (L.3, c.3 und 4, xır.), dafs der Name dsi« da- mals wiederum der gewöhnliche war. Die Zeit wird nämlich angegeben, zu

über die altern Geschichten der Getreidearten. ri

welcher man diese Kornart säen soll. Der Verfasser giebt uns Auszüge aus Varro’s und des Quintilius Schriften, Übersetzungen, wozu man das be- kannteste Wort ohne Zweifel gewählt hat. Auch rYpn kommt dort vor, aber mit v, und nichts über den Unterschied. Dafs Auge damals noch ein ge- wöhnlicher Name war, sucht Sprengel aus L.3, c. 7. gegen mich zu be- weisen (Anm. 3. Theophr. 2, p.289.). Es wird dort umständlich die Berei- tung des xevdpes (alica) aus Weizen gelehrt, und zuletzt wird beiläufig der Bereitung eines %cvögss aus der besten &Avga erwähnt, völlig mit denselben Worten, wie sie in Galen’s oben erwähntem Buche vorkommt.

Zu dem, was über die Gerste gesagt ist, weifs ich nichts hinzuzu- setzen. Dafs Theophrast die einzeilige und fünfzeilige Gerste anführt, zeigt, wie sehr er blofs theoretischen Ansichten folgt, ohne die Natur selbst beob- achtet zu haben. Da immer drei Blüthen auf jeder Seite der Ähre stehen, wovon oft nur einige fruchtbar, die übrigen männlich sind, so kann es nur Zeilen in gerader Anzahl geben, ungerade Zahlen würden ungleiche Sei- ten voraussetzen, welches nur bei Monstrositäten im Organismus der Fall ist. Aufser diesen zählen die Alten noch andere Abarten der Gerste auf, besonders reden sie viel von einer Achilleischen Gerste. Man sehe darüber Schneider zu Theophr. Hist.pl.8.4.2. und Sprengel’s Erläuterungen. Beide enthalten sich einer Bestimmung, welche auch nur ein blofses Rathen sein möchte.

Dafs Gerste auch mit Spelz und Weizen unter den Getreidearten vorkomme, welche Olivier wild am Euphrat fand, ist schon oben gesagt worden.

Von unsern Haferarten ist das Vaterland noch ganz unbekannt. Ich habe gesagt, dafs die Alten den Hafer nur zum Viehfutter gebrauchten, wie auch meistens bei uns geschieht. Indessen mufs ich doch eine hieher gehö- ride Stelle aus Galen’s Buche regl rgoB&v duvan. ed. Kühn p. 322. 323. hieher setzen: ‚Der Hafer ist häufig in Asien und besonders in Mysien über Pergamum, wo auch viel Spelz und Dinkel (ripaı zai oruga) wächst. Er dient zur Nahrung der Lastthiere, nicht der Menschen, wenn sie nicht in Hungerjahren gezwungen werden, daraus Brodt zu machen. Sonst aber ifst man ihn aus Wasser gekocht mit süfsem Wein oder gekochtem Most, oder mit Wein und Honig, wie Spelz (rin). Das daraus gebackene Brodt ist unangenehm zu essen”. Der Bau des Hafers, der im südlichen Europa

73 Lınk

äufserst selten ist, scheint aus jenen Gegenden über das südliche Rufsland, Polen und Ungarn zu uns gekommen zu sein.

Bis jetzt sind mir keine neue Gründe vorgekommen, dafs der Roggen den Alten bekannt gewesen sei. Die Stelle von Secale bei Plinius ist we- nigstens sehr zweifelhaft, wenn ich auch nicht läugnen will, dafs einige An- gaben derselben auf den Roggen passen. Aber was von dem Vaterlande des Roggens gesagt wurde, ist seitdem durch Marschall v. Bieberstein, den Entdecker jener wilden Roggenart, selbst berichtiget worden. Er be- schreibt nämlich im Supplem. Florae taurieo - caucas. p.93. dieses Secale als eine neue Art, Secale fragile. Sie ist seitdem in den botanischen Gärten nicht selten, und auch in Podolien und Volhynien bei Charkow gefunden worden. Der wichtigste Unterschied von dem gebaueten Roggen besteht darin, dafs die Spindel der Ähre sich von den Knoten leicht trennt, ein Umstand, der das Dreschen unnütz machen würde. So sind wir also in Rücksicht auf das Vaterland des Roggens wiederum in die vorige Unwissenheit zurück- gebracht.

Ich bemühte mich, heraus zu bringen, ob zeyxgos oder eruucs der Griechen, Panicum italicum oder miliaceum sei. Ich gestehe, dafs ich zu viel auf die Stelle beim Theophrast rechnete, in welcher von kleinen Samen geredet und allein z&y%,g05 genannt wird. Ich setzte voraus, dafs Panicum italicum oder germanicum den Alten müsse bekannt gewesen sein, welches doch nicht nothwendig ist. Es scheint mir jetzt, dafs man den Angaben der alten Schriftsteller geradezu folgen müsse, ohne durch Veränderungen des Textes eine Neue herauszuzwingen. Nun ist es eine bestimmte Angabe von Theophrast, wenn er sagt, der Reis bilde keine Ähre, sondern eine Rispe wie z&yxgos und &ryacs. Meine Vermuthung, dafs dieses letztere Wort eine Glosse sei, ist nicht erwiesen. Die Behauptung beim Dioskorides, dafs HEyY‚go5 mehr Nahrung gebe als &rvass, welche ich durch eine Behauptung zu beseitigen suchte, es müsse ein Fehler im Text sein, finde ich jetzt durch Galen’s Zeugnifs bestätigt (de aliment. facult. ed. Kühn, p.523.) welcher sagt, r&yygcs sei zu Allem besser &Ayuos oder nerwes auch nern genannt. Also beide waren ein Panicum mit einer Rispe, entweder beide Abänderun- gen von Panicum miliaceum, oder eine derselben eine jetzt unbekannte nicht mehr gebauete Art. Da dieser aber das einzige Beispiel von einer Getreide- art sein würde, welche die Alten gebauet hätten, ohne dafs sie auf uns ge-

über die ältern Geschichten der Getreidearten. 79

kommen wäre, so scheint wir die erste Vermuthung wahrscheinlicher. Wir haben auch verschiedene Abarten, sowohl in der Gröfse der Körner, als auch vorzüglich in der Farbe, indem einige goldgelb, andere beinahe schwarz sind. Panicum italicenm oder germantcum kannten also die Alten vermuthlich nicht, eben so wenig als den Roggen und verschiedene Arten von Hafer.

Panicum italicum, unsere kleine Hirse oder Fennich wird in Indien viel'gebauet, aber Roxburgh (Zor. ind. ed. Wallich. 1,303) sah sie nir- gends wild. Der Sanskritname ist (177) Aangu oder kongu. Loureiro (Flor. cochinch. 1,58.) sagt, dieses Gras wachse in Cochinchina, aber er setzt nicht bestimmt hinzu, ob wild oder nur gebaut. Auch von P.muliaceum, sanskrit. (erferiz) Früschibheda oder Anu giebt Roxburgh das Vaterland nicht an (S.312.): sondern nennt es blos ein gebauetes Gras. Roth (For. ind. p.50.) sagt, er habe eine Abart mit zarter Rispe und spitzigen Blüten aus Sumatra von Heyne bekommen, aber es ist sehr zweifelhaft ob diese Pflanze nicht zu einer besondern Art gehört. Loureiro versetzt es nur nach China. Ferner wird P.miliare Lam. (Nila schama Tel.) in Indien gebauet und der Same, besonders von den Bergbewohnern gegessen, aber wild sah es Roxburgh (l.e.311.) auch nicht. Es ist ein wahres Panicum. P.frumentaceum (schyamaka sankr. Schama beng.) wird ebenfalls in Östindien viel gebaut, auch nie wild ge- funden (Roxb. 2.c.307.). Es gehört zur Gattung Zchinochloa. Andere indische Getreidearten sind: P. aspalum scrobiculatum (Koradusha sanskr. Rodu beng.) wird auf Bergen und unfruchtbaren Stellen gebauet und häufig gekocht ge- gessen, wo es, wieRoxburgh (£.c.281.) sagt, eben so gut als Reis schmeckt. Das Vaterland giebt Roxburgh nicht an. Eleusine coracana (Ponacra oder Solu teling Murna beng.) wird manchmal bei Regenzeit gehaut und Rox- burgh sah es anch nie wild (2.c.343.) Ehrenberg sah dies Gras auch in Abessynien, aber nirgends Poa abessinica gebauet.

Gegen meine Behauptung dafs Roruegev beim Strabo (L. 15, 694.) die Sorghohirse Sorghum vulgare oder ein ähnliches sei, äufsert sich Sprengel in den Erläuterungen zum Theophrast 8.307. „Dafs dieses (nämlich Sorghum) auch Resuögov sei, dessen Onesikratos erwähnt, dafs es in Mesopotamien wachse und kleiner sei als Weizen, ist nicht zu glauben. Weder das Korn der Durra noch der Halm sind kleiner als Weizen.” Dagegen hält Sprengel an derselben Stelle den baktrischen Weizen beim Herodot (L. 1, c. 193.) mit Körnern von der Gröfse einer Olive, wiederholt für Sorghum. Aber ich

80 Lısk&k

wiederhole es ebenfalls und berufe mich auf die Vergleichung, dafs ein Wei- zenkorn bedeutend gröfser sei als ein Korn von Sorghum vulgare. Übrigens finde ich in Strabo, dafs Qesacgev in Indien wachse, nicht in Mesopotamien, auch sagt er nirgends dafs der Halm kleiner sei, als ein Weizenhalm, son- dern es ist nur von der Frucht die Rede. Gebauet werden in Östindien nach Roxburgh a.a.O. 272.273 fg. folgende Arten von Sorghum, S.vulgare (Dschuar beng. Tella oder Konda teling) S. bicolor (Kala deocham beng., Kala dschuar hind. Muka dschänu tel.) und S. saccharatum (Deo-dhan beng.), wo- zu noch eine verwandte Gattung S.cernuum kommt, welche besonders die Bergbewohner von Munipore bauen. Zuletzt Penieillaria spicata (Bajea hind. Pedda gantae tel. und gantılos). Alle diese sah Roxburgh nie wild.

Wohl aber ist der Reis, von Theophrast schon als eine indische Ge- treideart sehr kenntlich beschrieben, eine noch jetzt in Ostindien wilde Pflanze. Da von Roxburgh’s Flora die Klasse Yexandria noch nicht her- ausgegeben ist, so müssen wir uns an das Wildenowsche Herbarium halten, In diesem machen überhaupt die von Klein und John, zwei dänischen Missionarien, besonders die von dem ersten gesammelten Pflanzen eine der schätzbarsten Sammlungen. Hier finden sich nun mehrere Exemplare mit folgendem Zettel: Oryza fatua, Sennel tamul. Sponte crescit, a quibusdam comeditur incolisque affertur. Klein. Andere mit folgendem: Oryza spon- tanea frequentissima in maritimis et profundis stagnis. Dieses bezieht sich auf die Gegend von Trankebar, woher Klein die Pflanzen schickte, und über- haupt auf die südliche Küste von Coromandel. Ich habe diese Exemplare mit Exemplaren von gebauetem Reis von Damiate verglichen, und finde nicht den geringsten botanischen Unterschied. Beide gehören zu den Abänderun- gen mit langen Grannen. Der wilde Reis hat etwas mehr braune Knoten, die Haare am Knoten unter der Rispe sind etwas, doch kaum eine halbe Linie, länger, die Rispe ist dünner, und mehrere Blumen haben keinen Sa- men angesetzt, die Verbindungsstelle der Grannen ist etwas mehr braun. Sonst stimmen sie bis auf die geringsten Kleinigkeiten mit einander überein. Von allen Getreidearten sind diese die einzigen von wilden Pflanzen gesam- melten Exemplare, denn soviel ich weifs, haben Olivier und Michaux von dem wilden Weizen, dem wilden Spelz und der wilden Gerste keine Exem- plare gesammelt, oder sie sind nicht mehr vorhanden. Dafs man den Reis den Göttern darbringt, scheint ein Denkmal der Dankbarkeit für dieses zum

über die ältere Geschichte der Getreidearten. S4

Lebensunterhalte in jenen Gegenden nothwendigen Getreide. Aus Indien verbreitete sich der Reis ohne Zweifel nach Vorderasien, Afrika, Europa und Amerika, von der andern Seite vielleicht ist er auch in Hinterindien wild nach China, wohin er seinen Weg vermuthlich mit der Buddhareligion fand, gekommen.

Loureiro (Fl. cochinch. 1. 267.) giebt verschiedene Arten von Reis an, die allerdings so verschieden scheinen, wie Tritieum commune, durum und turgidum. Dafs wir sie in unserm System der Naturbeschrei- bung vorläufig als neue Arten betrachten müssen, scheint wohl ausgemacht, aber nichts hindert uns, sie in der Naturgeschichte anf einen Stamm zurück- zuführen.

Da nun aber der Reis als ein wirklich noch im wilden Zustande vor- handenes Getreide erwiesen ist, so entsteht die Frage, wo sind die übrigen indischen Getreidearten, zu Panicum, Paspalum, Eleusine, Sorghum und verwandten Gattungen gehörig, ursprünglich einheimisch. Den östlichen Theil der Halbinsel kennen wir durch Roxburgh und die Missionarien ziemlich gut, Bengalen, die Circars, Coromandel, aber den westlichen sehr wenig, fast gar nicht in botanischer Rücksicht. Die Gegenden am In- dus, das Land der Seiks mit Kabul, die Staaten der Maratten, gehören zu gen in die- sem Theile, sogar die Gegend von Bombay hat dem Pflanzensystem äufserst

den wenig bekannten Ländern und selbst die englischen Besitzun

wenige Beiträge geliefert. Dort mögen die indischen Getreide noch wild sein. Einige derselben, wie die Hirse, Panicum miliaceum, haben sich schon im Alterthum nach Europa verbreitet, viele nach Afrika, die Sorghumarten und Zleusine coracana, nur wenige sind nicht über Indien hinausgegangen, wie Panicum muiliare, frumentaceum, Paspalum scrobiculatum. Nach Europa, Vorderasien und Afrika konnten sie vom nördlichen und westlichen Indien am leichtesten gelangen.

Die indischen Getreidearten machen die eine Klasse aller Getreidear- ten aus, die zweite mögen wir die persische nennen, Weizen, Spelz, Gerste. Roggen und Hafer sind die nordischen, von unbekanntem Vaterlande, viel-

"leicht aus dem nördlichen Theile von Kleinasien, Armenien und dem west- lichen Kaukasus, den Europäern noch immer sehr wenig bekannten Ländern. Der Mays ist allein amerikanisch, aber noch nirgends wild gefunden. Aber

Phys. Klasse 1826. L

82 Lıwx über die ältere Geschichte der Getreidearten.

da ihn die westlichen Völker bauen, welche erst in den neuesten Zeiten den Europäer oder Amerikanern bekannt geworden sind, so möchte wohl auch dort die Heimath dieses Getreides zu suchen sein. Alle amerikanische Tra- dition zeigt nach Westen oder Nordwesten, als dem Mutterlande auch der

Menschheit.

——— III

Über das Fehlen einzelner Theile in sonst ausgebildeten Organismen. Von H=- K. A. RUDOLPH.

wu

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 20.Julius 1826.]

D. Beobachtungen der älteren Schriftsteller über die pathologische Ana- tomie sind uns gröfstentheils unbrauchbar, und es konnte wohl nicht anders sein, da sie keine genaue Kenntnifs des natürlichen Baues, und vorzüglich seiner vielfältigen Abweichungen besafsen. Bei der seltenen Gelegenheit, menschliche Leichname zu zergliedern, fehlte ihnen die gehörige Ver- gleichung: ibre Angaben sind daher nie genau. Der Aberglaube und der damit verbundene Hang zum Wunderbaren vermochte sie auch nicht selten, etwas zu übertreiben, oder unpassende bildliche Ausdrücke davon zu ge- brauchen. Wenn z.B. ein Kind mit einem Hechtskopf, mit einem Hasen- kopf oder dergleichen beschrieben ward, so lag ein so geringer Schein einer entfernten Ähnlichkeit darin, dafs man sich jetzt schämen würde, so etwas zu erwähnen.

Es ist aber auch bei den Neueren häufig die Untersuchung flüchtig genug geführt worden, und die gewöhnlichen Leichenöffnungen der in der Privatpraxis oder in clinischen Anstalten verstorbenen Personen werden meh- rentheils zu obenhin gemacht, um wirklichen Gewinn geben zu können.

Wenn man daher die Beobachtungen der Schriftsteller an einander reihen will, so ist nichts nothwendiger, als die Fälle kritisch zu würdigen, um das Unbrauchbare zu entfernen:

Ich bin durch nichts so sehr hiervon überzeugt geworden, als durch die genauere Erforschung des angeblichen ursprünglichen Mangels einzelner Organe in sonst ausgebildeten Körpern. Dieses mufs man nämlich unter-

scheiden, denn in Misgeburten fehlen oft ganze Systeme von Organen, oder L2

54 Ruvpvouruı über das Fehlen einzelner Theile

mehrere Organe zugleich: davon ist hier aber nicht die Rede, sondern nur von den Fällen, wo in sonst ausgebildeten Organismen einzelne Theile feh- len sollen.

Am häufigsten hat man von dem Mangel einer Niere gesprochen: ich bezweifle aber schr, dafs jemals ein solcher Fall stattgefunden hat. Wenn ältere Schriftsteller zwei zusammengewachsene Nieren als eine betrachteten, so kann das gar nicht hieher gehören, denn die flüchtigste Untersuchung zeigt darin zwei Nierenbecken und Harnleiter, so wie doppelte Blutgefäfse, also wirklich zwei, nur mehr oder minder verschmolzene Nieren.

Man findet aber zuweilen wirklich nur eine Niere vor, und hier be- darf es der näheren Untersuchung. Noch in dem verflossenen Winter fand sich auf dem anatomischen Theater in einer weiblichen Leiche nur eine Niere, und Alle sagten, die andere fehle. Ich verwiefs aber auf die genauere Prä- paration, und da zeigte sich ein Körper, der für sich unkenntlich gewesen wäre, der sich aber durch die theilweise erhaltene und an ihn hangende Ne- benniere auf das Bestimmteste als eine durch Eiterung zerstörte Niere auswies. In ein paar andern Fällen fand ich die angeblich fehlende Niere als einen kleinen verkrüppelten Körper, das eine Mal kaum so grofs, als eine Hasel- nufs, das andere Mal etwas gröfser, allein viel tiefer, als die Niere sonst zu liegen pflegt. Die zu diesen Körpern besonders gehenden Arterien und die durchgeschnittene Substanz liefsen keinen Zweifel. Einmal fand ich bei einem neugebornen Kinde weder Nieren noch Nebennieren, allein bei nä- herer Untersuchung zeigten sich an beiden Seiten der grofsen Gefäfse ziem- lich symmetrische Haufen von Hydatiden, die ungefähr den Durchmesser einer halben Linie hatten, in welche jene Organe umgewandelt waren. Vor nicht langer Zeit beobachtete ich bei einem Kinde auf der rechten Seite eine grofse Nebenniere und eine kleinere Niere; auf der linken Seite war die Ne- benniere noch viel gröfser, und die Niere schien zu fehlen; es fand sich aber statt ihrer ein erbsengrofser Körper, der also in seiner Entwicklung schr früh stehen geblieben war. Diefs konnte der ursprüngliche Fehler sein, und die offenbar den Nieren sehr analoge Nebenniere sich deswegen so wi- dernatürlich vergröfsert haben; es war aber auch möglich, dafs die zu rasche Vergröfserung der Nebenniere die Entwickelung der Niere verhindert hatte. Für beide Möglichkeiten finden sich leicht Beweise. Wenn ein Backenzahn bei Thieren mit zusammengesetzten Zähnen abbricht, oder sonst krankhaft

in sonst.ausgebildeten Organismen. 85

zerstört wird, so verlängert sich leicht der ihm entsprechende Zahn des an- dern Kiefers und wächst in die Lücke hinein. Umgekehrt, wenn Eingeweide bei einem Foetus vorgefallen sind, so wird die Extremität, welche daneben hervorgehen soll, leicht verkrüppelt und klein, weil sie nicht Platz zur Ent- wicklung findet.

Wenn also, um zu den Nieren zurückzukehren, von dem Fehlen einer derselben die Rede ist, so kann nur dann darüber entschieden werden, wenn die Bauch - und Beckenhöle genau untersucht sind, ob hier nämlich ein Kör- per liegt, der für eine durch Krankheit zerstörte, oder früh verkrüppelte Niere gehalten werden mufs, und ob Gefäfse da sind, welche den Nierenge- fäfsen und Ureteren entsprechen. Auf ähnliche Weise sieht man, wenn nur eine Lunge vorhanden ist, dafs die andere nicht ursprünglich gefehlt hat, sondern nur durch Krankheit zerstört ist, weil die eingeschrumpften Lun- gengefäfse noch vorhanden sind; doch ist hier freilich auch die Vergleichung der beiden Seiten der Brusthöle beweisend (!).

In Ansehung der Nebennieren will ich noch bemerken, dafs ich die Angabe der Schriftsteller, dafs bei kopflosen Misgeburten die Nebennieren fehlen, ‘nicht bestätigt gefunden habe. Unser Museum besitzt drei der- gleichen wahre Acephali. In zweien derselben sind beide, und in dem drit- ten eine Nebenniere vorhanden. Bei den Halbköpfen finde ich aber auch die Nebennieren sehr klein, und einmal habe ich sogar bei einem solchen beide vermifst.

Sehr häufig hat man von der Gallenblase behauptet, dafs sie ursprüng- lich gefehlt habe: ich bin aber sehr mistrauisch dagegen. Mehrere Male habe ich schon keine Gallenblase gefunden, allein ohne Ausnahme deutliche

(') Spätere Anmerkung. Im November 1823. fand sich auf dem anatomischen Theater dem Anscheine nach nur eine Niere in einem weiblichen Körper. Den rechten nor- malen Nierengefäfsen schienen keine auf der linken Seite zu entsprechen, es war nämlich keine Arteria renalis sinistra vorhanden, und die linke Fena renalis nahm nur die Ne- bennieren- und Saamenvenen auf. Bei genauer Untersuchung zeigte sich aber auf der rech- ten Seite über einen Zoll unter der ausgebildeten Niere ein länglicher Körper, der etwa anderthalb Zoll lang, zwei bis drei Linien breit und eine dick war; zu ihm ging eine ei- gene Arterie aus der Aorta und ein bandförmiger Ureter ging zur Harnblase. Die Substanz des Körpers war sehr weich und zeigte keine deutliche Organisation. Offenbar war diefs also eine verkrüppelte Niere, und ohne genaue Untersuchung konnte man bei dem Mangel der Nierengefäfse an der linken Seite sie schr leicht für fehlend halten.

86 Rvupovpur über das Fehlen einzelner Theile

Spuren ihres früheren Daseins; nämlich Überreste des Gallenblasengangs, und an ihrer Stelle selbst eine verhärtete Masse, wenn auch nur geringen Umfangs. Man weils aber auch, wie häufig Leberbeschwerden sind, und wie leicht sich Leberabscesse in den Queergrimmdarm öffnen, so dafs die Entfernung der kranken Gallenblase leicht zu erklären ist. Ein neuerer Schriftsteller, Fr. Guil. Hnr. Trott (de vesicula fellea specimina duo. Erlang. 4522. 4. Il. p.12.) sagt, dafs er zwei Fälle von ursprünglichem Mangel der Gallenblase kenne, die er näher zu beschreiben versprochen hat. Allein dies ist nicht geschehen, und bis dahin bleibe ich im Zweifel. Bei Vögeln sollen öfters Fälle vorkommen, wo die Gallenblase fehlt, allein jenes sind gerade Thiere, bei denen die Leber so leicht krank wird, und wenn Trott (a.a. ©.) sagt, dafs Perrault unter sechs Exemplaren der numidischen Jungfer (Ardea Virgo) bei zweien keine Gallenblase gefunden habe, so ist das falsch; Perrault spricht blos von ihrer kranken Leber. Von den Perlhühnern dagegen sagt Perrault allerdings, dafs er unter zehn Exemplaren bei einigen keine Gallenblase gefunden habe, giebt aber aus- drücklich an, dafs die Leber zugleich sehr krank war, wie sie es denn bei den hühnerartigen Vögeln bekanntlich sehr leicht wird. Diese Fälle sagen also gar nichts. Es ist bei Vögeln eine grofse Thätigkeit in der Gallenblase, so dafs in ihr und ihrem Gange zum Darm deutliche Bewegung statt findet; ein so wesentlicher Theil wird daher, ohne durch Krankheit zerstört zu sein, schwerlich so oft fehlen (!).

Die Hoden habe ich niemals fehlen, allein ein paar Mal auf das Äus- serste verkrüppelt gesehen. In dem einen Falle, bei einem ausgewachsenen Mann, lagen sie im Hodensack, waren aber, wie auch die Ruthe, nur so grofs, wie bei einem neugebornen Kinde. In dem andern Falle, bei einem

(‘) Spätere Anmerkung. Im Winter 1827. habe ich einen Fall zu untersuchen Ge- legenheit gehabt, der hier eine passende Stelle finden wird. Es ward ein Knabe anscheinend gesund geboren, bekam aber nach zwei Tagen die Gelbsucht und starb mit acht Wochen. Hier fanden sich eine sehr kleine zusammengeschrumpfte Gallenblase, der Gallengang wie gewöhnlich, und auch Lebergänge; allein kein Ductus choledochus; der Lebergang, wo er mit ihm zusammenmünden sollte, endigte sich stumpf und dick und am Zwölffingerdarm war auch nichts von ihm zu sehen. Ursprünglich hatte er aber schwerlich gefehlt, da die Stelle, wo er entspringen sollte, so widernatürlich verdickt war. Eine Abbildung des Präpa- rats findet sich in C. Fr. Jul. Donop Diss. de Ictero Neonatorum Berol. 1828. 4.

in sonst ausgebildeten Organismen. 87

achtzigjährigen Greise, war der Hodensack leer, und die Hoden lagen am Schaamberge aufserhalb des Bauchrings. Der eine war so grofs, wie bei einem neugebornen Kinde, der andere war aber nur ein Klümpchen dichtes Zellgewebe, doch waren bei beiden die Samenleiter und Samengefäfse vor- handen. In diesen Fällen war es gewils Mangel an Entwicklung. Interes- sant ist aber Larrey’s Beobachtung, dafs bei mehreren Soldaten in Ägyp- ten durch den Genufs des mit narcotieis vermischten Brantweins die Hoden schwanden und zugleich ein Schwachsinn eintrat. Würde das letztere bei einer Verkleinerung des Hoden gefunden, so wäre es wohl ohne Weiteres ein Zeichen dafs sie krankhaft verkleinert wären, denn die Sympathie zwischen den Geschlechtstheilen und dem Gehirn, vorzüglich dem kleinen Hirn, ist aufserordentlich grofs.

Walter (Museum Anatomicum p. 112. n. 775.) führt ein Präparat weiblicher Geschlechtstheile auf, woran der rechte Eierstock fehle. Allein ich habe das Präparat untersucht und der Eierstock fehlt nicht; nur liegt er an einem langen Zigamentum ovarı weiter von der Gebärmutter entfernt, als gewöhnlich, und wird von dem Ende der Fallopischen Röhre umgeben, wie es mehrentheils bei den Thieren geschieht. Der linke Eierstock ist von na- türlicher Gröfse, der rechte aber nur wenige Linien lang, hat aber nicht die lange cylindrische Gestalt, wie bei dem Embryo, sondern ist elliptisch, hat sich also verändert, hat die Gestalt angenommen, die er haben sollte, ist aber viel zu klein geblieben, woran wohl die Entfernung von der Ge- bährmutter und der daher verminderte Andrang des Bluts schuld war.

Unter den Gefäfsen giebt es tausendfache Abweichungen, da ein Or- gan von verschiedenen Seiten sein Blut empfangen kann. Es schliefsen sich zuweilen krankhaft Gefäfse;; es sind zuweilen Gefäfse krankhaft unentwickelt, allein sie fehlen nicht.

Unter den Muskeln habe ich unzählige Male überschüssige oder ver- doppelte gesehen; wesentliche habe ich dagegen nie fehlen, nur kleinere Spannmuskeln einiger Sehnenhäute, den pyramidalis abdominis, den psoas minor, den plantaris, den palmaris. Ihre Sehnenhäute fehlen auch nicht. Wenn der palmarıs longus öfters fehlt, so ist das Gegentheil mit dem planta- ris brevis der Fall, den ich nur ein einziges Mal und zwar an beiden Händen habe fehlen sehen; dafür nahm aber die verstärkte aponeurosis palmarıis den ganzen Raum ein, den er hätte ausfüllen sollen. Der plantaris longus hat

88 | Buvorrumi über‘ das Fehlen einzelner Theile

bei uns wenig Thätigkeit; eben so der psoas minor und der pyramıdalis, den letzteren besitzen nur wenige Thiere; dafs es nur ein Spannmuskel ist, ist klar, denn ich habe ihn bei der Hyäne und bei dem Eisbären, zwar in der Scheide der geraden Bauchmuskeln, allein nicht innerhalb sondern an der äufsern Seite der leiztern gefunden. _Zuweilen fehlt ein Geminus, dann ist der andere gewöhnlich gröfser.

Im Gehirn sollen ein paar Male Theile gefehlt haben, allein kein ein- ziger Fall der Art ist gehörig erwiesen. Die Zirbeldrüse z.B. ist von un- geübten Händen sehr leicht mit den sie umgebenden Gefäfsen wegzunehmen ; wenn also von ihrem Mangel so obenhin gesprochen wird, so ist gar nichts darauf zu geben. Eben so wenig auf den angeblichen Mangel der durchsich- tigen Scheidewand, die wegen ihrer Zartheit, besonders wenn Wasser im Gehirn ist, oft bei aller Sorgfalt zerreifst, und dann zu fehlen scheint. Sie greift so wesentlich in den Gehirnbau des Menschen und der Säugthiere ein, dafs ich mir die Gehirnbildung bei ihrem Mangel gar nicht vorzustellen wüfste. Etwas ähnliches gilt wohl vom Corpus callosum, welches ich tief eingerissen gesehen habe; Reil soll es einmal vermifst haben; es war auch ein angeb- liches Präparat davon in dessen Nachlafs vorhanden, woran ich aber nichts habe erkennen können. Ich habe wohl das hintere Horn der Seiten - Hirn- hölen kleiner, habe die Zirbeldrüse voll Wasser u.s. w. gesehen, allein nie etwas fehlen.

Nerven der Haut, der Muskeln u. s.w. fehlen nie, ohne sie wäre jener Leben undenkbar.

Was dagegen allerdings zuweilen fehlt, sind’ die Sinnesorgane, und dann auch ihre Nerven, Muskeln u.s. w.

1. Von mangelnden Zungenwärzchen an einer menschlichen Zunge in des verstorbenen Bonn’s Kabinet erzählt Sömmerring; wie sich der Geschmacksnerve dabei verhalten hat, ist aber nicht bekannt.

2. Von den mangelnden Geruchsnerven bei einem Menschen, der nichts roch, erzählt Rosenmüller ein Beispiel; ich habe vor ein paar Jahren das Präparat in Leipzig untersucht, und mufs gestehen, dafs ich nicht blos die Geruchsnerven am Gehirn vermifste, sondern auch deren Ausbrei- tung an der Scheidewand, deren Haut zurückzulegen mir erlaubt ward.

Wir besitzen ebenfalls ein solches Präparat, jedoch ohne zu wissen, ob der Mann, von dem es ist, riechen konnte oder nicht. Knape wollte

in sonst ausgebildeten Organısmen. s9

das Gehirn zur Demonstration gebrauchen, und wie er die seltene Misbil- dung fand, rief er mich mit seiner gewohnten Güte herbei und schenkte mir den Kopf für das Museum. Auf der einen Seite ist der Geruchsnerve etwa einen halben Zoll lang und hört dann spitz auf; auf der andern fehlt er ganz, doch sind ein paar seiner Wurzeln vorhanden. In der Nasenhöle ist keine Spur von den Zweigen der Geruchsnerven.

Ein Mangel der Augen ist so gar selten nicht. Ich habe einmal bei einem neugebornen Kinde das rechte Auge mit allen äufsern und innern Theilen, mit dessen Muskeln, Nerven, ja selbst mit der Augenhöle fehlen sehen, so dafs die Haut an der Seite glatt von der Stirn zur Wange lief, und habe den Fall in den Schriften der Königl. Akademie ausführlich be- schrieben. Ein andres Mal vermifste ich bei einem neugebornen Kinde beide Augäpfel, allein alle üufseren Theile, Augenbrauen, Augenlieder u.s. w. waren vollständig ausgebildet, so dafs Malacarne’s Eintheilung der zu den Augen gehörigen Theile in mehrere Systeme dadurch sehr wohl erläutert ward.

Bei den Taubstummen ist gewöhnlich nur ein Fehler in der Pauken- höle wahrzunehmen, es kann aber auch das ganze Labyrinth fehlen, wie ich selbst beobachtet habe, so dafs der Felsentheil des Schlafbeins sehr. ge- schwunden war.

Beiläufig will ich hier bemerken, dafs es doch nicht so gleichgültig ist, wenn sich Personen mit mangelnden Sinnen heirathen, wie Manche ge- glaubt haben. Hier in Berlin ist ein Fall beobachtet, wo ein Tauber eine Hörende geheirathet hat: die in dieser Ehe erzeugten Knaben sind sämmt- lich taubstumm, während die Mädchen gut hören. Aus Nordamerika ist ein Fall erzählt, wo in einer Familie die Blindheit viele Mitglieder mehrere Generationen hindurch in einem gewissen Alter betroffen hat. Es geht hier sogar in das Allerspecielleste. Bloch erzählte von einer hiesigen bürger- lichen Familie, bei der eine Spaltung der Iris und eine Cataracta centralis erblich sei; ich kenne hier noch ein Mädchen aus einer späteren Genera- tion dieser Familie, das auf beiden Augen mit demselben Übel behaftet ist. Wir sehen ja auch den Mangel des schwarzen Pigments der Augen sich bei Thieren, z.B. den weifsen Mäusen und Kaninchen, auf das leichteste fort- pflanzen.

Phys. Klasse 1826. M

90 Rvvounrnı über das Fehlen einzelner Theile

Vielleicht eben wegen der starken Sinneseinwirkung die leichte Fort- pflanzung der Krankheiten der Sinnesorgane, und daher ihr häufigeres Vor-

kommen.

Stellen wir also zusammen, was im Einzelnen zuweilen fehlt, so sehen wir, dafs es im Ganzen nicht viel ist, und man kann es vielleicht unter fol- gende Punkte zusammen fassen:

Erstlich, wo ein krankhafter Zustand gleich in dem ersten Ent- wickeln desselben bei dem Embryo daran schuld war.

Meckel nimmt alles Mehrfache für vergröfserte, alles Fehlen für verminderte Energie, allein davon wissen wir nichts. Er glaubt nämlich mit C.F. Wolff, dafs doppelte, vereinigte Früchte von einem Keim aus, durch vermehrte Kraft doppelt ausgebildet sind, allein das ist leicht zu widerlegen. Zwei, drei Keime können bei der Empfängnifs successive, wenn auch in der schneilsten Folge, jeder für sich entstehen und getrennt bleiben, können aber auch in demselben Moment und so zugleich hervor- gehen, dafs die Keime sich wechselsweise durchdringen, und nun von diesem, von jenem Punkt aus, ihre Systeme gemeinschaftlich auseinander stralen. Zu- weilen ist das Gehirn, das Rückenmark, das Herz und die Gefäfse von einem Theil ausgehend ; zuweilen hängen nur Foetus am Kopf zusammen, so dafs sich blos die Kopfknochen und die Gehirnhäute vereinigt zeigen, die Ge- hirne und die grofsen Gefäfse aber in keinem Punkte zusammenfliefsen ; zu- weilen ist der unterste Theil des Rückenmarks bei den Kindern ganz allein gemeinschaftlich, alles Übrige aber getrennt. Wolff und Meckel hatten nur solche Fälle vor Augen, wo beide Foetus mit einem gemeinschaftlichen Nabelstrang versehen waren, allein sobald sie nicht mit der Bauch-, sondern mit der Rückenseite verschmolzen sind, so hat jedes Kind seinen eigenen Nabelstrang. An drei unter einander verschmolzene Foetus dachten sie nicht, sonst möchten sie wol die Theorie noch weniger angenommen haben.

Hier ist also von keiner gröfseren Energie die Rede, so wenig als von einer geringeren bei dem Mangel eines Theils. Oft sind Kinder auf das Kräf- tigste ausgebildet, allein ein ganzer, ein halber Arm, ein Paar, alle Extre- mitäten fehlen. Hier ist wahrscheinlich die Vegetation durch das gestört, was bei dem Foetus am allerfeindlichsten einwirkt, namlich durch Überfül- lung mit Blut. Die Regeneration wird nicht durch schwächere Reaction

in sonst ausgebildeten Organismen. 94

verhindert, sondern durch stärkere, daher bei kaltblütigen Thieren Regene- rationen, die bei warmblütigen unmöglich sind.

Zweitens. Es ist aber auch sehr wohl möglich, dafs der Keimstoff bei der Empfängnifs nicht Alles enthält.

Aus eben dem Grunde sind auch einzelne Theile, besonders bei Zwil- lingsgeburten, überschüssig vorhanden, und Acephali werden wohl selten allein geboren. Ich habe in den Schriften der Akademie einen Fall beschrie- ben, wo neben zwei völlig ausgetragenen Kindern ein blofser Kopf geboren ward; Ruysch (Thesaurus IX. n. XXIV.) erzählt einen Fall, wo am Mut- terkuchen eines ausgetragenen, starken Kindes, ein einzelner Fufs an einer Fettgeschwulst hing, und im Grunde gehören alle die häufigen Fälle hieher, wo sonst wohl und vollständig ausgebildeten Kindern einzelne überschüssige Theile anhängen. Es war in solchen Fällen mehr Keimstoff vorhanden, als zu zweien, allein nicht genug zu dreien; mehr als zu einem, aber nicht genug zu zweien u. s. f.

Übrigens will ich zum Schlusse bemerken, dafs die Theorie, welche kürzlich Serres in seiner vergleichenden Anatomie des Gehirns aufgestellt hat, die Entstehung und den Mangel der Theile um nichts besser erkläre, als die früher gewöhnlich angenommene. Statt dafs man sonst die Bildung vom Centrum annahm, glaubt Serres, dafs sie von der Peripherie ausgehe und nach dem Centrum dringe. Jede Regeneration aber spricht gegen ihn, so wie die frühere Bildung des Stammes, die spätere des Kopfs, der Extre- mitäten, und dieser im Einzelnen ganz vom Centrum aus. Gegen die frühere Theorie spricht das Ausgebildetsein vieler Organe, während die Central- organe frühzeitig krankhaft fehlten, z. B. das Vorkommen der Nerven in allen Theilen, bei gänzlichem Mangel des Gehirns und Rückenmarks.

Ich habe daher in allen Theilen des Centrums, wie der Peripherie, nach Maafsgabe des Zeitpuncts ihrer Entwicklung, die Entstehung an jedem Orte als primitiv, oder durch Zeit und Ort als nothwendig bedingt, ansehen zu müssen geglaubt, und finde gegen diese Theorie bis jetzt keine entkräf- tende Gründe.

————— nn

&

Weiterer Verfolg des Lehrsatzes über die Theilung des Dreiecks ©.

‚Von

Hm "WEISS.

maumnnrveninven

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 13. Juli 1826.]

Fernere Lehrsätze über das Dreieck, welches durch drei aus den Ecken durch einen gemeinschaftlichen beliebigen Punkt nach den

.. 1: So SE OO R ION { gegenüberliegenden Seiten gezogene Linien getheilt ist (').

E, geht aus dem früher (a.a.O.) entwickelten Lehrsatze, einem der ersten, auf welchen mich meine krystallographischen Untersuchungen leiteten, eine grofse Reihe von Folgesätzen hervor, unter denen gewils mehrere eine all- gemeinere Aufmerksamkeit verdienen. Um sie zum Theil auch in Worten aussprechen zu können, werden wir die gegen die Ecken des Dreiecks 4BC gerichteten Stücke o, u, y (Fig. 1.a.a. OÖ.) der getheilten inneren Linien (CE, AD und BQ) die Eckstücke, die gegen die Seiten (42, BC und 4C) gekehrten, p, 9; 3 die Seitenstücke derselben nennen. Die Stücke der getheilten Seiten, wie a, e, ', oder b, f, k (?) heifsen abwechselnde, solche, wie a und f, und’, eund A gegenüberliegende, solche, wie aundk, Bunde, fund’, benachbarte oder an- (einander) liegende, solche, wie aundd, eund f, {und endlich einander zugehörige, oder Supplementstücke.

() S. die Schriften der physikalischen Klasse vom Jahre 1824. S.241 fgg. desgleichen von den Jahren 1815 und 1819. S.277. (') S. Fig.1. Taf.1. der angef. Abhandl. v. 1824. ?) atb=AB; e+f=BC; i+k=AC; eben so ist o+p=(CE; u+v=AD; y+z=BRQ.

94 Weiss: Feiterer Ferfolg des Lehrsatzes

Wir wollen mit einem Folgesatze beginnen, welcher sich an die letz- ten in der vorigen Abhandlung gefolgerten (') zunächst anschliefst, und auf der nämlichen dort angegebenen Proportion .beruht, wie diese, Wir

bewiesen nemlich dort: dafs

2 u. 00 5, dals ferner

o+p uUrr $ 2

4 2 = ande eg Ng o+p TER = y+32 2 o+p = u-v y+2

Die Proportion, aus welcher sich dies ergab, die 20“ der a.a.O. 5.245.

angeführten, o:p:o+p=3(u+rv)+v (+2): uy v3: (u+v) (y-+3) giebt nun unmittelbar den Folgesatz I

ouy = 2pv2+ovz ups ypv welches sich auch so ausdrücken läfst, ouy = v2 (o+p) + pz (u+v) + vp (y-+3) pv3

In Worten: Das Produkt der Eckstücke der (getheilten) inneren Li- nien ist gleich dem doppelten Produkt der Seitenstücke, hinzu addirt die Summe der drei Produkte des Eckstücks der einen mit den Seitenstücken der beiden anderen.

Oder: es ist gleich der Summe der drei Produkte einer ganzen inneren Linie mit den Seitenstücken der beiden anderen, abgezogen das Produkt der drei Seitenstücke unter sich.

Aufserdem ergiebt sich hier, wie überall, wo wir Gleichungen für die Produkte je dreier Linien haben (?), dafs diejenigen rechtwinklichen oder überhaupt gleichwinklichen Parallelepipede oder Summen von Pa- rallelepipeden einander gleich sind, deren Seiten sich verhalten, wie die

(!) a.a.0. S.246.

(2) Schon in den vier Gleichungen, welche wir aus unserm Lehrsatz in seiner ersten Gestalt zogen (a.a.0. S.244. Note 1.), waren die Folgesätze enthalten, dafs z.B. zwei recht- winkliche Parallelepipede sich gleich sind, deren eines zu seinen Seiten die Linien n,y,a, das andre die Linien m,®, (a-+b) nach der dortigen Bezeichnung hat; oder dafs das recht- winkliche Parallelepiped mit den Seiten, 2,9,v, gleich ist der Summe der drei, deren Sei- ten die Linien sind: m,2,v; m,2,w; und m,yw; ws.f.

über die T’heilung des Dreiecks. 95

(mit einander zu multiplieirenden) Linien auf der einen Seite der Gleichung, zu denen auf der andern Seite; im obigen Falle ist die Summe der fünf (gleichwinklichen) Parallelepipede der mit einander zu multiplieirenden Li- nien der zweiten Hälfte der Gleichung gleich dem Parallelepiped der Linien der ersten Hälfte.

Eine blofse Variation dieses ersten Folgesatzes ist z.B. die Gleichung

ou(y+2) = pv (y+2) +2 (o-+p) (u-+v) ;

in Worten: das Produkt zweier Eckstücke mit der ganzen dritten inneren Linie ist gleich dem Produkt der zugehörigen Seitenstücke mit der nemlichen dritten, plus dem des Seitenstücks der letzieren mit den beiden andern ganzen. Oder: o(u+v) (y+2) = 3 (0+p) (u+v) + v (o-+p) (y-+2), d.i. das Produkt des Eckstücks mit den beiden andern innem Linien ist gleich der Summe der zwei Produkte, je eines Seitenstücks der beiden letzteren, mit den beiden andern ganzen.

Beide Formen ergeben sich direct aus der Vergleichung unserer ange- führten 10° Proportion mit der 8 (!).

eko=p(ei+fk) ıu® biu=v (bk+ai) afy= 3 (ae+bf‘)

In Worten: Das Produkt zweier gegenüberliegender Stücke der Seiten des Dreiecks mit dem Eckstück der sie nicht berührenden inneren Linie ist gleich demProdukt desSeitenstücks derselben inneren Linie mit der Summe der Produkte aus den nemlichen einzelnen Stücken der Seiten in das Supplement der anderen.

Der Beweis liegt in der 6‘, und 13'= der a.a.O. gegebenen Pro-

: r 2 portionen am Tage (?).

(') Dort war nemlich: v(o+p) zo (ukr)=# (y+2)i2 (ur) + (y-+2) Also o(u+v) (y+2) = (o+p)2(u+v)+ (o+p)» y-+2) und ou(y-+2)=pr (y+2) +(o+p)z2(u+v), wie oben. (?) Die 13%Proportion z.B. gab o:p=fk-ei:ek; daher eko u.s.w. wie oben. Die 6 gb a:b=iu— kvriv; also biu =aiw-+bkv=v (ai+bk) wie oben. Die Te gab a:b=f2 : fy—ez; daher afy =bfs+aez=z(ace+-Öf)

96 Weiss: Weiterer Ferfolg des Lehrsatzes

Um für eine Gröfse, wie (ei+fk), einen kurzen Ausdruck zu haben, können wir sie auch das Kreuzprodukt in der Ecke nennen (!), im Ge- gensatz des Kreuzproduktes an der Seite, wie wir eine Gröfse wie (ae-+bk), oder auch des Kreuzproduktes quer-über, oder an- Eck’-und- Seite, wie wir eine Gröfse wie (af+-bi) nennen würden; endlich auch im Gegensatz der Nicht-Kreuzprodukte, wie z.B. ai+fb.

Aus den drei vorigen Gleichungen (II) zusammen ergiebt sich:

II. abefikouy= pvz (ei+fh) (bk+ai) (ae+bf), oder pv3 : ouy=abefik:: (et fr) (bk-+ai) (ae+bf), de das Produkt der Seitenstücke der inneren Linien verhält sich zum Produkt der Eckstücke, wie das Produkt der sechs Stücke der Seiten des Dreiecks zum Pro- dukt aus den drei Kreuzprodukten in der Ecke; oder (erste Gleichung) das Produkt der Eckstücke der inneren Linien in die sechs Stücke der Seiten ist gleich dem Produkt der Seitenstücke der inneren Linien mit den Kreuzpro- dukten in der Ecke. beou = pv (a+b) (e+f) IV. I fiuy=vz(e+f) ü+%) akoy=pz(a+b) (i+ k)

Es ist also das Produkt zweier in einem Winkel des Dreiecks zusam- menstofsender Stücke der Seiten mit den Eckstücken der inneren Linien der bei- den anderen Winkel gleich dem Produkt der nemlichen ganzen Seiten mit den Seitenstücken derselben inneren Linien.

(') Ausder in der vorigen Abhandlung a.a.O. 5. 242. aus dem allgemeinen Lehrsatz ab- geleiteten Gleichung aei= bfk (im abgekürzten Ausdrucke, vgl.Prop.1.8.245.) geht hervor, dafs eine Gröfse wie ee + fk = ei+ 2. fk; eine Gröfse wie ee +bk= ae + 2 bk; und eine solche wie «+fb = De dir Ef; eine Reihe auszeichnender Eigenschaften, welche eine Gröfse wie (af + bi) nicht mit ihnen theilt.

Dafs ei(a+b)=b(ei+fk), fk(a+b)=a (ei+fk) u.s.f., wie z.B. die Ver- gleichung der 12: und 13", der 11: und 13'* Proportion direct giebt, ist die nächste Folge von aei=bfk; aus beiden aber geht wieder hervor

eifk (a+b)’= ab (ei+fk)’, und hieraus i /eifk eii+fk=(a-+b) l EB auch eifk (a’+b?)= ab ((ei)’+(fk)”) = ab (e?i?+-f”k?); oder auch (+ (+ -) eifk

a

über die Thheilung des Dreiecks. 97

Der Beweis findet sich für die zweite Form aus der Vergleichung un- serer 2“ und 3‘ Proportion; einen andern werde ich unten bei No. XIV. hinzufügen.

Folgerungen wie diese, be:(a-+b) (e+f) = pv:ou oder

, L z: =: FE bedürfen kaum einer besonderen Erwähnung (!).

174 Aussprechen liefse sich die erstere Proportion so: das Produkt zweier an-

liegender Stücke der Seiten verhält sich zum Produkt der nemlichen ganzen Seiten, wie das der sie berührenden Seitenstücke der inneren Linien zu dem der Eckstücke derselben inneren Linien. Die zweite: Der Quotient eines Eck- stücks einer inneren Linie durch sein Seitenstück verhält sich zum Quotienten des Seitenstücks durch das Eckstück einer der beiden anderen, wie der Quo- tient der zugekehrten Seite des Dreiecks durch das von der zweiten inneren Linie abgekehrte Stück derselben Seite zum Quotienten des anliegenden Stückes der anderen durch die ganze.

Aus den drei obigen Gleichungen (IV) zusammen ergiebt sich (vgl. auch VII. zu Ende):

V. abefiko’uy’— p’v’2° (a-+b)’(e+-f)’(i+k)”, und ouy Vabefik = pvz(a+b) (e+f) (i+K); also 1 I 0 Ar Vabefik : (a+b) (e+f) (i+k) nad, es verhält sich das Produkt der Seitenstücke der inneren Linien zu dem der Eckstücke, wie die Quadratwurzel des Produktes der sechs Stücke der Seiten zum Produkt der drei Seiten des Dreiecks; oder: das Produkt der sechs Stücke der Seiten in die Quadrate der Eckstücke der inneren Linien ist gleich dem Produkt der Quadrate der Seitenstücke in die Quadrate der Seiten des Dreiecks, oder: das Produkt der Eckstücke (der inneren Linien) in dieQuadratwurzel der

sechs Stücke der Seiten ist gleich dem Produkt der Seitenstücke in die drei Seiten des Dreiecks.

(') So leuchtet auch unmittelbar ein, dafs, wo wir, wie hier, Gleichungen für die Pro- dukte von mehr als drei Linien haben, die gleichwinklichen Parallelepipede, die mit je drei beliebigen dieser Linien der zweierlei Hälften der Gleichung construirt werden, in einem Verhältnifs stehen, welches die Gleichung angiebt; so im obigen Fall, wo der Li- nien je vier sind, die Parallelepipede, das eine mit den Linien e, o, u, das andere mit de- nen ?,v, e+/f, verhalten sich umgekehrt wie ihre zugehörigen vierten Linien d.i. wie a+b:b, oder die mit den Linien d, e,u und v, a+b,e+f, wiep:o u.s.f.

Phys. Klasse 1820. N

98 Weiss: WWVeiterer Ferfolg des Lehrsatzes Vergleicht man nun diese Gleichung mit der obigen No.III., so folgt: VI. (a+b) (e+f) (i+k) Vabefik = (ei+fh) (bk+ai) (ae+bf)

also: das Produkt der drei Seiten des Dreiecks multiplieirt mit der Quadrat- wurzel des Produktes ihrer sechs Stücke, ist gleich dem Produkt der drei Kreuzprodukte in den Ecken.

Einen minderen Grad von Symmetrie in der Lage der bezeichneten Theile, aber dennoch einen gleich hohen Grad von Einfachheit in der Form

zeigen die folgenden Gleichungen:

{e)

aeo=fp (a+b) bko=ip (a+b) VI. eiu —= kv (e+f) Sbu=av(e+f) jay =bz(i+k) U ez(i+k)

Wollte man auch diesen Gleichungen noch Worte geben, so würde man sagen können: das Produkt zweier abwechselnder Stücke der Seiten mit dem sie beide nicht berührenden Eckstücke ist gleich dem Produkt aus dem Seiten- stück derselben inneren Linie, der ganzen Seite, gegen welche diese sich kehrt, und dem Supplementstück der anderen von jenen zwei Seiten.

Die Richtigkeit dieser Gleichungen aber ergiebt sich aus der 2”, 3, 4“ und 5“, so wie aus der 11'“ und 12'” unserer a.a.O. entwickelten Pro- portionen theils unmittelbar, theils durch Substituirung der analogen Glie- der; oder auch durch Vergleichung z.B. der 11""und 14”, der 12'=und 15°, der 13'= und 16'”, der 13'= und 17°, der 13'* und 19'*, der 14'= und 16'*, der 15'* und 17“, der 16“ und 19'* Proportion.

Aus diesen sechs Gleichungen zusammen folgt wieder:

abe FÜRo’uy?’—=p’v’z’ (a+b)’ (e+f)’ (i+k)’abefik, d.i. abe fiko’uWy’— p’v’2° (a+b)’ (e+f))” (i+-A)’, wie oben in No.V.

Zugleich wäre also mit No.V. auch die Richtigkeit der Gleichungen No.IV. indirect bewiesen.

über die Theilung des Dreiecks. 99

aoy=2(ap+bp+bo)= 3 (ap+b(o+p))=3(bo-+p (a+b)) (‘) bou=v(ap+bp+ao) ==» (bp+a(0+p)) (ao+p (a+b)) vn. Jeew=Pp (ev+fv--fu) = p (ev + /(u+v)) =p(fu+»(e +f)) fuy = 3 (ev +fureuü)= 2 (P+e(u+v))—=3(eu+v (e+f)) iuy=v(iz+kzs+ky)=v (iz +ky+2))=» (ky+3(i+h)) koy=p(is+kz+iy)=p(kz+iy+2))=p(iy +z(i+K) Auch dies läfst sich, obwohl nur schwerfällig, mit Worten etwa so ausdrücken: das Produkt zweier Eckstücke der inneren Linien mit einem nicht von ihnen berührten Stücke der Seite des Dreiecks ist gleich dem die Seite nicht berührenden, zu einem der genannten Eckstücke gehörenden Seitenstück, mul- tplicirt mit der Summe der Produkte des genannten Stückes der äufseren Seite durch das gegen sie gekehrte Seitenstück, und des Supplementstückes des er- steren mit der ganzen gegengekehrten inneren Linie. Der Beweis dieser Gleichungen liegt in der 8'* und 9'*, so wie in der 14“ und 15°“, desgleichen in der 16“ und 17°” unserer gegebenen zwanzig Proportionen, so wie in der Substitution gleichgeltender Stücke. Aus diesen sechs Gleichungen folgt:

IX. abefiko'uy' p’v’3? (Plo+-p) (a-+b)’+o°ab) (v (u) (e+f)’+u?ef) (3(y-+2) (HA) + y°ik)

nr ent abefiko’u?y* a 9 Und da nach V. p’v’z arberHf ern 50 folgt (?) Ban _ (Pe+p) (a+b)’+o°al) (v (ut+v)(e+f)? —+u?ef) (2(5-+2z) (+A)? + y°ik) ez (+0)? (ef)? HA)? ouy— Vp(o+p)(a+b)+o0°ab i Vo(u+v) (ef )’rutcf Vz(y+2) a ++ r2ik

a—+b e+f i+k

ab / Led ik ae) Vera) age V20+9+ DE

(') Die Wiederholung dieser Ausdrücke in der verschiedenen Form mag unter andern zur Vergleichung der verschiedenen Ausdrücke desselben Satzes in Worten Veranlassung geben, wer dieser weiter folgen will.

(*?) Wenn man nemlich die Glieder im zweiten Theil der Gleichung so combinirt, wie in der letzten Columne geschehen ist, aoy=2z (bo+p(a+b)), bu=v(ao+p(a+b)), und bo-+p (a-+b) mit ao + p (a+b) multiplieirt, so ist das Produkt (a+b) op (a+b) + pP’ (a+b)’+ o*ab, d.i. (op+p?) (a+b)’+ o°ab, oder p (o+p) (a+b)”+0° ab u.s.f.

N2

100 Weıss: Weiterer Verfolg des Lehrsatzes

(a+b) (e+f) (i+ A) pvz Io,

Vabefik so ıst

Oder da nach V. ouy=

(a+b)?(eHf)’(i+k)” __ Vabefik ==

Vp (o-+p) (a+b)”+ o*ab B Vv (uhr) (eHf) + u?tef : Vz(y-+2) (i+k)? +r? ik ER

pP v z EB E TE NyReeE: 3 TTS SEEN / VERS 52, ung Y\?. Vena Vene X. Eine Nebengestaltung der Folgesätze No. VII. wie sie z.B. die Ver- gleichung unserer 10‘ Proportion mit der 6“ und 7‘ giebt, ist:

ay (0+p)=bz (0 +p) + ap (+2) Jr (urr)=ez (u+v)+ fo (y+2) bu (o+p) = ar (o+p)+ bp (u+ v) iu (y+2) = kv (y+2) + iz (u+v) eo (u+v) = fp (u+v) + ev (o-+p) ko (y+2) = ip (y-+2) + kz (o-+p) Aus der Summirung dieser sechs Gleichungen entsteht: XI. (ay+bu) (0+p) + (eo+fy) (u+v)-+ (iu+ko) (y+2) = (v (a+e) + 2(b+4)) (o+p)-+ (ze +Ü)+p(b+f)) (urv) + War) /+h) +2) Also (a(y—v)—ev +b(u—2) —kz)(0+P)+ (eo -—izHfy—p)—bp) (ur) -+ (u—p)—ap+k(o—v)— fo) (y+z) = Null XI. Eine andere Nebengestaltung derselben Sätze No. VIH., wie sie z.B. die Vergleichung der 3‘ und 9°, 2'= und 8 Proportion giebt, ist: 07 HA) = ps (i+h) + iy(o+p) oy (a+b) = pz (a+b) + bo (+2) ou (c+f)= pr (eHf)+ (0-+p) ou (a+b) = pv (a+b) + ao (u+v) ur (e+ = v2 (c+f)+ eu(y+2) uy(i+k)= v2 (i+k) + ky (u+v) und diese zusammen summirt geben: